St. Petersburg. Bürgermeister besucht nach den Anschlägen die Fünf-Millionen-Metropole und bekundet sein Mitgefühl. Schweigeminute für die Opfer.

Es hat wahrlich schon bessere Vorzeichen für Auslandsreisen Hamburger Bürgermeister gegeben. Als Olaf Scholz (SPD) am Mittwochmittag mit kleiner Delegation nach einem wackligen Anflug in St. Petersburg landete, erwartete ihn eine Fünf-Millionen-Metropole in Schock und Trauer. Zwei Tage nach dem verheerenden Anschlag in der Metro mit vielen Toten und Verletzten ist die Verunsicherung in Hamburgs russischer Partnerstadt überall zu spüren und die Sicherheitsvorkehrungen sind überall merklich erhöht.

Bürgermeister Scholz besucht Partnerstadt St. Petersburg

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    Reise als Zeichen der Solidarität

    Die Entscheidung, den lange geplanten zweitägigen Besuch zur Eröffnung der 14. Deutschen Woche und zur Feier des 60-jährigen Bestehens der ältesten Hamburger Städtepartnerschaft nicht abzusagen, war bereits wenige Stunden nach dem Anschlag am Montagmittag gefallen — auf beiden Seiten. So soll die zweitägige Reise nun auch ein Zeichen der Solidarität der Hamburger an die Petersburger sein, zusammen mit der am Hamburger Rathaus angeordneten zweitägigen Trauerbeflaggung.

    Um der Anteilnahme Ausdruck zu verleihen, legte Scholz zusammen mit der deutschen Generalkonsulin Eltje Aderhold noch am Nachmittag bei Nieselregen einen Strauß roter Rosen am Eingang zur Metrostation Technisches Institut nieder, in deren Nähe der Attentäter zugeschlagen hatte. An diesem Ort haben auch die Petersburger seit Montag mit Kerzen und Blumen der Opfer gedacht.

    Schweigeminute für die Opfer des Anschlags

    Auch in seiner Rede bei der Eröffnung der Deutschen Woche am Abend im Musikkömodientheater drückte der Bürgermeister die Solidarität der Hamburger Bürger aus. „Ihre Partnerstadt an der Elbe steht in diesen Tagen an Ihrer Seite. Hamburg trauert mit den Opfern des Anschlags und ihren Angehörigen“, sagte der Senatschef, nachdem zuvor in einer Schweigeminute der Opfer gedacht worden war. „Deshalb schauen wir nun umso mehr auf das, was uns seit 60 Jahren verbindet.“ Scholz betonte, wie viel Überwindung es die Regierung des damaligen Leningrad 1957 gekostet haben müsse, gerade einmal 13 Jahre nach der furchtbaren Blockade Leningrads durch die deutsche Wehrmacht die Hand für eine Städtepartnerschaft mit Hamburg auszustrecken.

    St. Petersburg und Hamburg hätten viele Gemeinsamkeiten, sagte der Bürgermeister, wies allerdings auch darauf hin, dass die Beziehungen derzeit „vor schwierigen Herausforderungen“ stünden. „Wir müssen daran arbeiten, die Unterschiede zu überwinden“, so Scholz wohl mit Blick auf die russische Anexion der Krim und die Ukraine-Krise. Er freue sich besonders, dass zur Eröffnung der Deutschen Woche, deren Partner-Bundesland diesmal Hamburg ist, das Bundesjugendballett auftrete, „das von dem Hamburger Ballettdirektor und Ehrenbürger John Neumeier geleitet wird“, so Scholz. Außerdem sollen in einer Retrospektive die Filme des Hamburger Regisseurs Fatih Akin gezeigt werden, etwa dessen Verfilmung des Romans „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf, eines der Lieblingsbücher von Olaf Scholz.

    Enge Partnerschaft von Bürgerschaft und Gesetzgebender Versammlung

    Die unabhängig vom Bürgermeister angereiste Hamburger Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) sagte in ihrer Rede, bei der Bekämpfung des Terrors müsse man „Seite an Seite“ stehen. „Freundschaft bewährt sich in schwierigen Zeiten. Diese Städtepartnerschaft lebt und ist getragen von persönlichen Kontakten und vielen Menschen, die sich engagieren.“ Veit wies auch darauf hin, dass die Bürgerschaft und die Gesetzgebende Versammlung von St. Petersburg bereits seit 1992 eine enge Partnerschaft pflegten, die niemals unterbrochen worden sei.

    Ein führender Vertreter der Gesetzgebenden Versammlung dankte den Hamburgern für ihre Anteilnahme. „Wir alle leben noch mit dem Schmerz“, sagte Watanja Jagja, Berater des Präsidenten der Gesetzgebenden Versammlung von St. Petersburg und langjähriger Begleiter der Städtepartnerschaft. „Aber diese Tragödie hat die Petersburger auch zusammengeschweißt.“ So hätten viele Einwohner wildfremde Mitbürger in ihren Autos durch die Stadt gefahren, als die Metro nach dem Anschlag ausgefallen sei. Mittlerweile gebe es die Forderung nach Einführung der Todesstrafe für Menschen wie den Attentäter vom Montag. „Wir hoffen, dass so etwas nie wieder in St. Petersburg passiert.“

    Elbphilharmonie als "Einladung an die Welt"

    Vor der Eröffnungsfeier der Deutschen Woche hatte Scholz am Nachmittag in der Eremitage ein fünf Meter hohes und 4,50 Meter breites, interaktives Modell der Elbphilharmonie präsentiert, mit dem Hamburg auch in der Partnerstadt für sein neues Konzerthaus werben will. Die beeindruckende Nachbildung mit eingebauten Videoleinwänden und Touchscreen, die schon in unterschiedlichen Städten gezeigt wurde, bleibt bis 12. April in St. Petersburg. „Die Elbphilharmonie ist ein Fest für die Augen und die Ohren. In ihr kann man das Hören neu entdecken“, sagte der Hamburger Bürgermeister bei der Vorstellung. „Sie ist eine Einladung an die Welt, nach Hamburg zu kommen.“

    Am Donnerstag trifft sich Olaf Scholz mit Unternehmern, nimmt an einem Workshop zur Hafen-Digitalisierung teil und diskutiert an der Universität St. Petersburg mit Studenten über Pressefreiheit und Demokratie. Für den Nachmittag steht ein Treffen mit St. Petersburgs Gouverneur Georgij Poltawtschenko auf dem Programm, danach fliegt der Bürgermeister zurück nach Hamburg, wo er am späten Abend erwartet wird.

    Olaf Scholz in St. Petersburg

     Generalkonsulin Eltje Aderhold und Bürgermeister Olaf Scholz auf dem Weg zur Metrostation in St. Petersburg
    Generalkonsulin Eltje Aderhold und Bürgermeister Olaf Scholz auf dem Weg zur Metrostation in St. Petersburg © Jens Meyer-Wellmann
    Generalkonsulin Eltje Aderhold und Bürgermeister Olaf Scholz an der Metrostation in St. Petersburg
    Generalkonsulin Eltje Aderhold und Bürgermeister Olaf Scholz an der Metrostation in St. Petersburg © Jens Meyer-Wellmann
    Olaf Scholz präsentiert in der Eremitage das interaktive Modell der Elbphilharmonie
    Olaf Scholz präsentiert in der Eremitage das interaktive Modell der Elbphilharmonie © Jens Meyer-Wellmann
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