Hamburg. Der Siegerentwurf für den Neubau am Klosterwall entfacht die Diskussion über Erhalt oder Abriss erneut.
Wie geht es weiter mit dem City-Hof am Klosterwall? Die Präsentation des Siegerentwurfs für den Neubau, der das Hochhaus-Ensemble dort ersetzen soll, entfacht die Diskussion über den Abriss oder den Erhalt des umstrittenen Denkmals aufs Neue. Die Abriss-Gegner sehen darin eine Chance, den Gebäudekomplex doch noch retten zu können. Denn noch ist der Denkmalschutz für die vier in den 1950er-Jahren erbauten Hochhäuser nicht aufgehoben.
„Jetzt gibt es zwei Entwürfe und damit endlich die Grundlage für eine faire Auseinandersetzung“, sagt etwa Marco Alexander Hosemann vom Verein City-Hof e. V. Hosemann bezieht sich auf einen Sanierungsentwurf des Hamburger Architekten Volkwin Marg, der bei dem von der Stadt 2015 ausgelobten Architekturwettbewerb die meisten Punkte erhielt, wegen eines Formfehlers jedoch ausgeschlossen wurde. „Wir brauchen nun möglichst viele Informationen zu beiden Konzepten, um ergebnisoffen diskutieren zu können.“
Grundsanierung oder Neubau?
„Die tatsächliche Frage lautet: Grundsanierung oder Neubau?“, sagt auch der kultur- und stadtentwicklungspolitische Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Jens P. Meyer. Auch er findet: Für eine faire öffentliche Debatte müsse man Margs Sanierungskonzept heranziehen. Dass der Senat dem von ihm selbst heruntergewirtschafteten City-Hof stets einen Neubau gegenüber stelle, sei „unfair und unlauter“.
Dieser Meinung ist auch Kristina Sassenscheidt, Vorsitzende des Denkmalvereins. „Man muss den Siegerentwurf den Sanierungsplänen von Volkwin Marg gegenüberstellen, und nicht der aktuellen heruntergekommenen Fassade des City-Hofs.“ Die Gegenüberstellung mache deutlich, dass der Entwurf nicht annähernd die städtebauliche Prägnanz und Qualität des City-Hofs erreiche. Dann aber stelle sich die wichtige Frage, welche „überwiegenden öffentlichen Interessen“ laut Paragraf 9 des Denkmalschutzgesetzes den Abriss „verlangen“.
Fragwürdiges Interesse
Dort sind als Gründe für eine Aufhebung des Denkmalschutzes angeführt die Notwendigkeit, Wohnungen zu schaffen, energetisch zu sanieren, neue Energien einzusetzen oder die Belange von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen. „Keiner, wirklich keiner der im Gesetz genannten Belange verlangt den Abbruch des City-Hofes“, betont Frank Pieter Hesse, der frühere Leiter des Denkmalschutzamts. „Im Gegenteil: Seine Sanierung wäre ressourcenschonend, da weder abgebrochen noch ein neuer Rohbau errichtet werden müsste.“ Auch viel Wohnraum würde entstehen. Was der Senat für die „öffentlichen Interessen“ halte, müsse er sehr gut begründen.
Der zu erwartende Kaufpreis sei für den Fiskus ein zwar öffentliches, aber sehr fragwürdiges Interesse. „Und selbst dann bleibt der Makel, dass die Stadt gegen das eigene Gesetz verstößt.“ „Die Stadt darf den Denkmalschutz nicht einfach aushebeln, das ist schließlich auch privaten Denkmalbesitzern nicht erlaubt“, sagt Norbert Hackbusch, kulturpolitischer Sprecher der Linken. Die Reederei Hamburg-Süd etwa habe gerade ihre Fassade aufwendig und denkmalgerecht sanieren müssen. Dabei wurde die Fassade erneuert – ein Verfahren, was beim City Hof als „denkmalverändernd“ gilt.
Oberbaudirektor: Neubau „große Chance“
„Man muss sich den Neubau-Entwurf sehr gut angucken, um zu prüfen, ob die Stadt hiervon so profitieren kann, dass es die Aufhebung des Denkmalschutzes rechtfertigt“, sagt Réne Gögge, kulturpolitischer Sprecher der Grünen. Das will die Kulturbehörde jetzt tun: „Wir werden den Entwurf aus denkmalpflegerischer Sicht prüfen und auch die Unesco unterrichten“, sagt Sprecher Enno Isermann. Für die CDU steht fest: „Der Entwurf ist nicht besser als der Bestand. Dafür darf der Denkmalschutz nicht aufgegeben werden“, sagt Dietrich Wersich, Fachsprecher für Kultur. Dieser Meinung ist auch die AfD. Der Siegerentwurf weise „eine ganze Reihe von Mängeln auf, die eine gründliche Überarbeitung erforderlich machen“, sagt Detlef Ehlebracht, der nun eine neue Abriss-Debatte erwartet.
Ullrich Schwarz von der Hamburger Architektenkammer ist überzeugt: „Über das, was mit dem City-Hof geschieht, wird es in der Öffentlichkeit lange und kontroverse Diskussionen geben.“ Architekt Volkwin Marg würde das begrüßen. Er sagt: „Jetzt liegen die beiden jeweils am besten bewerteten Angebote als Alternativen konkret vor. Ein fairer Vergleich wird zum Gebot.“
Dirk Kienscherf, Stadtentwicklungsexperte der SPD, ist von dem Siegerentwurf überzeugt. „Er bildet einen würdigen Abschluss des Kontorhausviertels.“ Die städtebauliche Neuordnung rechtfertige die Aufhebung des Denkmalschutzes. Oberbaudirektor Jörn Walter sieht in dem Neubau „eine große Chance für Hamburg, einen noblen Eingang in seine Innenstadt zu erhalten, der die Perlen Chilehaus und Sprinkenhof nicht zu übertrumpfen versucht.“