Hamburg . Gleich nach seiner Wahl startet der neue Präses Tobias Bergmann eine Transparenzoffensive. Sitzungsprotokolle werden öffentlich.

Als sich der Unternehmensberater Tobias Bergmann am Donnerstag der Wahl zum neuen Präses der Hamburger Handelskammer stellt, erinnert die Situation im Plenarsaal ein wenig an eine Erstsemester-Orientierungswoche an der Universität: Es herrscht eine Mischung aus Nervosität und Aufbruchsstimmung. Viele Gespräche beginnen mit der gegenseitigen Vorstellung.

Als es geschafft ist, ist die Nervosität gewichen, und Bergmann - breites Lächeln, Brille mit dickem Rand, gebürtiger Bayer - sieht sichtlich entspannt aus: 54 von 58 Stimmen machen ihn zum neuen Mann an der Spitze. Doch die Arbeit des 45-Jährigen Arbeit hat gerade erst begonnen.

Haspa-Chef ist als Vertreter eines namhaften Unternehmens übrig geblieben

Die Handelskammer Hamburg ist seit 1665 die Selbstverwaltung der Wirtschaft und hat 160 000 Mitgliedsfirmen. Dem Vorgänger-Plenum gehörten unter anderen noch die Chefs von Vattenfall, dem Flughafen Hamburg oder die Vorstände von Airbus und Hochbahn an. Im neuen Plenum ist als Vertreter eines namhaften Unternehmens lediglich Haspa-Chef Harald Vogelsang übrig geblieben. „Ich wünsche mir, dass das frisch gewählte Plenum und das Präsidium sehr schnell Ruhe in die Belegschaft der Kammer bringen. Die große Verunsicherung muss ein Ende haben“, sagt er. Im übrigen heißt es für Vogelsang „ abwarten, was kommt.“ Schließlich liege noch kein Programm auf dem Tisch.

Bei der Wahl zum neuen Plenum Mitte Februar hatte Bergmanns Bündnis „Die Kammer sind WIR“ einen spektakulären Sieg errungen - und stellt nun 55 von 58 Vertretern im Plenum der altehrwürdigen Einrichtung. Bergmanns Wahl zum Präses galt deshalb schon vorher als sicher, nur ein Gefolgsmann versagte ihm die Stimme.

Der neue Mann ist ein alter Hase im Plenum

Auch der neue Mann an der Spitze gehört eigentlich zu den alten Hasen im Plenum, dem er seit 2011 angehört. Aus Sicht des unterlegenen Bündnis „Vorfahrt für Hamburg“ gehört er damit trotzdem nicht zum Establishment: „Wir bedauern, dass es der WIR-Gruppe gelungen ist, eine so deutliche Mehrheit der Wähler mit ihren populistischen Parolen (...) hinter sich zu bringen“, hatte Willem van der Schalk von dem Bündnis erklärt.

Am Donnerstag erneuerte er seine Kritik. „ Der Güterverkehr ist in der Handelskammer kaum noch vertreten.“ Nahezu im gleichen Atemzug sah van der Schalk die Chance für die Interessenvertretungen gekommen. „Es ist absehbar, dass in der Konsequenz die Bedeutung der Berufsverbände künftig steigen wird.“ Schließlich soll ihr Wort gegenüber der Politik Gewicht behalten. „ Unternehmer sind pragmatisch. Eine außerparlamentarische Opposition sehe ich nicht“, entgegnete der Neu-Präses.

Die Kammer beschäftigt derzeit rund 300 Mitarbeiter

Im Wahlkampf hatte Bergmann angekündigt, die Pflichtbeiträge für die Kammer abzuschaffen, die Geschäftsführung auszuwechseln und zu verkleinern, das Plenum öffentlich tagen lassen und Personal abzubauen. Die Kammer beschäftigt derzeit rund 300 Mitarbeiter. Besonders die Pflichtbeiträge seien nötig, damit die Kammer unabhängig bleibe, hatte der scheidende Kammerpräses Melsheimer - und damit Bergmanns Vorgänger - den „Kammerrebellen“ vorgeworfen. Der Ex-Präses hatte nur noch einen kurzen Sitzungstag und verließ nach knapp einer Stunde um 15.55 Uhr mit Aktentasche und Ordner das Gebäude.

Die erste Amtshandlung des Neuen war indes ein Signal für mehr Unabhängigkeit durch Transparenz: „Unser Ziel ist, diese Sitzung generell der Öffentlichkeit zugänglich machen. Dafür bedarf es einer Änderung unserer Satzung“, sagte Bergmann - und das neue Plenum nahm den Vorschlag einstimmig an. Die Protokolle der Sitzungen sollen in Zukunft öffentlich auf der Homepage der Handelskammer einsehbar sein.