Hamburg. Die weltweit größte Anlage zur Rückgewinnung von Phosphor aus Abwasser soll am Köhlbrandhöft entstehen. Nur einer von mehreren Plänen.
In Hamburg und seinem Umland wächst der Wasserverbrauch. 114,4 Millionen Kubikmeter Trinkwasser lieferte das städtische Unternehmen HamburgWasser im vergangenen Jahr an mehr als zwei Millionen Menschen in der Hansestadt und in den Städten und Gemeinden in der Umgebung. Das waren 2,6 Prozent mehr als 2015. Für das Wachstum gibt es einen wesentlichen Grund: „Die Einwohnerzahl der Stadt steigt, damit steigt auch der Wasserverbrauch“, sagte die kaufmännische Geschäftsführerin Nathalie Leroy am Donnerstag bei der Vorstellung der Jahresbilanz von HamburgWasser.
Das Unternehmen liefert nicht nur Trinkwasser, es entsorgt zugleich das Abwasser in den Klärwerken Köhlbrandhöft und Dradenau. Und dieses Abwasser soll künftig sehr viel stärker als bisher zur Energiegewinnung und sogar zur Gewinnung von Rohstoffen genutzt werden. „Im Abwasser sind alle möglichen Rohstoffe. Wir würden sogar Gold finden. Aber die Menge ist zu gering, als das sich der Aufwand lohnen würde, danach gezielt zu suchen“, sagte Michael Beckereit, der Sprecher der Geschäftsführung.
Im Abwasser schlummert nicht nur Gold, sondern auch Geld
Die Entsorger haben einen anderen Stoff im Blick, den sie aus den Hinterlassenschaften der Hamburger ziehen und die Klärwerke so von Reststoffverwertungsanlagen zu Rohstoffminen machen wollen: Phosphor. Das ist ein wichtiger Grundstoff für Düngemittel. Natürliche Vorkommen in Deutschland gibt es nicht, aber in der Asche des verbrannten Klärschlamms steckt reichlich Phosphor. HamburgWasser will die Chemikalie künftig aus der Asche herausholen und sie verkaufen. Aus Hamburgs Abwasser soll Dünger werden. Und die geplante Anlage auf dem Gelände des Klärwerks Köhlbrandhöft ist die erste weltweit, in der das in großem Stil passieren soll.
„Technisch sind wir so weit“, sagte Beckereit. Seit zwei Jahren wird das Verfahren zum Phosphorrecycling aus Klärschlammasche gemeinsam mit der Entsorgungsfirma Remondis erprobt. Im nächsten Jahr soll der Bau der Großanlage beginnen, 2019 die Gewinnung von bis 7500 Tonnen Phosphorsäure pro Jahr. Derzeit wartet das Unternehmen noch, ob es Fördergeld von der Bundesregierung gibt. Ob die 15-Millionen-Investition jemals Gewinn abwirft, ist nicht wirklich entscheidend. Denn nach neuen gesetzlichen Vorschriften darf vom Jahr 2029 an Klärschlamm ohnehin kein Phosphor mehr enthalten. HamburgWasser will schon zehn Jahre vorher einen großen Schritt in diese Richtung getan haben.
Klärwerke erzeugen schon jetzt mehr Energie, als sie verbrauchen
Das Phosphor-Projekt ist eines von mehreren, die in den nächsten Jahren die Energie- und Umweltbilanz der Klärwerke weiter aufbessern soll. Bei der Abwasseraufbereitung entsteht längst mehr Energie als in den Klärwerken selbst verbraucht wird. Schon seit 2011 wird überschüssiges Methan aus den zehn silberglänzenden Faultürmen am Südufer der Norderelbe aufbereitet und ins städtische Gasnetz gepumpt.
Nun soll das klimaschädliche Methan auch in weiteren Klärbecken aufgefangen und eine weitere Aufbereitungsanlage installiert werden. Mit der Gesamtinvestition von gut acht Millionen Euro soll die Gasproduktion bis 2019 um 70 Prozent auf 41 Millionen Kilowattstunden steigen.
Aus Abwasser Fernwärme für Hamburgs Haushalte gewinnen
Und auch die Wärme des Abwassers soll künftig nicht mehr nur in der Elbe verpuffen. Selbst im Winter hat die Brühe aus Kanalisation und Regenkanälen eine Temperatur von mindestens 12 Grad Celsius. Wärmepumpen – so der Plan – werden ihm einen Teil der Energie entziehen und zu Fernwärme für Hamburger Haushalte umwandeln. Derzeit ist ohnehin im Gespräch, von der Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm am Fuße der Köhlbrandbrücke eine Fernwärmeleitung in Hamburgs westliche Stadtteile am Nordufer der Elbe zu legen. Das Klärwerk Köhlbrandhöft liegt auf dem Weg dorthin.