Norderstedt. Hamburger Klebstoffspezialist erwartet wieder bessere Geschäfte mit Elektronik-Herstellern in Fernost.

Das erste Quartal 2016 gab Anlass zur Sorge in der neuen, gerade erst bezogenen Tesa-Unternehmenszentrale in Rufweite des Hamburger Flughafens: In China brach die Produktion von Smartphones und Tablet-Computern dramatisch ein. Für die Hamburger ein wichtiger Markt, denn in elektronischen Geräten wird nur noch in Ausnahmefällen geschraubt, stattdessen aber sehr viel geklebt – mit Tesa-Produkten. Der Umsatzrückgang von 35 Prozent im Elektronikgeschäft in Fernost schlug durch bis in das erste Tesa-Quartalsergebnis 2016: minus drei Prozent Umsatz gegenüber Januar bis März des Vorjahres.

Mittlerweile ist der krasse Einbruch in einem der größten Markt­segmente des Unternehmens Geschichte: „China hat sich prima erholt“, sagte Tesa-Vorstandschef Robert Ge­reke am Mittwoch bei der Präsentation der Unternehmensergebnisse des vergangenen Jahres.

Holperiger Start

Und die fallen trotz des holperigen Starts und wegen deutlich steigender Umsätze im Geschäft mit Autobauern und auf den Märkten in Europa sowie in Nord- und Südamerika doch überwiegend positiv aus. Der Umsatz im operativen Geschäft stieg um 2,6 Prozent auf 1,146 Milliarden Euro, währungsbereinigt um 0,5 Prozent. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern ging um 2,6 Prozent auf 186 Millionen Euro zurück. Dafür fiel der Jahresüberschuss mit 128,6 Millionen um 5,4 Millionen Euro besser aus als 2015.

„Das waren schon herbe Einbußen“, sagte Vorstandschef Gereke über die Episode im Elektronikhersteller­bereich. Die Hamburger haben daraus gelernt. Mittlerweile sind sie nicht mehr überwiegend mit zwei großen Produzenten im Geschäft, sondern haben weitere Industriekunden in China gewonnen. Und Gereke sieht neue Chancen für den Klebespezialisten aus Hamburg im Elektronikbereich.

Zwar sind Tablet-Computer kaum noch gefragt – da gibt es für Tesa weniger zu kleben. Doch dafür steigen die Produktionszahlen bei sogenannten Wearables, also zum Beispiel Fitness-Armbändern, stark an. „An einem solchen Armband gibt es bis zu 49 Klebestellen. Viele davon sind sehr klein, das erfordert größte Präzision. Und das können wir am besten“, so der Vorstandschef.

Tesa-Vorstandschef
Robert Gereke
Tesa-Vorstandschef Robert Gereke © dpa | Christian Charisius

Es ist eine von vielen Innovationen, neuen Produkten und Geschäftsfeldern, in die das Tesa-Management große Hoffnungen setzt. In der Automobilindustrie – neben der Elektronik der zweite große Bereich in der Indus­triesparte, mit der Tesa 76 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet – gebe es mittlerweile sogar beim Antriebsstrang Klebelösungen. „Bei einer Kupplung wird inzwischen auch geklebt“, weiß der Vorstandschef.

„Sehr positiv“ entwickele sich das noch kleine Geschäft mit Wirkstoffpflastern bei der hundertprozentigen Tochterfirma der Beiersdorf AG. Seit dem Zukauf eines Spezialunternehmens vor einigen Jahren kleben Tesa­streifen auch auf menschlicher Haut, aus ihnen dringen medizinische Wirkstoffe in den Körper. Die Produktion für Pharmaunternehmen sei 2016 stark ausgeweitet worden, so Gereke.

Weitere Jobs entstanden

Mit konkreten Angaben über die Umsatzanteile und -entwicklungen der einzelnen Sparten hält sich das Tesa-Management jedoch zurück. Im Pharmasegment seien zudem weitere Jobs entstanden, so der Vorstandschef. Insgesamt wuchs die Zahl der Tesa-Mitarbeiter jedoch nur unwesentlich um knapp 50 auf weltweit 4160. Etwa 1000 von ihnen sind in der neuen Zentrale an der Hugo-Kirchberg-Straße in Norderstedt tätig, wenige Meter hinter der Hamburger Stadtgrenze.

Als großen Erfolg bewertet man dort die Markteinführung von Klebe-nägeln und -schrauben für den Haus­gebrauch. Mit ihnen lassen sich zum Beispiel Bilder an der Wand befestigen, ohne vorher zu hämmern, zu bohren oder zu schrauben. „Tesa ist der einzige Anbieter, wir haben die Produkte in ganz Europa erfolgreich eingeführt und mit der europaweiten Werbekampagne auch die Bekanntheit der Marke insgesamt gestärkt“, sagte Gereke – und sprach von „unserer erfolgreichsten Markteinführung seit den Powerstrips vor 20 Jahren“.

Medizinschränke an Wand geklebt

Erst vor wenigen Tagen wurde der Produktbereich gestärkt. Tesa übernahm die „nie wieder bohren AG“ in Hanau, mit der sie bereits eng kooperiert hatte. Die Hanauer produzieren Klebe­elemente, mit denen sich etwa ein 20 Kilo schwerer Medizinschrank an einer gefliesten Badezimmerwand befestigen lässt. Die 90 „nie wieder bohren“-Mitarbeiter erwirtschafteten im vergangenen Jahr 16 Millionen Euro Umsatz.

Weitere Zukäufe seien durchaus möglich, sagte Finanzvorstand Christoph Teetz. Konkrete Absichten gebe es derzeit aber nicht. Und unter anderem weil sich der vor Jahresfrist schwächelnde Absatz in Asien in den ersten Monaten 2017 weiter positiv entwickelt hat und Tesa mit Autobauern auch in den USA gut im Geschäft ist, erwartet der Vorstand für dieses Jahr ein Umsatzplus von drei bis vier Prozent, zugleich aber eine leicht sinkende Marge. „Eine konservative Schätzung“, sagte Vorstandschef Gereke. Durchaus möglich, dass Tesa im Laufe des Jahres die Prognose nach oben korrigiert.