Hamburg. CDU und AfD fordern zwar ein Verbot der Gesichtsverschleierung, aber rot-grüne Mehrheit hält bestehende Regeln für ausreichend.
Im Prinzip waren die Abgeordneten ausnahmsweise mal einer Meinung: „Die Bürgerschaft lehnt eine Gesichtsverhüllung in relevanten, sensiblen öffentlichen Funktionen/öffentlichen Institutionen ab.“ So steht es in einem Antrag von SPD und Grünen, und dieser Punkt des Antrags wurde am Mittwoch einstimmig beschlossen, lediglich in Reihen der Linkspartei gab es einige Enthaltungen. „Wir sind uns doch einig“, stellte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel daher korrekt fest und freute sich über das „klare Signal dieser Bürgerschaft“.
Doch so klar war die Sache keineswegs. Zwar wurde quer durchs Parlament, von der AfD bis zur Linkspartei, Unverständnis über das Tragen von Burka, Niqab oder anderen Gesichtsschleiern geäußert. Sie passten nicht in unsere Gesellschaft, in der es elementar darauf ankomme, seinem Gesprächspartner ins Gesicht schauen und außer den Augen auch die Mimik erkennen zu können, stellten Redner fast aller Fraktionen fest. Außerdem sei die Gesichts- oder gar Ganzkörperverhüllung auch ein Symbol für die Unterdrückung der Frau.
Unterschiede von Burka, Niqab und Co.:
Unterschiede von Burka, Niqab und Co.
Dennoch wurde am Ende kein „Burka-Verbot“ beschlossen, sondern ein etwas schwammiger Mittelweg: Zwar wird die Gesichtsverschleierung in „sensiblen öffentlichen“ Bereichen wie Schulen, Behörden oder Gerichten abgelehnt – ohne dass das eine unmittelbare Auswirkung hat. Denn SPD und Grüne vertraten die Meinung, dass in diesen Bereichen ohnehin geregelt sei, dass man dort nicht vollverschleiert auftreten dürfe. Daher wurde der Senat nur aufgefordert, „weiterhin“ den jeweiligen rechtlichen Rahmen „vollständig auszuschöpfen“. Außerdem soll der Senat „prüfen“, ob sich aus einem geplanten Gesetz auf Bundesebene Handlungsbedarf für Hamburg ergibt. Es sieht vor, dass Beamte und Soldaten im Dienst nicht verschleiert auftreten dürfen.
„Verhindert die Kommunikation“
CDU und vor allem AfD wollten hingegen viel weiter gehen. So hatte die AfD beantragt, die Verhüllung von Frauen im öffentlichen Raum generell zu untersagen. „Die Vollverschleierung verhindert die Kommunikation zwischen Menschen“, sagte AfD-Fraktionschef Jörn Kruse und bezeichnete die Schleier als „mobile Frauengefängnisse“. Bedenken aller anderen Parteien, dass ein generelles Verbot nicht mit den im Grundgesetz verankerten Freiheitsrechten vereinbar sei, wischte AfD-Innenexperte Dirk Nockemann mit dem Verweis auf Frankreich zur Seite: Dort sei auch ein Burka-Verbot beschlossen und sogar vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt worden. Also sei das auch in Deutschland möglich. Das sah die Mehrheit jedoch anders und lehnte den Antrag ab.
Rechtsexperte zitierte Montesquieu
Das galt auch für den Vorstoß der CDU. Die hatte ein „Verbot der Vollverschleierung in sensiblen öffentlichen Bereichen, insbesondere an Hochschulen und Schulen, in Kindergärten, im Bereich der allgemeinen Sicherheit und Ordnung sowie bei Wahlen“ beantragt. Dort eine Verhüllung des Gesichts nicht zu dulden entsprach zwar im Prinzip der Haltung von SPD und Grünen – jedoch mit dem Unterschied, dass die Koalition eben die bestehenden Regeln für ausreichend hielt. SPD-Rechtsexperte Urs Tabbert zitierte daher den französischen Philosophen Montesquieu: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“
CDU-Fraktionsvize Karin Prien sah hingegen sehr wohl Regelungsbedarf, zum Beispiel an Schulen, und bezeichnete die rot-grüne Haltung als inkonsequent: „Es passt zur passiven Senatspolitik in Integrationsfragen, wenn nun mit durchsichtigen Manövern unter Vorspiegelung falscher Tatsachen auf den Bund verwiesen wird, um die eigene Untätigkeit zu rechtfertigen.“
De Maiziere sieht Verbot kritisch: