Hamburg. Die Stadt wolle Land verkaufen, sagen die “Schreberrebellen“. Es würden bloß alte Abreden umgesetzt, sagt die Behörde.

Hamburgs „Schreberrebellen“ schlagen Alarm: 160.291 Quadratmeter Gärten sind den im „Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg“ (LGH) organisierten Schrebervereinen zum 30. November dieses Jahres gekündigt worden. Zum Vergleich: Die Binnenalster hat 180.000 Quadratmeter Fläche.

„Die Stadt will Grünland verkaufen“, befürchten die Schreberrebellen. Dafür würde sie „Parzellen nachverdichten“, das heißt: verkleinern. Die Rebellen fordern den Erhalt ihrer grünen Oasen. Die Stadt hält dagegen. Es würden lediglich lange bestehende Abmachungen mit dem LGH umgesetzt, sagte Umweltbehördensprecher Björn Marzahn. Demnach sollen die einzelnen Parzellen besonders im innerstädtischen Bereich kleiner und dafür neu geordnet werden.

Laut Umweltbehörde ist fast jede dritte Parzelle zu groß

Fast jede dritte Parzelle in der Stadt habe heute mehr als 400 Quadratmeter Fläche. „Das ist den neu nachwachsenden Schrebern zuviel“, sagte Marzahn. Die meisten wollten nur um die 200 bis 250 Quadratmeter haben und Zier- statt Nutzgärten anlegen. Deshalb werde da, wo Parzellen frei werden, mit dem Segen des LGH verkleinert. „Das führt unter anderem dazu, dass wir im innerstädtischen Bereich wieder Parzellen anbieten können“, sagte Marzahn. Derzeit seien 214 Parzellen in 65 Vereinen der Stadt frei.

Die Schreberrebellen sprachen dagegen von „gut gefüllten Wartelisten in den insgesamt 311 Vereinen der Stadt“. Sie schätzen die Zahl der Suchenden auf um die 1000.

2,4 Millionen Euro stehen für neue Lauben bereit

Marzahn sagte, die Stadt begleite den Neuzuschnitt der Parzellen mit einem Fonds von 2,4 Millionen Euro. Aus ihm werde der Bau von Lauben finanziert. So könnten die neuen Schreber die Gärten samt Laube pachten und müssten nicht mehr wie bisher alte Hütten übernehmen und dafür Abstand zahlen.

Die Schreberrebellen stützen sich mit ihrer Kritik auf den Jahres- und Kassenbericht 2016/17 des LGH, der nach Vereinsrecht veröffentlicht werden muss und die entsprechenden Hinweise zu den Kündigungen enthält. Die fraglichen Flächen gehören bis auf eine alle der Stadt.

Mehr Betroffene als angenommen

Demnach seien nicht, wie bisher angenommen, nur zwei, sondern insgesamt vier Kleingartenvereine (KGV) betroffen. Es handelt sich um die KGV 222 („Verein der Gartenfreunde Groß Altona“), 711/716 („Unsere Scholle“) und 715 („Sommerfreude“) in den Bezirken Altona und Mitte. Zwar seien die Kündigungen mit „Sanierungskündigungen“ überschrieben, doch im Fließtext sei dann jeweils von einer „Inanspruchnahme für die Neuordnung/Nachverdichtung der Fläche“ die Rede, sagen die Schreberrebellen. Sie sehen darin den Versuch, das Bundeskleingartengesetz zu umgehen.

„Dass Neuordnung und Nachverdichtung hier in einen Topf geworfen werden, ist eine Frechheit“, heißt es in der schriftlichen Erklärung der Rebellen. Die Kündigung wegen Sanierung und Neuordnung sei im Bundeskleingartengesetz zwar vorgesehen, eine Kündigung wegen Nachverdichtung aber nicht. Die Stadt wolle die Anzahl der Kleingärten durch Verkleinerung künstlich erhöhen und damit auch Luft für Landverkäufe bekommen, sagten die Schreberrebellen. Das sei „ein Skandal“. Damit drücke sich die Stadt Hamburg um die Pflicht herum, gekündigten Kleingärtnern Ersatzland anzubieten. Es gebe dann ja plötzlich genug Parzellen.

„Kündigungen umgehen kein Gesetz“

Marzahn widersprach: „Im Falle einer Kündigung wird meistens sehr schnell eine Ersatzfläche in der Nähe gefunden.“ Auch sei es rechtens, Kleingartenflächen zu kündigen, um sie „auf die im Gesetz vorgesehene Größe zurück zu führen, Wege zu verbessern oder Spiel- und Parkplätze zu errichten“. Es seien auch schon Pachtverträge gekündigt worden, um, wie etwa im Pergolenviertel, Wohnungen zu bauen oder in Wilhelmsburg die Wilhelmsburger Reichsstraße zu verlegen. „Aber von einer Umgehung des Gesetzes kann keine Rede sein.“

Die Kündigungen werden zentral von dem zur Finanzbehörde gehörenden Landesbetrieb Immobilien- und Grundvermögen (LIG) gegenüber dem LGH ausgesprochen. Der LGH war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Er habe bisher alle Kündigungen akzeptiert und nur in einem Fall widersprochen, sagen die Rebellen. Dabei gehe es aber um einen privaten Verpächter von insgesamt nur 13 Parzellen.