Hamburg. Das Hamburger Duo will die Branchengrößen dm und Rossmann herausfordern. Sogar eine Expansion bis nach Bayern ist denkbar.

Die Gespräche liefen über ein Jahr im Geheimen. Immer wieder trafen sich Verantwortliche von Edeka mit den Chefs der Hamburger Drogeriemarktkette Budnikowsky, um über eine neue Gesellschaft mit dem eher ominösen Namen „Format und Service“ zu reden. Vor allem die Kinder von Budni-Patriarch Cord Wöhlke, Christoph und Julia, verhandelten mit dem Chef der größten deutschen Supermarktkette, Markus Mosa.

Das Ergebnis dieser Gespräche könnte die Drogeriemarktbranche in Deutschland nachhaltig verändern. Wie der Edeka-Chef am Dienstag bestätigte, wollen die beiden Hamburger Firmen ein Gemeinschaftsunternehmen gründen, das zur Basis einer neuen Drogeriemarktkette werden soll. „Wir können uns vorstellen, bis zu 50 neue Märkte im Jahr zu eröffnen“, sagte Mosa. Das Vorhaben steht allerdings noch unter dem Vorbehalt einer Genehmigung durch das Bundeskartellamt, das Edeka in der Vergangenheit wegen der bereits bestehenden großen Marktmacht nicht gerade gnädig behandelt hat.

Leitartikel: Budnis ehrgeiziger Plan

Winken die Wettbewerbshüter die Allianz durch, dann soll das neue Gemeinschaftsunternehmen im März kommenden Jahres gegründet werden. Die Partner würden dann vermutlich erst einmal im norddeutschen Raum expandieren, perspektivisch ist aber durchaus auch eine Ausdehnung bis nach Bayern denkbar.

Ob dies unter dem Namen Budni oder unter einer anderen Marke geschieht, ist dabei laut Mosa noch völlig offen. „Im Norden ist Budni eine eingeführte Marke. Im Süden könnten die Kunden mit dem Namen eher fremdeln“, erklärte er. Die Expansion solle an den Bau neuer Edeka-Märkte gekoppelt werden. Auch Shop-in-Shop-Lösungen sind aus seiner Sicht prinzipiell denkbar.

Budnikowsky wird aufgespalten

Für den geplanten Deal würde Budnikowsky nach Mosas Worten quasi aufgespalten. Die rund 180 Budni-Filialen in der Hamburger Metropolregion blieben weiterhin zu 100 Prozent in der Hand der Eigentümerfamilie Wöhlke. Auch die bestehende Budni-Zentrale in Wandsbek bliebe erhalten. In dem neuen Gemeinschaftsunternehmen mit Edeka würden hingegen Logistik, Verwaltung und Einkauf gebündelt.

Auch das bestehende Budni-Lager in Allermöhe mit rund 130 Beschäftigten würde Teil der neuen Gesellschaft. An dem ­Joint-Venture soll Edeka 25,1 Prozent halten, die Eigentümer von Budnikowsky den Rest, wobei die Hamburger Supermarktkette die Option besitzt, ihren Anteil auf bis zu 74,9 Prozent aufzustocken. Von Budnikowsky war zu den Plänen auch auf Nachfrage kein offizieller Kommentar zu erhalten.

Rettung in der Not

Für Edeka ist der Aufbau einer eigenen Drogeriekette eine der wenigen Möglichkeiten, in der besonders dichten deutschen Einzelhandelslandschaft noch im großen Stil zu wachsen. Bisher liegt der Marktanteil der Hamburger am Geschäft mit Shampoos, Kosmetika oder Duschgels bei 8,6 Prozent. Die Kampfansage an Rossmann oder dm ist aber nicht ohne Risiko. 50 neue Märkte pro Jahr sind nicht gerade viel im Vergleich zu den Filialnetzen der beiden Platzhirsche, die jeweils über mehrere Tausend Märkte in Deutschland verfügen. In der Vergangenheit betrieb die Hamburger Gruppe schon mal eine eigene Drogeriekette namens Elkos, die aber wegen mangelnden Erfolgs vor einigen Jahren aufgegeben wurde.

Für Budni könnte die Allianz mit der wesentlich größeren Edeka-Gruppe die Rettung in der Not sein. Die Hamburger Drogeriekette braucht derzeit dringend einen Partner, um im harten Konkurrenzkampf bessere Preise bei den Lieferanten aushandeln zu können. Nach den zuletzt veröffentlichten Zahlen aus dem Geschäftsjahr 2014/15 erwirtschaftete das Traditionsunternehmen bei einem Umsatz von 422 Millionen Euro einen Verlust von etwa zwei Millionen Euro.

Gesamtmarkt um zwei Prozent gewachsen

Die Edeka-Gruppe hat hingegen ihre Stellung als größter deutscher Lebensmittelhändler im vergangenen Jahr einmal mehr ausbauen können. Insgesamt erhöhten sich die Erlöse um 2,5 Prozent auf 49,6 Milliarden Euro. Gut die Hälfte davon entfallen auf 4000 selbstständige Kaufleute mit 5900 Märkten, die um 3,8 Prozent auf 25,2 Milliarden Euro zulegten.

Die Discount-Tochter Netto erreichte ein Plus von 2,6 Prozent auf 12,7 Milliarden Euro. „Damit sind wir stärker gewachsen als der Markt und haben wieder Anteile gewonnen“, sagte Mosa. Der Gesamtmarkt sei nach langer Stagnation um zwei Prozent gewachsen, vor allem durch Zuwanderung und das Grenzgeschäft mit Einwohnern der Schweiz und Frankreichs.

Integration von 355 Märkten

Nach der Übernahmeschlacht um den Konkurrenten Kaiser’s Tengelmann läuft nun die Integration der 355 Märkte in die Struktur von Edeka. „Alle übernommenen Standorte überführen wir derzeit mit hoher Schlagzahl in die Edeka-Welt“, sagte Mosa. Die Märkte erhielten neue Sortimente, technische Ausstattung und ein neues Ladendesign. Die Kunden sollten künftig deutlich mehr Vielfalt in den Regalen finden.

Mit der Übernahme gehört auch die Firma Bringmeister zu Edeka, die in Berlin und München die Online-Belieferung mit frischen Lebensmitteln erprobt. Edeka sucht – ebenso wie die gesamte Branche - noch nach einem wirtschaftlichen Konzept für den Online-Lebensmittelhandel und will Bringmeister zunächst nicht in weiteren Städten an den Start bringen.