Hamburg. Imkern in der Stadt liegt im Trend, vor allem bei jüngeren Menschen. Die Bienenhaltung wird sogar von der Wirtschaftsbehörde gefördert.

Honigbienen sind dem Menschen so ähnlich wie kein anderes Insekt: Sie leben auf engem Raum in einem komplexen Sozialsystem zusammen; es gibt Arbeiter und Architekten unter ihnen; sie sind bestens organisiert. Groß ist die ökonomische und ökologische Bedeutung der kleinen Sechsbeiner, zählen sie doch zu den wichtigsten Bestäubern vieler Wildgewächse und etlicher Nutzpflanzen – ohne Bienen hätten Obstbauern kaum etwas zu ernten. Obendrein produzieren die Insekten Honig – kein Wunder, dass sie trotz ihres Stachels viel Sympathie genießen.

Das gilt in Hamburg ganz besonders: Mehr als 1000 Honigbienenhalter mit 4800 Völkern sind aktuell registriert – 2003 gab es in Hamburg nur knapp 200 Imker mit rund 1270 Bienenvölkern, wie die Wirtschaftsbehörde mitteilte. „Imkern in der Stadt liegt im Trend“, sagt Martin Rubach, 2. Vorsitzender des Imkerverbands Hamburg. „Unser Verein hat zuletzt vor allem Zuwachs durch jüngerere Menschen bekommen.“

Über eine derart starke Lobby können sich die Wildbienen in Hamburg noch nicht freuen. Überhaupt ist unklar, wie viele der deutschlandweit fast 600 bekannten und davon gefährdeten Arten es in Hamburg gibt und wie häufig diese Insekten hier vorkommen, die keine Staaten bilden, sondern überwiegend solitär leben. Um die Wissenslücken zu schließen, erstellt die Deutsche Wildtierstiftung derzeit eine Rote Liste der Wildbienen für Hamburg.

Unternehmen bieten Plätze für Bienenvölker an

Die Honigbienen erfahren in Hamburg dagegen schon länger größere Beachtung. Dabei wird der Reiz, ein Naturprodukt zu erzeugen, verstärkt durch günstige Bedingungen für Imker. So stelle die Stadt beispielsweise kostenlos Stellplätze für Bienenvölker zur Verfügung, etwa im Stadtpark und auf Ausgleichsflächen für Wohnungsbauprojekte, sagt Rubach.

Auch etliche Unternehmen, städtische wie private, unterstützen das Anliegen: Die Hamburger Wasserwerke etwa gestatten Imkern die Unterbringung ihrer Bienenstöcke auf eingezäunten Arealen; die Drogeriemarktkette Budnikowsky lässt Völker auf dem Dach ihrer Hauptverwaltung in Wandsbek betreuen (siehe rechts). Ein Recht auf kostenlose Stellplätze gibt es nicht. Neu-Imker schreckt das nicht ab, sie nutzen auch enge Räume. „Wir haben Mitglieder, die auf Hinterhöfen – etwa in St. Georg – imkern“, sagt Rubach.

Stadtbienen sind produktiver als Landbienen

Auf dem Land geben immer mehr Imker auf, weil ihre Honigbienen dort weniger Blumenwiesen finden und stattdessen zunehmend auf Mais-Monokulturen stoßen, die keinen Nektar liefern und als Rohstoff für Biogasanlagen dienen. Auch in der Landwirtschaft eingesetzte Insektizide machen Honigbienen zu schaffen. In den Gärten und Parks von Städten fänden Honigbienen dagegen von Frühjahr bis Herbst ein vielfältiges Nahrungsangebot, sagt Rubach.

Eine Honigbiene bei der Arbeit.
Eine Honigbiene bei der Arbeit. © Imago/Blickwinkel

In Städten produzieren Bienen mitunter doppelt so viel Honig wie auf dem Land, ergab eine Studie im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Anfang des Jahres vorgestellt wurde. In Berlin wurden demnach bis zu 47 Kilogramm Honig pro Volk produziert, in Hamburg 40 Kilogramm – der Durchschnitt hierzulande liege pro Jahr und Volk bei 30 Kilogramm, hieß es.

Um die Vermarktung des Hamburger Honigs zu verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit der Imker zu stärken, stellt die Wirtschaftsbehörde 20.000 Euro Fördergeld pro Jahr bereit, etwa für Aus- und Fortbildungen, für das sich Gruppen von Imkern bei der Wirtschaftsbehörde bewerben können. Das sieht nach einem kleinen Betrag aus, allerdings gab es in den Vorjahren jeweils maximal 2000 Euro Fördergeld. „Wir freuen uns deshalb grundsätzlich über diese neue Förderrichtlinie“, sagt Gesa Lahner, 1. Vorsitzende des Imkerverbands Hamburg.

Bienenvölker müssen gut gepflegt werden

Bienenhaltung sei anspruchsvoll. Man könne die Tiere nicht einfach irgendwo hinstellen und sich selbst überlassen. „Selbst wenn es noch so romantisch suggeriert wird – Honigbienen sind domestizierte Nutztiere und benötigen einen gut geschulten Imker, der Parasiten, Krankheiten, Hungersnöte oder einen aufkommenden Schwarmtrieb frühzeitig erkennt“, sagt Lahner. „Viele Bienenvölker verhungern aus Unwissenheit des Bienenhalters oder erliegen den Folgekrankheiten der Varroamilbe – auch in der Stadt.“ Die Ausbreitung der Varroamilbe in Bienenstöcken können die Imker durch den Einsatz von Ameisen- und Oxalsäure meist eindämmen. Ein größeres Pro­blem ist die Amerikanische Faulbrut, eine bakterielle Brutkrankheit, die zur Zersetzung der Brut führt. Wegen der hohen Bienendichte in Hamburg verbreitet sich die Faulbrut leichter als anderswo. Derzeit gibt es vier Sperrgebiete im Großraum Hamburg, etwa im Bezirk Wandsbek und in Wilhelmsburg, aus denen Imker keine Bienen herausbringen dürfen und in die keine Bienen eingeführt werden dürfen. Die Sanierung eines infizierten Bienenstocks ist aufwendig: So muss der Imker das alte Material austauschen und die Bienen auf neue Rähmchen setzen.

Bis Ende 2014 konnten die Imker bei der Gesundheitsbehörde (BGV) Fördergeld zur Bienengesundheit beantragen, dann wurde der Zuschuss gestrichen. „Dabei ist die Bienengesundheit extrem wichtig, um wirtschaftlich zu arbeiten“, sagt Lahner. Die BGV sagt, sie stelle nun den Amtstierärzten 5000 Euro pro Jahr zur Verfügung, damit diese mit Hilfe von Bienensachverständigen die Bienengesundheit „möglichst gut gewährleisten“ könnten. Der Imkerverband hätte lieber wieder die frühere Förderung zurück.