Hamburg. In Teilen der Fertigung gehen zwei Drittel der Fläche verloren. Der Betriebsrat stimmt Gesprächen über Tarifkürzungen zu.

Einst war Blohm + Voss die größte Werft der Welt. Vor dem Ersten Weltkrieg sogar Hauptlieferant der kaiserlichen Marine. Später wurden hier das Schlachtschiff „Bismarck“ gebaut, die „Wappen von Hamburg“ und jede Menge Containerschiffe. Doch das ist alles lange her. Ein Auftrag von vier Fregatten für die Bundesmarine ist in den letzten Zügen. Neue Orders gibt es nicht. Und auch das Reparaturgeschäft läuft derzeit schleppend.

Will Blohm + Voss überleben, muss die einstige Großwerft schrumpfen, erfuhren die gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter bei einer Versammlung der IG Metall auf dem Werftgelände. Geschäftsführer Dieter Dehlke sowie der Blohm + Voss- Aufsichtsratschef Klaus Borgschulte hätten dabei ausführlich erläutert, welche Rolle der Standort im Werftenverbund des neuen Eigentümers, die Bremer Lürssen Gruppe, einnehmen soll, sagte der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Hamburg, Emanuel Glass, nach der Versammlung.

30.000 Quadratmeter sollen zunächst eingemottet werden

Dabei sei deutlich geworden, dass die Lürssen Werftengruppe Blohm + Voss zwar gute Chancen für die Zukunft einräumt. Der Preis dafür ist aber hoch: „Von den rund 45.000 Quadratmetern der für die Fertigung benötigten Flächen in den Hallen sollen erst einmal nur noch 15.000 produktiv genutzt werden“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Murat Acerüzümoglu.

30.000 Quadratmeter würden eingemottet und revitalisiert wenn es der Werft wieder besser geht. Ein weiterer Teil der Flächen soll an andere Industrieunternehmen vermietet werden. „Die Werft wird weniger Hallen benötigen und die anderen ausräumen und abschließen“, bestätigte Gewerkschafts-Chef Glass.

Von der einst stolzen Schiffsbautradition bleibt wenig übrig

Und auch von der einst stolzen Schiffbautradition bleibt nur noch wenig übrig. „Wir werden keinen eigenen Schiffbau mehr haben. Früher haben wir hier alles gemacht, von der Konstruktion über den Bau von Rumpfsektionen bis zum Innenausbau. Das ist jetzt vorbei“, sagte Acerüzümoglu. Künftig werde sich Blohm + Voss auf das Reparaturgeschäft im Yacht- und Kreuzfahrtbereich konzentrieren, sowie im Marineschiffbau auf den inneren Ausbau – etwa Rohrleitungssysteme, Antriebsmaschinen und weiteres. Dazu würden die an anderen Standorten der Lürssen-Gruppe zusammengebauten Rohbauten nach Hamburg gebracht. Von der Bundesmarine erhofft sich Lürssen in absehbarer Zeit Aufträge für mehrere Korvetten und zwei Mehrzweckkampfschiffe.

Immerhin will Lürssen in den Standort Hamburg investieren. Zur Höhe wollte sich Acerüzümoglu nicht äußern. „Aber die haben hier etwas vor. Das merkt man“, sagte er. Nach Informationen des Abendblatts geht es um Millionenbeträge. Im Gegenzug müssen Kosten gesenkt werden. Wie berichtet sollen 300 der derzeit 989 Beschäftigten bei Blohm + Voss gehen, dazu ist ein Freiwilligenprogramm aufgelegt worden. Machen davon nicht genügend Betroffene Gebrauch, wird betriebsbedingt gekündigt. Die erste Welle trifft es am 1. Juli.

Anfang Juni will die Lürssen Gruppe die Verhandlungen abgeschlossen haben

Die verbleibenden Mitarbeiter sollen auf Teile ihres Gehalts verzichten. Darüber will die Geschäftsführung nun mit den Mitarbeitern verhandeln. „Nach langer Diskussion haben sich die IG-Metall-Mitglieder für Verhandlungen über Abweichungen vom gültigen Tarifvertrag ausgesprochen“, sagte Gewerkschafts-Chef Glass am Montag. Diese Gespräche begannen bereits am Mittag. Anfang Juni will die Lürssen Gruppe die Verhandlungen abgeschlossen haben. „Das ist auch zu schaffen, aber nur wenn die Bedingungen der Belegschaft erfüllt werden“, so Glass. Änderungen bei der Entgelt-Tabelle, also beim normalen Lohn oder bei der 35-Stunden-Woche würden keinesfalls hingenommen. Anders gesagt: Die Blohmer müssen sich wohl auf Kürzungen beim Weihnachts- oder beim Urlaubsgeld einstellen.

„Wir stehen vor der enormen Herausforderung, den für Blohm+Voss entwickelten Maßnahmenkatalog innerhalb des heute vorgestellten Zukunftskonzeptes zur Standortsicherung zeitnah umzusetzen und die Werft damit für die Zukunft bestmöglich aufzustellen“, sagte Geschäftsführer Dehlke nach dem Treffen. Für den Fortbestand des Unternehmens sei es leider neben den in Aussicht gestellten Investitionen und bereits eingeleiteten Prozessoptimierungen unerlässlich, auch an den verbleibenden Kostenstrukturen Anpassungen vorzunehmen. „Mit dem heute durch die Gewerkschaftsmitglieder erteilten Mandat werden wir nun in Verhandlungen mit der IG Metall treten.“

Der Werft-Chef räumte ein, dass es ein neues Flächenkonzept gebe, das eine „konsequenter am Materialfluss ausgerichtete Fertigung“ vorsieht. Dazu werde weniger Raum benötigt. In welcher Größenordnung das geschehen soll, blieb allerdings am Montag offen. Dazu wolle man sich derzeit noch nicht äußern, hieß es nur.