Hamburg. Das damalige Leningrad und Hamburg besiegelten vor 60 Jahren ihre Städtepartnerschaft. Wie die Verbindung entstand und heute fortlebt.
Kaum hatte Putin die Krim annektiert, schrieb Hamburgs „Außenminister“, Staatsrat Wolfgang Schmidt (SPD), an Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit: „Gerade in Zeiten, in denen die internationalen Beziehungen Belastungen ausgesetzt sind, ist es nach Einschätzung des Senats (...) besonders wichtig, die Gesprächskanäle zu den Partnerstädten offen zu halten.“
Eine davon ist St. Petersburg, Hamburgs älteste Partnerstadt. In diesem Jahr jährt sich die bilaterale Kooperation mit Putins Geburtsstadt zum 60. Mal. Trotz mancher Irritationen hat sich an der Dialog-Haltung des Senats nichts geändert. „Gerade dann, wenn zwischen den Staaten bei Themen der internationalen Politik divergierende Auffassungen herrschen, ist es besonders wichtig, zum Beispiel auf der Ebene der Städtepartnerschaften im Gespräch zu bleiben“, sagte Senatssprecher Jörg Schmoll dem Abendblatt.
14. Deutsche Woche in St. Petersburg
Zwar sind die Hamburger Planungen für das Jubiläum noch nicht ganz abgeschlossen. Aber so viel steht schon jetzt fest: Die Hansestadt wird mit hochkarätiger Besetzung das Partnerbundesland bei der 14. Deutschen Woche in St. Petersburg sein, die vom 5. bis 12. April stattfindet.
Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Staatsrat Wolfgang Schmidt, Bevollmächtigter beim Bund, der Europäischen Union und für Auswärtige Angelegenheiten, reisen vom 5. bis 6. April nach St. Petersburg und werden die Veranstaltung gemeinsam mit Bürgerschaftspräsidentin Veit eröffnen.
Mitten in der Zeit des „Kalten Krieges“
Als positives Signal mitten in der Zeit des „Kalten Krieges“ waren die Kontakte 1957 zwischen Leningrad und Hamburg zustande gekommen. Im März vor 60 Jahren erhielt Bürgermeister Kurt Sieveking zu seiner eigenen Überraschung einen Brief des Leningrader Stadtrats mit dem Vorschlag, freundschaftliche Beziehungen zwischen beiden Städten herzustellen. Ein erstaunliches Zeichen möglicher Verständigung, denn 1,1 Millionen Leningrader hatten während der Belagerung ihrer Stadt durch die Wehrmacht von 1941 bis 1944 ihr Leben verloren.
Im Juni vor 60 Jahren reiste eine Hamburger Delegation nach Leningrad. Da „besiegelten zum ersten Mal in der Geschichte eine westdeutsche und eine sowjetische Stadt einen Freundschaftsvertrag, dessen mündlicher Abschluss bis heute Garant dafür ist, dass sich die Beziehungen zwischen den beiden Städten im Laufe von fünf Jahrzehnten stetig verbessert haben“, heißt es beim Hamburger Senat.
Ein Handschlag, typisch hanseatisch, genügte. Als sich die Versorgungslage in der ehemaligen Sowjetunion Anfang der 1990er-Jahre verschlechterte, stellte der Senat insgesamt 4,5 Millionen D-Mark bereit. Viele Hamburger Organisationen von der Diakonie bis zum Arbeiter-Samariter-Bund übernahmen Patenschaften, auch das Abendblatt initiierte eine Hilfsaktion. Zehntausende von Paketen mit Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs wurden abgeschickt. Hamburger kümmerten sich vor Ort um Obdachlose und Straßenkinder. Bis heute.
Beziehungen sind weder schlechter noch besser
Gleichwohl gibt es immer wieder ein Auf und Ab der Beziehungen. Die Partnerschaft sei von Höhen und Tiefen geprägt, heißt es in der Grünen-Fraktion der Bürgerschaft. Sie zeichne sich aber auch durch ein breites zivilgesellschaftliches Engagement aus. Das Verhältnis zwischen beiden Städten habe sich in den vergangenen Jahren „weder erheblich verbessert noch verschlechtert“, beobachtet der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete und Europa-Experte Michael Westenberger.
St. Petersburg ist eine von neun Partnerstädten Hamburgs und mit Shanghai die wichtigste. Während Hamburg nach Berlin die zweitgrößte deutsche Stadt ist, folgt St. Petersburg (4,6 Millionen Einwohner) der Hauptstadt Moskau. Wie in Hamburg gibt es in St. Petersburg viele Brücken – es sollen in der Neva-Stadt 500 sein.
Neue Brücken will man auch im Jubiläumsjahr bauen. Im Mai wird der 165. Bergedorfer Gesprächskreis in St. Petersburg tagen. Das international anerkannte Forum wird seit 1961 durch die Körber-Stiftung organisiert und befasst sich mit Grundfragen deutscher und europäischer Außen- und Sicherheitspolitik. An den Gesprächen in St. Petersburg nimmt Bürgermeister Scholz teil. Im Herbst soll der Gouverneur von St. Petersburg, Georgi Poltavchenko, nach Hamburg kommen.