Hamburg. Mit diskreten Gesprächen und Imageveranstaltungen sollen Firmen von London an die Alster gelockt werden. Chancen in der Luft- und Schifffahrt.
Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) machte sich Ende März auf die Reise nach Tokio. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das die Elbvertiefung erneut hinauszögert, wolle er bei den japanischen Reedereien NYK, MOL und K-Line für den Hamburger Hafen werben, hieß es.
Die Unternehmen legen wegen der anhaltenden Schifffahrtskrise gerade ihre Flotten zusammen, wollen fusionieren und sind zugleich gemeinsam mit Hapag-Lloyd und Yang Ming (Taiwan) Teil einer der neuen weltweiten Containerreeder-Allianzen.
Europazentrale japanischer Reeder?
Doch es ging nicht allein darum, den japanischen Managern zu versichern, dass die Elbvertiefung komme. Horch ließ auch durchblicken, dass die Hansestadt sich freuen würde, Sitz der Europazentrale des japanischen Gemeinschaftsunternehmens zu sein. Ob es eine solche Zentrale geben wird, ist noch offen, doch zwei der drei japanischen Konzerne haben derzeit ohnehin Grund, über Standortfragen nachzudenken: Die Europazentralen von NYK und K-Line sitzen in London. Und ob das angesichts des geplanten Austritts Großbritanniens aus der EU künftig noch ein guter Standort für Europa-Geschäfte sein wird, ist zweifelhaft.
Es war nur einer von einer ganzen Reihe von Vorstößen, die Hamburger Politiker und Wirtschaftsförderer derzeit unternehmen, damit die Hansestadt vom bevorstehenden Brexit profitiert. Es ist ein diskretes Geschäft. „Wir machen das auf einer hanseatisch-zurückhaltenden Ebene“, sagt Rolf Strittmatter, Chef von Hamburg Marketing und Geschäftsführer der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF).
Er sagt aber auch unmissverständlich: „Natürlich reden wir mit Unternehmen mit Deutschlandzentrale in Hamburg und Europazentrale in London darüber, warum es besser wäre, die Europazentrale in Hamburg zu haben.“
Chancen bei Luft- und Schifffahrt
Einer, dessen Kontakte in London jetzt besonders hilfreich sind, ist Christoph Lampert. Der Finanzmanager mit Hamburger Wurzeln lebt und arbeitet seit 1983 in Großbritannien. Seit drei Jahren ist Lampert einer der mehr als 30 ehrenamtlichen Hamburg Ambassadors, die die Interessen der Hansestadt in aller Welt vertreten. „Vielen Briten wird gerade erst klar, was der Brexit für sie bedeutet. Im Land wird derzeit kaum noch investiert“, sagt Lampert.
Er ist der Mann für die inoffiziellen Kontakte, der bei Freunden, Bekannten und Geschäftspartnern das Interesse an Hamburg weckt und zugleich als intimer Kenner der britischen Wirtschaft in Hamburg wertvolle Tipps geben kann. „Es ist für uns von großem Vorteil, zu wissen, mit wem in London man mal sprechen sollte“, sagt Strittmatter.
Lampert sieht für die Hansestadt Chancen etwa bei Unternehmen aus der Luftfahrt-, Schifffahrts- und Tourismusbranche, bei Start-ups und Firmen im Geschäftsfeld erneuerbare Energien. Die Wirtschaftsförderer selbst sind in den nächsten Monaten bei Kongressen und Konferenzen in Großbritannien präsent, bitten bei britischen Handelskammern zum Business-Frühstück.
Im Oktober macht die Imageveranstaltung Hamburg on Tour Station in London. Dort geht es zwar vornehmlich um die Musikregion Hamburg, doch solche soften Faktoren haben durchaus Bedeutung für Standorte, die wie die Hansestadt nicht mit Steuervorteilen und Förderprogrammen locken können, weiß Lampert. „Hamburg ist bei Briten bisher wegen der Beatles bekannt und als Kreuzfahrthafen. Die Elbphilharmonie hat jetzt einen ordentlichen Bekanntheitsschub gegeben.“