Hamburg. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) lobt Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen. Wofür Scholz das Geld verwenden will.

Die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen beschert Hamburg von 2020 an jährliche Mehreinnahmen von 176 Millionen Euro – oder 99 Euro pro Einwohner. Das hat Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Dienstag erklärt. Bis Ende der 20er-Jahre werde die Summe auf deutlich mehr als 200 Millionen Euro pro Jahr anwachsen. „Das marschiert eher in Richtung 300 Millionen“, so Scholz. Zum Vergleich: Die Gesamteinnahmen der Stadt liegen bei rund 13 Milliarden Euro im Jahr, Tendenz steigend. Der Zuwachs durch die Neuordnung liegt also bei etwa 1,3 bis 2,0 Prozent.

Spielraum für neue Projekte ergebe sich daraus aber nicht, betonte der Bürgermeister: „Wir brauchen das Geld, um die wachsende Aufgabenfülle zu bewältigen“, sagte Scholz, der auf den geplanten Bau neuer U- und S-Bahnen, die Sanierung von Schulen, den verstärkten sozialen Wohnungsbau und „erhebliche Investitionen in Wissenschaft und Forschung“ verwies. Auch auf die neue Straßenreinigungsgebühr für Grundstücksbesitzer werde daher nicht verzichtet. „Wir machen ja Politik für 100 Jahre“, so Scholz. Man dürfe die Finanzkraft der Stadt nicht überschätzen und müsse auch in der aktuell guten Haushaltslage schon an die Jahre nach 2030 denken. Die umstrittene Gebühr, die heute auch Thema in der Bürgerschaft ist, soll im Monat 59 Cent pro Meter betragen, den ein Grundstück an eine Straße grenzt. Insgesamt soll sie 27 Millionen Euro im Jahr in die Kassen spülen.

Scholz lobt die Einigung

Die Neuordnung der komplizierten Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern war vorletzte Woche nach jahrelangen Verhandlungen gelungen und soll noch in dieser Woche Bundestag und Bundesrat passieren. Scholz hatte als Vertreter der Länder maßgeblichen Anteil an der Einigung und lobte diese entsprechend. Es sei etwas „ganz Besonderes“, dass man sich auf dem Verhandlungswege und ohne ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts einig geworden sei, so der SPD-Politiker.

Nach seinen Worten seien alle Ziele erreicht worden: Die 16 Bundesländer, auch die ostdeutschen, seien nach der Neuordnung in der Lage, ihre Aufgaben zu erfüllen. Die Not leidenden Länder Saarland und Bremen bekämen zusätzliche Hilfen von rund 400 Millionen Euro pro Jahr. Und nicht zuletzt stünden alle Länder künftig etwas besser da – auch die Hauptzahlerländer Bayern und Hessen, die das alte System massiv kritisiert und sogar dagegen geklagt hatten.

Länder erhalten größeren Anteil an der Umsatzsteuer

Zum Vergleich: Während Hamburg um 99 Euro pro Einwohner besser gestellt wird, ist die Entlastung für Mecklenburg-Vorpommern mit 229 Euro pro Einwohner am größten, während Schleswig-Holstein (91 Euro) und Niedersachsen (76) am Ende der Rangliste stehen. Nach Scholz’ Darstellung sei die Einigung möglich geworden, weil der Bund insgesamt vier Milliarden Euro mehr pro Jahr zur Verfügung stellt – vor allem, indem er den Ländern einen größeren Anteil an der Umsatzsteuer überlässt.

CDU-Fraktionschef André Trepoll sprach hingegen von einer „Zehn-Milliarden-Zusage“ von Bundeskanzlerin Angela Merkel und lobte das „Verhandlungsgeschick“ von Bundesfinanz­minister Schäuble (beide CDU). Das Ergebnis bewertete der Oppositionsführer jedoch ebenso wie der Bürgermeister: „Die Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern ist politisch ein Riesenerfolg für unser föderales Gesamtgefüge in Deutschland und beweist einmal mehr, wie funktionsfähig unser politisches System in Deutschland ist.“

Suding kritisiert neue Reinigungsgebühr

FDP-Fraktionschefin Katja Suding nannte die Neuordnung hingegen einen „Kompromiss zu Lasten der Steuerzahler“ und kritisierte das Festhalten an der neuen Reinigungsgebühr. „SPD und Grüne kennen trotz Rekordsteuereinnahmen immer nur den Griff in die Taschen der Bürger.“

Linkspartei und AfD beklagten, dass der Bund im Zuge der Neuordnung mehr Einfluss auf die Länder-Finanzen bekomme und auch teilweise deren Aufgaben übernehme, etwa im Bereich Autobahnen. „Vereinfacht gesagt, haben sich die Länder schlichtweg ihre Entscheidungshoheit über Infrastrukturmaßnahmen weitestgehend abkaufen lassen“, sagte Norbert Hackbusch (Linke). Andrea Oelschläger sagte: „Durch die Maßnahmen im Finanzausgleich wird der grundgesetzlich garantierte Föderalismus aufgeweicht.“