Hamburg. Die Nager finden mehr zu fressen als im Winter. 1640-mal wurden im letzten Jahr die städtischen Hygiene-Wächter gerufen.

Wenn Mäuse oder gar Ratten auf dem Tisch tanzen oder durch die Auslagen eines Bäckerladens toben, fühlen sie sich wohl und glauben, dass ihnen der Mensch als Nahrungskonkurrent und Jäger nicht ernsthaft in die Quere kommen will. Die possierlichen ebenso wie die etwas größer geratenen Nager bewegen sich ungezwungen und zielorientiert in einem Leben, das sich an Maden im Speck orientiert. Doch damit verstoßen sie nicht nur gegen Grundsätze der Verteilungsgerechtigkeit, sondern auch gegen einschlägige Gesetze.

Hygiene-Vorschriften und die Hamburger „Rattenverordnung“ sehen Besuche der Viecher in der Nahrungsmittelproduktion nicht vor. So musste 2012 das Café Andersen an der Wandsbeker Marktstraße die Produktion einstellen, weil die Wächter vom Bezirksamt tote Mäuse in Fallen unterm Backtisch entdeckt hatten. Trotz Kundenbeschwerden über frei laufende Mitesser und amtlicher Auflagen gegen den Café-Betreiber hatten die Mäuse ihre lukullischen Tänze schuldhaft fortgesetzt und damit letztlich den Ast abgesägt, auf dem sie aßen: 2013 kamen mit dem endgültigen Ende für die Café-Legende selbst die Nahrungsergänzungsmittel unter den Hammer. Aus die Maus.

Zählung der Nager ist unmöglich

Über die Entwicklung der Mauspopulation führe die Stadt keine Statistik, hieß es aus der Gesundheitsbehörde. Sie gelten zwar als Schädlinge, werden aber offenbar nicht so ernst genommen. Zumindest überlässt die öffentliche Hand die Mausbekämpfung der weitgehend ungezügelten Privatinitative. Die gesetzlich vorgesehene „Eigenkontrolle“ der Bürger wird allenfalls durch amtliche Stichproben ergänzt. Kraftvoll eingeschritten wird erst bei Beschwerden und erwiesenen Verstößen massiverer Art.

Strenger ist die Stadt mit Ratten, denn der „Befall“ durch die größeren, sehr wurffreudigen und ärgerlicherweise auch intelligenten Tiere ist meldepflichtig. Sie übertragen Krankheiten. 1640 Hinweise gingen 2016 im gesundheitsbehördlichen Institut für Hygiene und Umwelt ein. (Meldungen unter Telefon 42845-7972 oder thorsten.krause@hu.hamburg.de) 2015 waren es 1281 Fälle, ein Jahr vorher 1465. Die Schwankungen bewegten sich im Bereich des Normalen, sagte Gesundheitsbehördensprecher Roland Ahrendt.

Rückschlüsse auf die Population ließe die Zahl der Hinweise allerdings nicht zu. Denn die Tiere legten gemeinhin Wert darauf, unentdeckt zu bleiben, also die Dunkelziffer hoch zu halten. Ihre Zählung sei unmöglich, ihre Vertreibung auch, konstatierte die Behörde. Ratten und Mäuse seien „ein Teil des Lebens“.