Hamburg . Nur wenige Fahrzeuge erfüllen die Euro-6-Norm. BUND mobilisiert gegen Luftreinhalteplan. Stadtreinigung plant Umrüstung.

Hätten sie keine Sonderrechte, wären auch Hunderte von Fahrzeugen der Hamburger Polizei und Feuerwehr von den geplanten Diesel-Durchfahrtsverboten in der Max-Brauer-Allee betroffen. Laut Senatsantwort auf eine Anfrage des CDU-Verkehrspolitikers Dennis Thering erfüllen nur 114 der 661 Dieselfahrzeuge der Feuerwehr die neue Euro-6-Norm. Alle älteren Fahrzeuge aber sollen nach dem neuen Luftreinhalteplan der Stadt künftig nicht mehr durch einen Teil der Max-Brauer-Allee fahren dürfen.

Kommentar: Weg mit dem Diesel-Privileg!

Bei den gemeinsam verwalteten Autos von Senat und Polizei sieht es kaum besser aus. Von deren 1027 Fahrzeugen erfüllen derzeit nur 329 die Euro-6-Norm. Von den Dieselfahrzeugen der Schul-, Justiz- und Umweltbehörde wird nicht ein Einziges der schärfsten Abgasvorschriften gerecht. Rechnet man alle städtischen Dieselfahrzeuge zusammen, so erreicht nicht einmal ein Viertel die Voraussetzungen, um auch künftig die gesamte Max-Brauer-Allee befahren zu dürfen: Von den insgesamt 2076 städtischen Dieseln sind 1611 schlechter als Euro 6 (Euro VI bei Lkw). Während die CDU die geplanten Durchfahrtsverbote für Dieselfahrzeuge an der Max-Brauer-Allee und Stresemannstraße in diesem Kontext für „unverhältnismäßig“ hält, kritisieren Umweltschützer den Plan als zu lasch.

Bürger können Anregungen machen

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) verteilt nach Abendblatt-Informationen derzeit ein Standardschreiben, das Hamburger mit eigenen Ergänzungen für kritische Stellungnahmen nutzen können. Hintergrund: Der Entwurf des neuen Luftreinhalteplans liegt derzeit gemäß gesetzlicher Vorgaben öffentlich aus und ist auch im Internet einsehbar (www.hamburg.de/luftreinhaltung). Bis zum 8. Juni können Bürger Kritik und Anregungen einreichen. Diese werden vom Senat geprüft und entweder eingearbeitet oder verworfen.

Am 30. Juni will der Senat den Plan beschließen. Die für Max-Brauer-Allee und Stresemannstraße geplanten Dieselfahrverbote treten allerdings zunächst nicht in Kraft. Dafür muss erst ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts abgewartet werden, das im Herbst erwartet wird. Darin soll geklärt werden, ob Kommunen grundsätzlich berechtigt sind, Durchfahrtsbeschränkungen zu erlassen, wie auch der Hamburger Senat sie nun plant.

BUND ist mit dem Plan unzufrieden

Direkt betroffene Anwohner oder Umweltverbände wie der BUND könnten auch gegen den neuen Luftreinhalteplan vor Gericht ziehen. Schon jetzt hat der BUND klargemacht, dass er mit dem Plan unzufrieden ist. „Bei der näheren Lektüre tauchen eine Menge Fragen und Unklarheiten auf“, so BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch. „Einige Berechnungen sind nicht nach-vollziehbar, und bei den Quellen-angaben tauchen an den entscheiden-den Stellen nur Platzhalter auf. Eine solche Datenlage in einem öffentlichen Beteiligungsverfahren sehe ich sehr kritisch.“

Der BUND arbeite derzeit an einer umfassenden Stellungnahme. In den vom BUND verteilten Einwendungsvordrucken werden umfassende Fahrverbote und neue Tempo-30/40-Strecken gefordert und auf die Belastung durch Flugverkehr und Schifffahrt verwiesen. Zuletzt hatte der Senat selbst erstmals eingeräumt, dass Kreuzfahrt- und Containerschiffe, aber auch Barkassen, Fähren und Schlepper für einen Teil der Belastung mit Stickoxiden verantwortlich sind.

Neue Studie über Gesundheitsgefahren

Die Senatsantwort auf die CDU-Anfrage zeigt dabei, dass es vor allem die Containerschiffe sind, die für hohe Luftbelastung sorgen. So wurden von den 4187 Containerschiffen, die Hamburg im Jahr 2015 angelaufen haben, zusammen 5200 Tonnen giftiges Stickoxid an die Hamburger Luft abgegeben. Zum Vergleich: Im selben Jahr kamen 161 Kreuzfahrtschiffe in den Hamburger Hafen, die die Luft mit insgesamt 227 Tonnen Stickoxid belasteten.

Die Diskussion über Gesundheitsgefahren durch Stickoxid wird durch eine aktuelle Studie befeuert, die im Magazin „Nature“ veröffentlicht und von der Deutschen Umwelthilfe verbreitet wurde. Danach ist die Belastung der Luft durch Stickoxide (also ohne andere Gifte) in Europa für 28.500 vorzeitige Todesfälle verantwortlich.

Meiste Behördenwagen vor 2010 angeschafft

Umweltbehördensprecher Jan Dube wies die Kritik daran zurück, dass der Senat und auch seine Behörde ältere Dieselfahrzeuge nutzten. „Wer nur auf Diesel schaut, erhält ein verzerrtes Bild: Es gibt in unserer Behörde elf Elektro-, 14 Diesel- und 16 Benzinfahrzeuge“, so Dube. „Die meisten Diesel wurden vor 2010 angeschafft.“ Laut Luftreinhalteplan soll die Stadt als Vorbild in Sachen Luftreinhaltung agieren und schnell auf abgasärmere Fahrzeuge umstellen. So soll bei der Stadtreinigung der Anteil der Fahrzeuge mit Euro 6/VI von heute 28 auf 100 Prozent im Jahr 2021 gesteigert werden.