Hamburg. Behörde HPA macht Verluste, weil Investitionen den Haushaltszuschuss übersteigen. Stadt schießt möglicherweise Geld nach.

Der Chef der Hamburg Port Authority (HPA), Jens Meier, steckt in der Klemme. Einerseits pumpt seine Behörde Millionensummen in den Erhalt und Ausbau der Hafeninfrastruktur, andererseits sind die Zuwendungen aus dem Haushalt der Stadt an die HPA gedeckelt.

Schon in der Vergangenheit hat das zu Problemen geführt, weil die Ausgaben für Straßen, Brücken und Schienen die Finanzierung aus öffentlichen Mitteln überstiegen. Zahlen, die dem Abendblatt vorliegen, zeigen: Die Verluste der HPA weiten sich aus. Möglicherweise muss die Stadt den Hafen mit weiteren Steuergeldern stützen.

So weist der aktuelle Wirtschaftsplan der Hafenbehörde für das laufende Jahr einen Verlust von 55,6 Millionen Euro und für 2018 und 2019 von jeweils mehr als 70 Millionen Euro aus. Über drei Jahre entsteht so ein Verlust von rund 200 Millionen Euro. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des parlamentarischen Geschäftsführers der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Michael Kruse, hervor. Noch im vergangenen Jahr wies die Gewinn- und Verlustrechnung für die Jahre 2017 und 2018 nur halb so hohe Fehlbeträge aus.

Michael Kruse, Wirtschaftsexperte der FDP Bürgerschaftsfraktion
Michael Kruse, Wirtschaftsexperte der FDP Bürgerschaftsfraktion © HA | Klaus Bodig

Der FDP-Haushaltsexperte Kruse, der das Riesendefizit entdeckt hat, zeigt sich entsetzt: „Der HPA-Haushalt läuft dem rot-grünen Senat völlig aus dem Ruder.“ So seien die Verluste nur für die Jahre 2017 bis 2019 um 118,3 Millionen Euro gegenüber dem Wirtschaftsplan des Vorjahres gestiegen. „Es ist unverständlich, wie das passieren kann, zumal die Stadt bereits Geld nachgeschossen hat“, sagt Kruse.

Probleme größer als Verluste vermuten lassen

Tatsächlich hat die Wirtschaftsbehörde im Sommer des vergangenen Jahres mitgeteilt, dass der Hafen ab diesem Jahr 189 Millionen Euro aus der öffentlichen Hand erhält. Das ist ein Plus von 65 Millionen Euro. Bislang erhielt die HPA aus dem Börsengang der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) 100 Millionen Euro plus 24 Millionen Euro vom Bund. Doch seitdem die rund eine Milliarde Euro, die die Stadt durch den Aktienverkauf der HHLA eingenommen hat, aufgebraucht ist, bereitet die Finanzierung Hafenchef Meier Probleme.

Dass diese Probleme möglicherweise viel größer sind, als die derzeit verzeichneten Verluste vermuten lassen, wird wiederum aus dem Zahlenwerk deutlich: So werden Projektplanungen gestrichen, um das Defizit im Zaum zu halten. Für den Umbau des Central Terminals Steinwerder, eines der wichtigsten Hafenausbauprojekte des Senats, werden laut Wirtschaftsplan gar keine Mittel mehr berücksichtigt.

Im vergangenen Jahr waren dafür 171 Millionen Euro eingestellt, früher waren es sogar noch mehr als 500 Millionen Euro. Dass jetzt gar nichts mehr beiseitegelegt wird, ist wenig verständlich, weil die HPA gerade einen Ideenwettbewerb für die künftige Nutzung des südlichen Teils von Steinwerder durchführt.

Finanzprobleme seien völlig eskaliert

Aber wie sollen diese Ideen realisiert werden, wenn das Geld für die Herrichtung der Flächen fehlt? Es sei schon verblüffend, dass mit der Entwicklung des Central Terminals Steinwerder ein großer Kostenblock gänzlich aus der Planung der Hafenbehörde verschwunden sei, meint Kruse. Auch das im Wirtschaftsplan berücksichtigte Geld für die Elbvertiefung werde seiner Meinung nach niemals ausreichen. 218,5 Millionen Euro hat die HPA dafür zur Seite gelegt. „Diese Summe steht seit Jahren fest. Nicht einmal ein Inflationsausgleich wird berücksichtigt“, bemängelt der FDP-Politiker.

Sein Vorwurf: „Unter Wirtschaftssenator Frank Horch sind die Finanzprobleme der HPA in den letzten Jahren völlig eskaliert.“ Es sei „skandalös“, dass die HPA ihre Verluste drastisch erhöhe, während sie immer weniger Projekte durchführe.

Die zuständige Wirtschaftsbehörde räumt ein, dass sich die geplanten Verluste der HPA ausweiten, weist die Vorwürfe Kruses aber ansonsten zurück. In der Senatsantwort auf seine Kleine Anfrage steht, dass die Grundsätze des „kostenstabilen Bauens“ inzwischen eingehalten würden. Dazu sei sogar extra ein zentrales Projekt-Management-Büro eingerichtet worden, um die Ausgaben zu überwachen.

Hohe Ausgaben für Schlickausbaggerung

Tatsache sei aber auch, dass es verschiedene Gründe für die steigenden Kosten gebe. „Im investiven Bereich sind wir mit einem erheblichen Investitionsstau belastet, der abgearbeitet wird. Im konsumtiven Bereich ist es die Wassertiefenhaltung – hier arbeiten wir an neuen Konzepten“, sagte eine Behördensprecherin.

Gerade bei dieser „Wassertiefenhaltung“ sind die Ausgaben in den vergangenen Jahren angestiegen. Rund 100 Millionen Euro musste die HPA 2016 allein für die Ausbaggerung des Schlicks ausgeben. Auch in diesem Jahr wird sich daran kaum etwas ändern. Das diese Kosten durch die 64,5 Millionen Euro, die aus dem Haushalt kommen, nicht ausreichend gedeckt werden, dürfte sogar für Grundschüler einsichtig sein.

88,5 Millionen Euro weniger Eigenkapital

Wie reagiert die HPA? Sie zehrt von ihrer Substanz. Verluste, die nicht von der Stadt ausgeglichen werden, muss HPA-Geschäftsführer Meier aus dem Eigenkapital entnehmen. So hat sich das Eigenkapital der Hafenverwaltung zwischen 2014 und 2016 bereits um 88,5 Millionen Euro vermindert. Und nach der Vorstellung der Wirtschaftsbehörde soll Meier weiter so handeln: „Sollten sich Verluste realisieren, so verfügt die HPA über ausreichend Eigenkapital, um dies zu kompensieren“, sagte die Behördensprecherin.

Zudem stehe notfalls der Staat bereit: „Sollten Anpassungen im Haushalt notwendig werden, so wird der Senat das natürlich auch initiieren.“ Anders gesagt: Es müssten weitere Millionen Euro aus dem Haushalt in den Hafen fließen.