Hamburg. Experten monieren Privilegien der Stadt und ausgesuchter Investoren. Stadt halte sich nicht an die eigenen Regeln.

Die Stadt gehe mit ihren historischen Gebäuden nicht sorgsam um und reiße sie auch gern ab. Sie verbreitet die Idee des Denkmalschutzes nicht und lasse es zu, dass vielen Hamburgern nur das „Hübsche“ als „schützenswert“ gelte. Und sie statte das Denkmalschutzamt personell nicht angemessen aus, obwohl sich die Zahl der Denkmäler 2013 mit Erlass des Hamburger Denkmalschutzgesetzes praktisch verdreifacht habe. Das sind die wesentlichen Kritikpunkte, die die öffentliche Anhörung zur Evaluierung des neuen Gesetzes im Kulturausschuss der Bürgerschaft ergab.

Es machte 2013 schlagartig Tausende gelisteter Denkmal-Kandidaten („erkannte Denkmäler“) zu gesetzlich geschützten Gebäuden oder Gartenanlagen. Die Zahl der Denkmaladressen wuchs von 6350 auf rund 18.000. Den Übergang zu dieser für Hamburg neuen, im Bundesgebiet aber üblichen Praxis bezeichnen auch Kritiker des Senats als „grundsätzlich gelungen“.

Stadt halte sich nicht an die eigenen Regeln

Beklagt wird aber, dass sich die Stadt sich häufig nicht an die eigenen Regeln halte. Zwar habe sie sich im § 1 des Gesetzes ausdrücklich verpflichtet, mit gutem Beispiel voranzugehen und so privaten Denkmaleigentümern die geschichtsbewusste Pflege vorzuleben. Doch in der Praxis bescheinige sich die Stadt trotzdem mehrfach, dass der Erhalt geschützter Immobilien wie der City-Hochhäuser, der GEG-Bauten auf der Peute oder der Geschwister-Scholl-Schule wirtschaftlich nicht zumutbar sei, monierte Kristina Sassenscheidt, Vorsitzende des Denkmalvereins Hamburg. Auch ließe die Stadt regelmäßig die Entstehung von Sanierungsstaus zu.

Ähnlich äußerte sich Elinor Schües vom Denkmalrat. Sie bemängelte, dass die Stadt ohne jede öffentliche Kontrolle nach Gutsherrenart über die eigenen Immobilien entscheide. Auch der Grundeigentümerverband mahnte im Namen seiner 30.000 Mitglieder die Herstellung eines Gleichgewichts der Kräfte zwischen städtischen und privaten Grundeigentümern an: Letztere sollten ein Klagerecht erhalten für Fälle, in denen die Stadt gegen ihr eigenes Gesetz verstoße.

Geschönte Zeichnungen

Schües sprach von geschönten Zeichnungen, die den Neubauten häufig die Höhe und Masse nehmen würden. Der Denkmalverein bescheinigte der Stadt, einigen Investoren Sonderrollen zuzugestehen. So werde der ECE von Alexander Otto mit der Abrissgenehmigung für die ehemalige Metallfabrik am Billbrookdeich der Bau des Hermes-Logistikzentrums ermöglicht. Auch kritisierte der Denkmalverein die Sonderregelungen zum Ensembleschutz, der eigens für die Berner Genossenschaft Gartenstadt Hamburg e. G. ins Gesetz aufgenommen wurde.

Demnach darf die Genossenschaft in Fragen der Zumutbarkeit eines Denkmalerhalts die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf Teile des Ensembles beziehen und muss nicht das Ganze zugrunde legen. Das solle Nachverdichtungen ermöglichen. Auch genieße die Kirche eine problematische Sonderrolle: Sie brauche aufgrund des Kirchenstaatsvertrags keine Genehmigungen für Umbauten oder Abrisse.

Moniert wurde auch die Personalausstattung im Denkmalschutzamt. Damit sei die versprochene öffentliche Darstellung von Denkmalschutz als kulturbewahrendem und identitätsstiftendem Faktor kaum möglich. Auch sei ein Stau bei Beratungen und Genehmigungen entstanden. Die Bezirke hatten 2016 wegen des anhaltenden Baubooms 50 Stellen bekommen.