Hamburg. Am Montag hatte Frank Wesselhoefft seinen ersten Arbeitstag an der Elbchaussee. Bei seiner Premiere war das Abendblatt dabei.

Am Montag um 8.30 Uhr betritt Frank Wesselhoefft seine neue Arbeitsstätte an der Elbchaussee. Was vielen seiner künftigen Mitarbeiter sofort ins Auge fällt: Der neue Chef des Traditionshauses Louis C. Jacob trägt an diesem besonderen Tag keine Krawatte. Bewusst. „Ich möchte nicht vornehmer gekleidet sein als mein Gast“, erklärt Wesselhoefft. So beobachte er, dass der Trend auch unter Topmanagern weg von der Krawatte gehe. Immer mehr Unternehmen würden auf diese Kleidungsvorschrift verzichten. Es ginge einfach weniger steif zu. „Man muss mit der Zeit gehen, und das wird auch das Louis C. Jacob tun“, gibt der 48-Jährige die Richtung vor.

Wird mit dem Neuen nun alles neu im Nienstedtener Fünf-Sterne-Hotel, das eine mehr als 225-jährige Geschichte vorweisen kann? „Die Tradition wird weitergeführt“, betont der Hotelmanager. „Das Jacob ist die gute Stube, und das soll es weiterhin für viele Hamburger bleiben.“

Die Anfänge

Und doch ist da ein Aber. Wesselhoefft, der dank seiner jahrelangen Auslandsaufenthalte einen leicht britisch anmutenden Akzent hat, zieht einen Vergleich. „Das ist wie mit der Kindererziehung.“ Sie baue auf Werten auf und passe sich trotzdem der Zeit an. Was in den kommenden Monaten oder Jahren gegebenenfalls angepasst werden muss, dazu will sich Wesselhoefft derzeit nicht äußern. Erst einmal will er sich einen Überblick verschaffen.

Genau das steht auch an seinem ersten Tag im Fokus. Zuhören, sich umsehen, Fragen stellen, den stillen Beobachter spielen, die „Jacobiner“ kennenlernen, erste Meetings abhalten, sich Gästen vorstellen, Pressegespräche führen: Das Programm ist vollgestopft.

Für Wesselhoefft erfüllt sich ein Traum

Doch Wesselhoefft wirkt extrem entspannt. Vielleicht liegt es daran, dass er diesen Arbeitstag genießt. Denn für ihn erfüllt sich damit ein Traum. „Das ist wie zu Hause ankommen“, sagt der zweifache Familienvater mit Hamburger Wurzeln. Er habe sich schon immer gewünscht, für dieses Hotel zu arbeiten. Das liege in der Tradition des Hauses begründet und daran, dass er schon als kleiner Junge mit seinem Vater auf der Lindenterrasse gesessen habe.

Nienstedten fühlt sich für ihn wohl auch deshalb wie sein Zuhause an, weil in diesem Stadtteil schon seine Urahnen lebten. Unweit des Hotels an der Elbchaussee liegt der Wesselhoeftpark, der nach der Hamburger Kaufmannsfamilie benannte wurde, aus der der Hotelmanager stammt, wie er erklärt.

Ursprünglich wollte er Koch werden

Dabei ist Wesselhoefft Hamburg lange untreu gewesen. Geboren wurde er in Bangkok, wo sein Vater eine Brauerei aufbaute. Vier Jahre lang lebte die Familie in Thailand, bevor sie zurückkehrte nach Deutschland – allerdings in den Raum Köln. Dort begann Wessel­hoefft seine Ausbildung zum Hotelfachmann. Nach einem zweijährigen Intermezzo in Hamburg zog es ihn wieder fort. Nach einem kurzen Frankreichabstecher ging es nach Berlin und von dort aus für sieben Jahre nach London. Es folgten Stationen unter anderem in San Francisco, Hongkong, Thailand, auf den Seychellen und den Malediven.

Dabei wollte der Hotelmanager ursprünglich einmal Koch werden. Doch nach einem dreimonatigen Praktikum sei ihm klar geworden, dass ihm der Kontakt zum Gast fehlt. Die Begeisterung fürs Kochen und gutes Essen ist ihm aber bis heute geblieben. Wahrscheinlich stattet er deshalb an seinem ersten Tag Gourmetspezialist und Sternekoch Thomas Martin gleich einen Besuch in der Küche ab, schaut hinter die Kulissen und inspiziert das Lager interessiert.

Staffelübergabe wird es nicht geben

Bevor er seinen ersten Arbeitstag antrat, hatte Wesselhoefft zum Telefon gegriffen und mit seinem Vorgänger kurz gesprochen. „Ich habe ihm gedankt und ihm gesagt, dass ich das Haus in seinem Sinne weiterführen werde“, erklärt der 48-Jährige. Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: „Aber auf meine Art. Ich bin nicht Jost Deitmar.“ Eine Staffelübergabe wird es nicht geben. Ob sich die Mitarbeiter von ihrem langjährigen Chef noch einmal richtig verabschieden können, ist unklar. Derzeit weilt er offiziell im Urlaub.

20 Jahre lang hatte Jost Deitmar das Louis C. Jacob geführt. Bei den Mitarbeitern war er beliebt, von Kollegen geschätzt, im vergangenen Jahr wurde er als Hotelier des Jahres ausgezeichnet. Umso mehr überraschte es, dass sein im Herbst auslaufender Vertrag nicht verlängert wurde. Horst Rahe, Gesellschafter der DSR Hotel Holding, trennte sich von Deitmar, nachdem es unterschiedliche Ansichten zu geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen gegeben hatte.

Strukturelle Änderungen

Zu Deitmars Abgang und den geplanten strukturellen Änderungen will sich Wesselhoefft nicht äußern. Angst vor den großen Fußstapfen seines Vorgängers hat er nicht, wie er betonnt. „Ich möchte mit der gleichen Passion wie er dieses Haus weiterführen“, so Wesselhoefft, der seinen Mitarbeitern vor allem abverlangt, dass sie jeden Gast wie einen potenziellen Freund behandeln sollen.

Ohne Krawatte, aber sehr freundlich schreitet Wesselhoefft zur letzten Amtshandlung am ersten Arbeitstag: Er überreicht Preise an die Sieger des Azubi-Cups der Deutschen Seereederei.