Hamburg. Erstmals seit dem Rauswurf äußert sich der frühere Direktor des Louis C. Jacob öffentlich – und kontert Vorwürfe seines Ex-Chefs.
Monatelang hat Jost Deitmar eisern zu seiner Entlassung als Direktor des Hotels Louis C. Jacob geschwiegen und hatte auch nicht die Absicht, sich in der Öffentlichkeit zu Wort zu melden. Doch nachdem sich Horst Rahe, Gesellschafter der DSR Hotel Holding, zu der auch das Luxushotel gehört, am Freitag im Hamburger Abendblatt ausführlich dazu geäußert hat, will auch Deitmar reden, den „Aufschlag“ Rahes, wie er es nennt, nicht unbeantwortet lassen. Deitmar ist zu einem Treffen auf dem Blankeneser Ponton Op’n Bulln bereit, möchte sich aber nicht zu allen Details seiner Kündigung äußern. Grund ist ein laufender Prozess vor dem Arbeitsgericht.
Deitmar kommt per Fahrrad zum Anleger, wirkt schmaler als früher. Die Haare sind kürzer, der Bart, den er zuletzt trug, fehlt. Kaum betritt der Zwei-Meter-Mann den Ponton, starren viele Gäste in seine Richtung, manche brechen ihre Gespräche ab. „Hallo Herr Deitmar“, ist immer wieder zu hören, zwei Frauen machen sogar Handyfotos.
Deitmar wirkt so freundlich-souverän wie immer, dazu sportlich und braun gebrannt. Doch wer ihn kennt, merkt ihm seine Bedrücktheit an, auch seine Stimme klingt nicht so optimistisch-entschlossen wie sonst. Doch reden will er, muss er. Zu tief sitzt die Enttäuschung bei dem Mann, der mehrmals zum „Hotelier des Jahres“ gekürt wurde.
Im März mussten Sie nach 20 Jahren Ihren Direktorenposten im Louis C. Jacob räumen. Kam das Aus überraschend für Sie?
Jost Deitmar: Ich hatte schon länger eine gewisse Unzufriedenheit aufseiten von Horst Rahe gespürt. Insofern kam das Aus nicht ganz überraschend, aber ich hatte immer die Hoffnung, dass es nicht dazu kommen würde.
Herr Rahe bezeichnet es als einen normalen Vorgang, dass Ihr Vertrag nicht verlängert wurde.
Das trifft so nicht zu. Herr Rahe hat mir gekündigt.
Klagen Sie auf Wiedereinstellung?
Ja. Mehr möchte ich dazu aber nicht sagen. Dafür bitte ich um Verständnis.
Herr Rahe hat im Interview mit dem Hamburger Abendblatt gesagt, ein Direktor müsse Diener des Hotels sein – nicht umgekehrt.
Genau so habe ich meine Arbeit auch immer gesehen und danach gehandelt. Und jeder, der das Louis C. Jacob kennt, wird das bestätigen. 12 bis 14 Arbeitsstunden täglich an sechs Arbeitstagen in der Woche waren die Regel. Das Hotel war 20 Jahre lang mein Leben.
Der Satz von Herrn Rahe liest sich so, als hätte letztlich das Hotel Ihnen persönlich gedient.
Das kann ich nicht nachvollziehen. Was er damit meint, müsste Herr Rahe schon selbst erläutern. Ich betrachte Äußerungen wie diese als wenig hanseatisch und auch als rufschädigend. Dabei geht es sowohl um meinen Ruf als auch um den des Louis C. Jacob.
Herr Rahe wirft Ihnen auch vor, angestrebte Umsatzzahlen nicht erreicht zu haben.
Und gleichzeitig gibt er bekannt, dass das Louis C. Jacob im Mai den besten Umsatz aller Zeiten hatte …
Ein Erfolg, den Horst Rahe Ihrem Nachfolger Frank Wesselhoefft zuschreibt, der allerdings erst Mitte April eingestellt wurde.
Ich glaube, nach ein paar Tagen kann es noch keinen messbaren Erfolg geben. Ich sehe die guten Ergebnisse, die sich schon seit Januar für das Gesamtjahr abzeichnen, als Folge unserer harten Arbeit in den vergangenen Jahren. Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass alles immer in enger Abstimmung mit Horst Rahe und den jeweiligen Geschäftsführern geschah. Wenn jetzt Kosteneinsparungen gefordert werden, kann ich nur sagen: Alle Berechnungen lagen dem Gesellschafter jederzeit vor.
Laut Horst Rahe brauche das Louis C. Jacob „keinen Direktor, der das Haus repräsentiert, sondern einen, der es wirtschaftlich effizient führt“.
Ein guter Hoteldirektor muss beides können. Ein Hotel wie das Louis C. Jacob ist ein sehr emotionales „Produkt“ und kann nur über Menschen vermarktet werden. Das Haus liegt zehn Kilometer außerhalb der City, verfügt über einen kleinen Wellnessbereich mit Sauna und Whirlpool und hat nur wenige Zimmer mit Blick auf die Elbe.
Was haben Sie getan, um da gegenzusteuern?
Unser tolles Team hat zum Beispiel rechtzeitig enge Kontakte zur Elbphilharmonie und Konzertveranstaltern geknüpft. Da ist ein enges Netzwerk entstanden, von dem das Louis C. Jacob seit Januar ganz erheblich profitiert. Allein dadurch kommen im Jahr 2017 sicher mehrere Tausend Übernachtungen zustande. Mir ist unbegreiflich, wie man jetzt nur auf kurzfristige Effizienz blickt und nicht die langfristigen Erfolge sieht.
Horst Rahes Kritik bezieht sich nicht auf das Jacob alleine. Wie sieht Ihre sonstige Bilanz aus?
Ich habe mit meinem Team neben dem Jacob zwei zusätzliche, wirtschaftlich überaus erfolgreiche Standbeine in der City entwickelt und geführt. Das Carls in der HafenCity ist seit Anbeginn, 2008 überaus erfolgreich, obwohl die Elbphilharmonie damals noch lange nicht eröffnet war. Seit der Eröffnung übertreffen die Umsätze unsere kühnsten Erwartungen. Gleiches gilt für unser junges Hotel Henri in der Bugenhagenstraße, für das ich ebenfalls verantwortlich war. Mit einer exorbitanten Jahresbelegung steht das Haus ebenso exzellent da. Das erfolgreiche Konzept haben wir inzwischen schon in Berlin umgesetzt, weitere Standorte sind in Planung. So viel zum Thema Wirtschaftlichkeit.
In den vergangenen Monaten sollen zahlreiche Mitarbeiter gekündigt haben.
Im Hotelgewerbe gibt es immer mal Wechsel, das ist ganz normal. Im Louis C. Jacob wird sich jetzt vieles verändern, vielleicht nutzen einige Mitarbeiter die Gelegenheit für einen Neustart.
Gab es auch Kündigungen aus Solidarität mit Ihnen?
(denkt lange nach): Das mag sein.
Wie geht es Ihnen heute?
Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an das Louis C. Jacob denke. Die Enttäuschung sitzt sehr tief. Ich unternehme viel, weil die Gedanken sonst nur in eine Richtung kreisen.
Wie lief die Übergabe an Ihren Nachfolger?
Wir hatten ein gutes zweistündiges Übergabegespräch, bei dem ich Herrn Wesselhoefft als Experten für Ressorthotellerie kennengelernt habe. Wichtig ist, dass das Haus einen Direktor hat, der es mit Passion, viel Engagement und Leidenschaft führt.
Sie wohnen in der Nähe des Hotels, kommen dort fast täglich vorbei.
Jost Deitmar: Ja. Und wenn ich dort vorbeifahre, fühle ich immer noch eine starke Verantwortung für das Haus. Das wird vermutlich auch nie aufhören.