Hamburg. Die Hamburger Sozialbehörde hat das Geld nach drei Monaten fast aufgebraucht und braucht Nachschlag.
Die Ausgaben der Stadt für Flüchtlinge sorgen erneut für Streit zwischen der Opposition und dem Senat. Anlass ist der kürzlich vorgelegte Haushaltsbericht des Senats für das erste Quartal. Darin wird schon einleitend auf „erhebliche Abweichungen“ bei den Ausgaben für öffentliche Unterbringung (inklusive Hilfe für Wohnungslose) gegenüber dem von der Bürgerschaft beschlossenen Haushalt hingewiesen. Das bestätigt sich bei näherem Hinsehen: Von den gut 83,6 Millionen Euro, die die Sozialbehörde dafür eingeplant hat, sind schon 77 Millionen Euro weg.
Das bedeutet: Nach einem Viertel des Jahres sind bereits 92 Prozent des Etat-Ansatzes verbraucht, und die Behörde muss nun Nachschlag aus der „Zentralen Reserve Flüchtlinge“ in der Finanzbehörde beantragen. „Bereits nach wenigen Monaten bestätigt sich, dass der rot-grüne Haushalt für 2017 von völlig falschen Annahmen ausgeht“, sagt CDU-Finanzexperte Thilo Kleibauer, dem die Zahlen aufgefallen sind.
Mehr als 5000 Flüchtlinge in Erstaufnahmen
Es sei auch klar, woran das liegt: „Während der Senat 34.000 Plätze in Folgeunterkünften plant, geht der Haushalt 2017/18 von 14.000 Plätzen aus“, so Kleibauer. „Dies ist nicht nur komplett intransparent, sondern auch ein Verstoß gegen das Haushaltsrecht.“ Die Kosten müssten realistisch in den Behördenetats eingeplant werden.
Tatsächlich plant der Senat nicht etwa versehentlich an der Realität vorbei, sondern ganz bewusst: In den Folgeunterkünften für Flüchtlinge, die den Großteil der „öffentlichen Unterbringung“ ausmachen, gab es Ende 2016 schon 26.900 Plätze, Ende März 2017 waren es bereits 28.400, und der Senat selbst prognostiziert einen weiteren Anstieg auf 34.000 Plätze. Das liegt weniger an der aktuellen Zuwanderung als vielmehr an der Tatsache, dass noch mehr als 5000 Flüchtlinge in Erstaufnahmen verharren, die längst in Folgeunterkünfte umgezogen sein müssten.
178 Millionen Euro vorerst gebunkert
Mit anderen Worten: Dem Senat ist und war völlig klar, dass 14.000 Plätze und die entsprechende Summe im Sozialetat viel zu wenig sind. Aber er ist darauf eingestellt, bei Bedarf Geld aus der Zentrale Reserve nachzuschießen.
178 Millionen Euro sind dort vorerst gebunkert. Die Finanzbehörde erklärte auf Abendblatt-Anfrage, dass dieser Topf im Laufe des Jahres mehrmals aufgefüllt werden soll – etwa durch mehr als 100 Millionen Euro vom Bund. Auch 2015 und 2016 seien den Behörden im Zusammenhang mit Flüchtlingen nur tatsächlich entstandene Kosten erstattet worden, sagte ein Sprecher der Finanzbehörde. „Damit ist die Stadt gut zurechtgekommen, und das wollen wir deshalb auch weiter so halten.“
Sozialbehörde verteidigt ihre Ansätze
CDU-Experte Kleibauer kritisiert das: „Es kann nicht sein, dass wie im letzten Jahr ohne Parlamentsbeteiligung mehr als eine halbe Milliarde Euro aus Reservetiteln umgebucht wird. Das muss eine Ausnahme bleiben.“ Denn während die Bürgerschaft den Haushalt als Ganzes genehmigt, hat sie später auf die Nutzung solcher Reserven kaum noch Einfluss. Kleibauer fordert daher eindringlich, die „Haushaltsklarheit“ schnell wieder herzustellen: „Wir fordern vom Senat, endlich eine Prognose der Flüchtlingskosten für das laufende Jahr vorzulegen.“
Doch die Sozialbehörde verteidigt ihre Ansätze. Die Kosten für Flüchtlinge seien unsicher, und jede zu hohe Veranschlagung würde Geld binden, das vielleicht an anderer Stelle gebraucht werde, heißt es. Daher beantrage man erst Nachschlag, wenn man ihn definitiv brauche. Da das gegenüber der Finanzbehörde begründet werden müsse, könne man der Bürgerschaft so auch „transparenter Auskunft geben“.