Hamburg. Vor sechseinhalb Jahren soll die Ex-Rotlichtgröße ohne Führerschein gefahren sein, seitdem geht es vor Gericht hin und her.

Allmählich hat die Sache wohl das Zeug zu einer unendlichen Geschichte. Facettenreich und mit reichlich Lokal-Kolorit: Wenn Kiez-Legende Karl-Heinz Schwensen die Hauptrolle hat, bekommt ein Auftritt ohnehin leicht Show-Charakter. Da kann auch ein Prozess, der gar nicht stattfindet, zum Event werden. „Das Gericht konnte sich nicht einigen, welche Posse es diesmal abzieht“, schäumt der 63-Jährige vor laufenden Kameras, nachdem sein Verfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis auch im vierten Durchgang nicht zu Ende gebracht werden kann.

War er es, oder war er es nicht? Um diese Frage geht es seit sechseinhalb Jahren. Der Vorwurf gegen Schwensen: Er soll im Februar 2011 auf der Reeperbahn Auto gefahren sein, obwohl er wegen eines vollen Punktekontos seinen Führerschein abgeben musste. Das Amtsgericht hat ihn deshalb zu 11.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Die ehemalige Kiezgröße bestreitet den Vorwurf - und geht durch die Instanzen.

Auch der am Freitag angesetzte Prozesstermin platzt

Nun platzt am Freitag der angesetzte Termin. Die Verteidigung hatte angeregt zu überlegen, ob das Verfahren eingestellt werden könne. Die Staatsanwaltschaft will dem nicht zustimmen. Als dies am Freitagmorgen bekannt wird, ist klar, dass der Prozess ohne Zeugen nicht durchgeführt werden kann. Ein neuer Termin muss her, wann, ist noch offen.

Warum Schwensen überhaupt das Urteil anfechtet? „Legen Sie Berufung ein, wenn man Ihnen vorhält, Ihre Mutter umgebracht zu haben und Sie haben es nicht getan?“, antwortet der 63-Jährige. „Das ist ja kein Unterschied hier. Stellen Sie sich mal vor, wenn hier diese schwachsinnigen Polizisten gesagt hätten, ich hätte einen Raubüberfall gemacht. Dann würde ich immer noch im Knast sitzen, für eine Geschichte, die ich nicht gemacht habe.“

Ein kamerawirksamer Abgang im Rolls Royce

Zwei Beamte haben mehrfach ausgesagt, dass es Schwensen gewesen sei, der damals Auto gefahren ist. Sie hätten ihn an seinem Markenzeichen, der Sonnenbrille, erkannt. Im Landgerichtsprozess erschien Schwensen dann ohne Brille und ohne Schnauzbart, ein anderer Mann in typischem Kiezlegende-Look ließ sich kurz im Saal blicken. Deshalb glaubte die Richterin nicht, den echten Schwensen vor sich zu haben, und verwarf die Berufung. Auch ein weiteres Urteil über 1350 Euro wurde nicht rechtskräftig. Der Richter hatte die Strafe reduziert, weil er von einem niedrigen Einkommen des Angeklagten ausgegangen war.

Selbst wenn dem so sein sollte: Schwensen gelingt es offenbar immer noch, Auftritt und Abgang kamerawirksam zu inszenieren. Nach der Verhandlung steigt der 63-Jährige zusammen mit seinem Verteidiger in den Fond eines Rolls Royce Phantom - und lässt sich wegchauffieren.