Hamburg. Vorstandschef Ermisch ist dennoch optimistisch, dass die Länderbank verkauft wird – trotz der vielen faulen Kredite.

Einen Tag vor Ende der Angebotsfrist hat sich eine Zukunftshoffnung der HSH Nordbank zerschlagen: Die NordLB in Hannover wird sich definitiv nicht um die Übernahme der zum Verkauf stehenden Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein bemühen. „Die NordLB wird kein Angebot abgeben“, sagte Sprecher Jan-Peter Hinrichs am Donnerstag dem Abendblatt. „Wir haben kein Interesse an einer Übernahme der HSH Nordbank.“

Nord LB galt bis zuletzt als potenzieller Käufer

Sich einen großen Mitbewerber einzuverleiben, passe nicht in die Strategie der NordLB: „Wir sind nicht auf Wachstumskurs.“ Obwohl die NordLB schon mehrfach Übernahmegerüchte mit Blick auf die HSH zurückgewiesen hatte, beteiligte sie sich nach Abendblatt-Informationen gleichwohl an dem Interessebekundungsverfahren, der ersten Stufe des Verkaufsverfahrens. Daher galt sie bis zuletzt als potenzieller Käufer.

Am heutigen Freitag um Mitternacht endet die Frist für die Abgabe zunächst unverbindlicher Kaufangebote bei den Eigentümern der HSH Nordbank, den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein. In solchen Fällen ist es üblich, die Frist voll auszureizen. „Solche Dokumente gehen in letzter Minute ein, wahrscheinlich um 23:58 Uhr“, sagte der HSH-Vorstandsvorsitzende Stefan Ermisch am Donnerstag in Hamburg anlässlich der Vorstellung der Bilanz für das Jahr 2016.

HSH-Chef zeigt sich zuversichtlich

„Wir sind sehr gespannt“, ergänzte Ermisch. Schließlich stünden dem Unternehmen Tage bevor, „an denen sich entscheiden kann, ob die HSH Nordbank auch in Zukunft Bestand hat oder nicht.“ Die Privatisierung sei „alles andere als ein Selbstläufer.“

Auf Geheiß der Europäischen Union muss die Landesbank, die in der Finanzkrise 2008/2009 mit Staatshilfen gerettet wurde, bis Ende Februar 2018 verkauft werden. Gelingt das nicht, wird sie abgewickelt. Auf die Frage eines Journalisten nach der größten Gefahr für den Verkaufsprozess sagte Ermisch: „Das größte Risiko besteht darin, dass gar kein Angebot eingeht.“ Er halte die Wahrscheinlichkeit dafür aber für „sehr überschaubar“, so der HSH-Chef: „Bis heute gehen alle davon aus, dass es diese Bank auch weiter geben wird.“

Nach Angaben der Finanzbehörden in Hamburg und Kiel, die den Verkaufsprozess in der Hand haben, gab es in den zurückliegenden Wochen Kontakte mit „zahlreichen“ Interessenten. Es seien mehr als zehn, deutete Ermisch an, darunter strategische und Finanzinvestoren. Sie kämen aus dem europäischen und dem außereuropäischen Raum. Wie schon im Abendblatt-Interview Mitte März berichtete der HSH-Chef von einem lebhaften Interesse aus China.

Alle Interessenten, die heute ein unverbindliches Angebot abgeben, erhalten dann vertieften Zugang zu den Finanzdaten der HSH Nordbank, danach beginnen die eigentlichen Verkaufsverhandlungen.

Eine HSH Nordbank, zwei sehr unterschiedliche Teile

Ermisch bemühte sich bei der Bilanzvorlage wie gewohnt, den Blick vor allem auf die „starke Kernbank“ und ihr „Wachstumspotenzial“ zu lenken. Dieser „lebende Teil der HSH Nordbank“, in dem alle gesunden Geschäftsfelder gebündelt sind, hat 2016 einen Vorsteuergewinn von 639 Millionen Euro erzielt – mehr als dreimal so viel wie im Vorjahr. Obwohl die Bilanzsumme wie geplant von 97 auf 84 Milliarden Euro reduziert wurde, stieg das Volumen des Neugeschäfts leicht auf 8,9 Milliarden Euro. Zufrieden zeigte sich Ermisch vor allem mit den Bereichen Unternehmenskunden und Immobilien.

Doch der andere Teil der HSH – die Abbaubank, in der faule Kredite gebündelt sind, die vor 2009 vergeben wurden und die nicht oder kaum bedient werden – sowie die komplexe Ländergarantie von zehn Milliarden Euro bleiben eine „große Bürde“ auf dem Weg zum Eigentümerwechsel, wie Ermisch einräumte. Die Abbaubank hat 2016 fast 300 Millionen Euro Verlust gemacht. Unter dem Strich ergab sich ein Konzerngewinn vor Steuern von 121 Millionen Euro, deutlich weniger als im Vorjahr (450 Millionen), das von positiven Sondereffekten geprägt war.

Für 2017 erwartet Ermisch ein Konzernergebnis etwa auf dem Niveau von 2016. „Das erste Quartal lässt uns sehr zuversichtlich sein“, sagte er. Allerdings ist die Krise des maritimen Sektors, die dem einstigen Weltmarktführer bei Schiffsfinanzierungen schwer zu schaffen macht, noch nicht beendet. Damit werden im 17 Milliarden Euro schweren Schiffskreditbestand weitere Wertberichtigungen nötig sein – wenn auch, wie Ermisch hofft, nicht mehr in dem zuletzt erforderlichen Umfang. In der Containerschifffahrt hätten sich die Kennzahlen leicht verbessert.