Hamburg. Die Fabrik in Hausbruch liefert zahlreiche Innovationen. Das Unternehmen sucht Nachwuchs.
Marco Bornhöft holt sein Mobiltelefon aus der Tasche. Nur wenige Zentimeter dick, aber modernste Technik. „Für Schrauben ist in Handys oder Tablets heute kein Platz mehr. Stattdessen wird geklebt“, sagt er. Und der Mann kennt sich aus, seit Jahresbeginn leitet er das Tesa-Werk in Hamburg. Quasi das Synonym fürs Kleben.
Aber hier geht es nicht etwa um klassischen Tesa-Film, wie man ihn im Laden um die Ecke kaufen kann. Damit Kamera, Akku oder Display dauerhaft am richtigen Ort bleiben, werden zum Beispiel spezielle ultradünne Klebebänder und Folien eingesetzt. „Bis zu 50 Tesa-Klebestreifen sind in so einem Gerät“, sagt Bornhöft. Und das klingt so, als ob die Entwicklung längst noch nicht am Ende ist.
32 Millionen Quadratmeter Klebebänder
Von Hamburg in die Welt: Im vergangenen Jahr hat das Tesa-Werk in Hausbruch 32 Millionen Quadratmeter Klebebänder ausgeliefert. Nur zum Vergleich: Damit könnte man fast 4500-mal die Fläche des Volksparkstadions verkleben. Das Hamburger Werk, eine von weltweit acht Produktionsstätten der Beiersdorf-Tochter Tesa, ist spezialisiert auf doppelseitige Spezialklebebänder für die Industrie. Das dünnste Tape ist zehnmal dünner als ein Haar. Das dickste weist eine Schichtdicke von vier Millimetern auf. „Unsere Anlagen gehören zu den modernsten der Welt“, sagt Werksleiter Bornhöft. In den vergangenen fünf Jahren wurden etwa 100 Millionen Euro in den Standort investiert.
In Halle 3 steht Eike Friedrich an einer Anlage, an der ein spezielles Klebeband für die Druck- und Papierindustrie gewickelt wird. Immer exakt 50,4 Meter, dann ist Schluss. Die Maschinenführerin schneidet das Klebeband ab und befestigt das lose Ende auf der Rolle mit einem Etikett mit Produktnamen und Seriennummer. „Falls es Probleme gibt, ist genau nachvollziehbar, wann das Produkt hergestellt wurde“, sagt die Mitarbeiterin, die seit mehr als 25 Jahren bei Tesa tätig ist.
Zusätzliche Polymerisationsanlage in Hamburg
Denn wenn ein Tesa-Klebeband nicht hält, was es verspricht, kann das extreme Folgen haben – und teuer werden. Unter anderem hat das Unternehmen ein weltweit einzigartiges, umweltschonendes Verfahren entwickelt, mit dem besonders dicke, witterungsbeständige doppelseitige Klebebänder mit sehr hoher Haltbarkeit hergestellt werden können. Im Fachjargon bekannt unter ACX-Technologie. Damit können zum Beispiel Fassadenteile festgeklebt werden oder Solarpanele. Um die dafür notwendigen Mengen an Klebmasse herzustellen, war in Hamburg eigens eine zusätzliche Polymerisationsanlage errichtet worden.
Bei Systemlösungen im Bau, Haushalt und Gewerbe sieht Werksleiter Bornhöft einen „Wachstumsmarkt der Zukunft“. Die Tesa-Spezialklebebänder stecken schon jetzt in Fahrstühlen, Backöfen oder Kühlregalen. „Im Innenausbau werden immer mehr Designelemente geklebt und nicht mehr geschraubt“, sagt der 39 Jahre alte Betriebswirt. „Das ist effizienter in der Anwendung und optisch häufig ansprechender.“ Schon jetzt liefert das Unternehmen auch an die Autoindustrie, so halten die Zierleisten an den Wagentüren oftmals dank Tesa-Klebeband.
Electronics ist ein wichtiger Bereich
Der Bereich Electronics ist ein weiterer wichtiger Bereich. „Kleben ist dabei nur ein Aspekt“, sagt Philipp Vetter, der im Hamburger Tesa-Werk für die Verfahrensentwicklung zuständig ist. Klebebänder haben oft Zusatzfunktionen, etwa um das Wärme-Management eines Smartphones zu unterstützen. Gerade hat Tesa eine neue Generation von Klebebändern entwickelt, die resistent gegen Körperfette ist. Für die Haltbarkeit sogenannter Wearable Devices eine sehr wichtige Eigenschaft. Eine weitere Innovation sind Hightech-Klebebänder, mit denen organische Leuchtdioden in biegsamen Mobiltelefonen verkapselt werden, oder solche, die für Schockunempfindlichkeit sorgen, wenn das Handy zum Beispiel herunterfällt.
Inzwischen machen im weltweiten Klebeimperium von Tesa mit insgesamt mehr als 4000 Mitarbeitern und 7000 Produkten Tesa-Film und andere Kleber für den Hausgebrauch nur noch ein Viertel des Gesamtumsatzes aus. 75 Prozent werden in der Industrie erlöst. Das Unternehmen, das die Konzernzentrale im vergangenen Jahr in einen Neubau nach Norderstedt vor den Toren Hamburgs verlagert hat, meldete für 2015 eine leichte Umsatzsteigerung auf 1,14 Milliarden Euro.
Tesa-Spezialfolie geht auch nach China
Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) erreichte 191,2 Millionen Euro. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres verringerte sich der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr von 863 Millionen Euro leicht auf 855 Millionen. Grund ist bei stabilen Märkten in Europa und den USA die schwache Nachfrage aus Asien.
Da, wo Hendryk Nakielski arbeitet, ist China weit weg. Zumindest geografisch. Die Tesa-Spezialfolie, die gerade auf seiner Maschine läuft, wird auch ins Reich der Mitte geliefert. Gerade hat der 33-Jährige lange Rollen mit der Klebefolie auf einer Palette versandfertig verpackt. Jetzt überprüft der Maschinenführer, ob das mattschwarze Material für die nächste Charge richtig eingelegt ist. 120 Rollen schafft der sogenannte Stangenwickler pro Schicht. Es handelt sich um einen Spezialklebeträger, der auch in Mobiltelefonen eingesetzt wird. „Ich hoffe auch in meinem“, sagt Nakielski und grinst.
„Die Fluktuation ist sehr gering“
Seit mehr als zwölf Jahren ist der Hamburger im Tesa-Werk beschäftigt. Viele sind noch länger dabei. „Die Fluktuation ist sehr gering“, sagt Personalleiterin Cornelia Zimmerman. Das spricht für das Unternehmen, aber in den kommenden Jahren folgt daraus ein großer Veränderungsprozess. „Ungefähr 100 Mitarbeiter gehen in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Rente“, sagt Cornelia Zimmermann. Seit 2013 bildet Tesa selbst aus, in diesem Jahr sind es 26 junge Menschen. „Das steigert sich in den nächsten drei Jahren bis auf 50 Auszubildende.“ Aber Tesa sucht auch darüber hinaus laufend neues Personal. Derzeit sind zehn Stellen vakant, unter anderem Elektro- und Verfahrensingenieure werden gebraucht.
Auch der neue Werksleiter Marco Bornhöft ist schon seit 2004 dabei. Er war für Tesa bereits für mehrere Jahre in Italien und Singapur. Jetzt sei er froh, mit seiner Familie zurück in Hamburg zu sein, sagt der überzeugte Tesaer. Wie hilfreich die Produkte aus seinem Werk sein können, hat er kurz nach dem Umzug persönlich festgestellt. Als die Holzverkleidung der Geschirrspülmaschine abgefallen war, klebte er sie kurzerhand wieder an. Mit einem speziellen Tesa-Doppelklebeband.