Hamburg . Das Abendblatt fragt freitags die Menschen, worüber sie sich ärgern oder freuen. Heute Teil 8: Studentin Nora Holtmann.
23 Jahre alt ist Nora Holtmann erst – aber schon viel herumgekommen: Aufgewachsen ist sie in Berlin, hat ein Jahr in Paris gelebt und studiert. Auch in Osnabrück, wo sie ein Bachelor-Studium „Europapolitik“ absolvierte. Weil ihr das aber doch „zu wenig konkret“ war, studiert sie nun seit Kurzem „Sozialökonomie“ in Hamburg, wo auch ihr Bruder lebt.
Ihr großes Ziel: selbstständig zu sein und im Bereich digitale Medien zu arbeiten, am liebsten im Online-Marketing. Dazu passt auch gerade ihr Studentenjob auf dem früheren Seebäderschiff „Seute Deern“, das derzeit in der HafenCity liegt und modernen Freiberuflern tageweise als „Coworking Ship“ Schreibtisch, Internet und Kaffee satt anbietet. Zukunftsangst hat sie nicht, nur manche politische Entwicklung in Europa macht ihr Sorgen.
Es sind Menschen wie Nora Holtmann, die in dieser Gesprächsreihe erzählen, was sie gerade gedanklich beschäftigt, was ihnen vielleicht Sorgen bereitet oder auch besondere Zuversicht. Nicht Menschen, die eine Partei oder einen Verband vertreten, sondern Gesprächsteilnehmer – zufällig ausgewählt –, die einfach erzählen, ohne bestimmte Interessen zu verfolgen.
Frau Holtmann, was bewegt Sie gerade?
Nora Holtmann: Mich bewegt gerade sehr unsere digitale Zukunft. Was ist möglich, wie werden diese Medien die Arbeit verändern, welche Möglichkeiten wird es geben? Solche Fragen beschäftigen mich gerade oft.
Also eine gewisse Sorge über die künftige Entwicklung?
Nein, keine Sorgen. Ich bin ein Fan digitaler Medien, das ist sozusagen meine Leidenschaft. In diesem Bereich möchte ich arbeiten, im Online-Marketing zum Beispiel. Ich finde es spannend, wie man auf ganz neue Arten Kunden erreichen kann.
Keine Furcht, dass das Internet unser Leben zu stark verändert oder sogar ausspioniert?
Nein, das ist im Grunde eine Maschine, nicht mehr. Es ist nicht gefährlich, wenn man sich damit auskennt. Ich glaube kaum, dass ein Hacker auch einmal gehackt wird. Man muss sich eben damit beschäftigen.
Aber das Internet und digitale Medien könnten doch viele Jobs kosten?
Es wird die Jobs verändern, ja. Und es werden viele verschwinden – aber andere auch neu entstehen. Die digitalen Medien bieten einfach viele Chancen - davon bin ich überzeugt. Für mich zum Beispiel, dass ich meinen Traum von einer Selbstständigkeit erfüllen kann. Ein Angestelltendasein – das wäre nichts für mich.
Als jüngerer Mensch schaut man vielleicht eher positiv auf die Zukunft des Digitalen, doch Ältere stehen doch oft voller Sorgen vor dieser Entwicklung.
Das mag sein. Jungen Menschen fällt der Umgang damit eher so zu, sie schnappen es einfach nebenbei mit auf, weil sie damit täglich umgehen. Doch auch Ältere können damit umgehen, sie müssen nur ein wenig mehr lernen und aufgeschlossen sein. Es ist doch wie überall im Leben, wenn man sich mit etwas auskennt, dann traut man sich auch mehr zu. Beim Sport zum Beispiel: Vielleicht ist eine Hantel zunächst zu schwer – aber wenn ich die richtige Technik lerne und ein wenig trainiere, dann beherrsche ich auch das. Sorge hätte ich eher, was den Ausbau dieser Technik betrifft.
Konkreter Anlass?
Na, Hamburg zum Beispiel hinkt beim Ausbau des freien WLAN gegenüber Berlin zurück. Noch viel weiter ist man in Skandinavien.
Und Ihre persönliche Zukunft, machen Sie sich vielleicht Gedanken, wie es wäre, selbst einmal Familie zu haben?
Ich brauche keinen sicheren Hafen, das ist für mich noch nicht so das Thema. Obwohl: Ich habe auch Freunde, die sind verlobt oder sogar verheiratet. Aber ich bin noch zu viel unterwegs. Freunde aber sind wichtig – überall, wo ich war, habe ich Freundschaften geschlossen.
Auch keine Bedenken, dass politisch oder gesellschaftlich etwas in die falsche Richtung laufen könnte?
Doch, das schon. Europa macht mir Sorgen.
Warum Europa?
Ich mag den europäischen Gedanken und fände es schade, wenn es das offene Europa von heute nicht mehr geben sollte.
Worauf gründen sich denn Ihre Befürchtungen?
Na, man sieht doch, wie es in vielen Ländern nach rechts kippt. In Ungarn, in Deutschland, den Niederlanden und in Frankreich. Dann ist da noch der Brexit von Großbritannien.
War die Wahl des Europa-Freundes Macron zum neuen französischen Präsidenten ein Hoffnungsschimmer für Sie?
Ja, ich hoffe sehr, dass Europa wieder mehr Zustimmung erhält und die Ländern sich nicht zu sehr auf sich konzentrieren. Wichtig ist, dass nicht die Populisten gewinnen. Populismus ist für mich, dass man sich anders darstellt, als man wirklich ist, und nur vorgibt, im angeblichen Interesse der kleinen Leute zu handeln.
Überwiegt da jetzt mehr Sorge oder mehr Zuversicht, was die Zukunft betrifft?
Zuversicht. Ich bin gespannt auf die Zukunft, ich freue mich darauf.
Sie sind rundum ein optimistischer Mensch?
Absolut ja.