Hamburg. CDU und AfD fordern zwar ein Verbot der Gesichtsverschleierung, aber rot-grüne Mehrheit hält bestehende Regeln für ausreichend.

Im Prinzip waren die Abgeordneten ausnahmsweise mal einer Meinung: „Die Bürgerschaft lehnt eine Gesichtsverhüllung in relevanten, sensiblen öffentlichen Funktionen/öffentlichen Institutionen ab.“ So steht es in einem Antrag von SPD und Grünen, und dieser Punkt des Antrags wurde am Mittwoch einstimmig beschlossen, lediglich in Reihen der Linkspartei gab es einige Enthaltungen. „Wir sind uns doch einig“, stellte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel daher korrekt fest und freute sich über das „klare Signal dieser Bürgerschaft“.

Doch so klar war die Sache keineswegs. Zwar wurde quer durchs Parlament, von der AfD bis zur Linkspartei, Unverständnis über das Tragen von Burka, Niqab oder anderen Gesichtsschleiern geäußert. Sie passten nicht in unsere Gesellschaft, in der es elementar darauf ankomme, seinem Gesprächspartner ins Gesicht schauen und außer den Augen auch die Mimik erkennen zu können, stellten Redner fast aller Fraktionen fest. Außerdem sei die Gesichts- oder gar Ganzkörperverhüllung auch ein Symbol für die Unterdrückung der Frau.

Unterschiede von Burka, Niqab und Co.:

Unterschiede von Burka, Niqab und Co.

Burka, Niqab, Hidschab: In der islamischen Welt tragen Frauen verschiedene Verschleierungen. Sie unterscheiden sich stark voneinander. Die extremste Form der Verschleierung ist die Burka. Das Ganzkörpergewand, das die Augen mit Stoff verdeckt, ist vor allem in Afghanistan und Pakistan verbreitet. In Afghanistan sind die Burkas meist blau, sie werden aber auch in anderen Farben gefertigt. Am meisten verbreitet in europäischen Ländern sind...
Burka, Niqab, Hidschab: In der islamischen Welt tragen Frauen verschiedene Verschleierungen. Sie unterscheiden sich stark voneinander. Die extremste Form der Verschleierung ist die Burka. Das Ganzkörpergewand, das die Augen mit Stoff verdeckt, ist vor allem in Afghanistan und Pakistan verbreitet. In Afghanistan sind die Burkas meist blau, sie werden aber auch in anderen Farben gefertigt. Am meisten verbreitet in europäischen Ländern sind... © imago/Paulo Amorim | imago stock&people
... die schwarzen Burkas. Die Vollverschleierung dient auch dazu, ärmere Kleidung zu verbergen. Bis zum Ende der Taliban-Herrschaft in Afghanistan galt eine Burka-Pflicht. Trotzdem verlassen die meisten Frauen das Haus nach wie vor nicht ohne die Verschleierung.
... die schwarzen Burkas. Die Vollverschleierung dient auch dazu, ärmere Kleidung zu verbergen. Bis zum Ende der Taliban-Herrschaft in Afghanistan galt eine Burka-Pflicht. Trotzdem verlassen die meisten Frauen das Haus nach wie vor nicht ohne die Verschleierung. © REUTERS | © Gonzalo Fuentes / Reuters
Das zweite traditionelle Kleidungsstück der Vollverschleierung ist der sogenannte Niqab. Der Unterschied zur Burka besteht darin, dass die Augenpartie sichtbar ist. Seinen Ursprung hat der Niqab in der Beduinen-Kultur auf der Arabischen Halbinsel, er diente in erster Linie als Sonnenschutz. Es gibt wie auch bei den anderen Kleidungsstücken diverse Variationen. Der einfache Niqab wird hinter dem Kopf verknotet, eine andere Variante wird mit einem Stirnband befestigt. Vor allem...
Das zweite traditionelle Kleidungsstück der Vollverschleierung ist der sogenannte Niqab. Der Unterschied zur Burka besteht darin, dass die Augenpartie sichtbar ist. Seinen Ursprung hat der Niqab in der Beduinen-Kultur auf der Arabischen Halbinsel, er diente in erster Linie als Sonnenschutz. Es gibt wie auch bei den anderen Kleidungsstücken diverse Variationen. Der einfache Niqab wird hinter dem Kopf verknotet, eine andere Variante wird mit einem Stirnband befestigt. Vor allem... © Gwendoline Le Goff / PanoramiC
... in Ägypten, Syrien, Jordanien und dem Irak tragen Frauen den Niqab. Aber auch in anderen nordafrikanischen Ländern ist die Vollverschleierung verbreitet. Die Verbote in den europäischen Ländern betreffen die Burka und auch die Niqabs – und somit alle Formen der Vollverschleierung. Der Niqab wird gewöhnlich kombiniert mit dem sogenannten Tschador. Dieser wird auch allein getragen, ...
... in Ägypten, Syrien, Jordanien und dem Irak tragen Frauen den Niqab. Aber auch in anderen nordafrikanischen Ländern ist die Vollverschleierung verbreitet. Die Verbote in den europäischen Ländern betreffen die Burka und auch die Niqabs – und somit alle Formen der Vollverschleierung. Der Niqab wird gewöhnlich kombiniert mit dem sogenannten Tschador. Dieser wird auch allein getragen, ... © dpa | Boris Roessler
... so dass die Frauen sehr viel mehr Gesicht zeigen. Der Tschador ist vor allem im Iran verbreitet. Die Frauen tragen diesen Umhang um Kopf und Körper, wobei die Motive dafür ganz unterschiedlich sind. Für einige Berufszweige ist diese Verschleierung sogar verpflichtend, zum Beispiel in Schulen.
... so dass die Frauen sehr viel mehr Gesicht zeigen. Der Tschador ist vor allem im Iran verbreitet. Die Frauen tragen diesen Umhang um Kopf und Körper, wobei die Motive dafür ganz unterschiedlich sind. Für einige Berufszweige ist diese Verschleierung sogar verpflichtend, zum Beispiel in Schulen. © imago / Xinhua
Vor der islamischen Revolution galt im Iran vorübergehend ein Verbot des Hijabs und somit jeglicher Verschleierung. Später durften Frauen nur noch mit Hijab für staatliche Institutionen arbeiten und letztlich wurde der Tschador für alle Mädchen und Frauen ab neun Jahren verpflichtend eingeführt.
Vor der islamischen Revolution galt im Iran vorübergehend ein Verbot des Hijabs und somit jeglicher Verschleierung. Später durften Frauen nur noch mit Hijab für staatliche Institutionen arbeiten und letztlich wurde der Tschador für alle Mädchen und Frauen ab neun Jahren verpflichtend eingeführt. © imago/JOKER | imago stock&people
Der Hidschab, das Kopftuch, ist die häufigste Form der Verschleierung. Ein einfaches Kopftuch bedeckt Haare, Ohren und den Hals. In zahlreichen muslimischen Ländern ist diese Form der Verschleierung Pflicht.
Der Hidschab, das Kopftuch, ist die häufigste Form der Verschleierung. Ein einfaches Kopftuch bedeckt Haare, Ohren und den Hals. In zahlreichen muslimischen Ländern ist diese Form der Verschleierung Pflicht. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Für viele Frauen ist das Kopftuch nicht nur Bekenntnis zu ihrer Religion, sondern auch ein Ausdruck von Modebewusstsein.
Für viele Frauen ist das Kopftuch nicht nur Bekenntnis zu ihrer Religion, sondern auch ein Ausdruck von Modebewusstsein. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
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Dennoch wurde am Ende kein „Burka-Verbot“ beschlossen, sondern ein etwas schwammiger Mittelweg: Zwar wird die Gesichtsverschleierung in „sensiblen öffentlichen“ Bereichen wie Schulen, Behörden oder Gerichten abgelehnt – ohne dass das eine unmittelbare Auswirkung hat. Denn SPD und Grüne vertraten die Meinung, dass in diesen Bereichen ohnehin geregelt sei, dass man dort nicht vollverschleiert auftreten dürfe. Daher wurde der Senat nur aufgefordert, „weiterhin“ den jeweiligen rechtlichen Rahmen „vollständig auszuschöpfen“. Außerdem soll der Senat „prüfen“, ob sich aus einem geplanten Gesetz auf Bundesebene Handlungs­bedarf für Hamburg ergibt. Es sieht vor, dass Beamte und Soldaten im Dienst nicht verschleiert auftreten dürfen.

„Verhindert die Kommunikation“

CDU und vor allem AfD wollten hingegen viel weiter gehen. So hatte die AfD beantragt, die Verhüllung von Frauen im öffentlichen Raum generell zu untersagen. „Die Vollverschleierung verhindert die Kommunikation zwischen Menschen“, sagte AfD-Fraktionschef Jörn Kruse und bezeichnete die Schleier als „mobile Frauengefängnisse“. Bedenken aller anderen Parteien, dass ein generelles Verbot nicht mit den im Grundgesetz verankerten Freiheitsrechten vereinbar sei, wischte AfD-Innenexperte Dirk Nockemann mit dem Verweis auf Frankreich zur Seite: Dort sei auch ein Burka-Verbot beschlossen und sogar vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt worden. Also sei das auch in Deutschland möglich. Das sah die Mehrheit jedoch anders und lehnte den Antrag ab.

Rechtsexperte zitierte Montesquieu

Das galt auch für den Vorstoß der CDU. Die hatte ein „Verbot der Vollverschleierung in sensiblen öffentlichen Bereichen, insbesondere an Hochschulen und Schulen, in Kindergärten, im Bereich der allgemeinen Sicherheit und Ordnung sowie bei Wahlen“ beantragt. Dort eine Verhüllung des Gesichts nicht zu dulden entsprach zwar im Prinzip der Haltung von SPD und Grünen – jedoch mit dem Unterschied, dass die Koalition eben die bestehenden Regeln für ausreichend hielt. SPD-Rechtsexperte Urs Tabbert zitierte daher den französischen Philosophen Montesquieu: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“

CDU-Fraktionsvize Karin Prien sah hingegen sehr wohl Regelungsbedarf, zum Beispiel an Schulen, und bezeichnete die rot-grüne Haltung als inkonsequent: „Es passt zur passiven Senatspolitik in Integrationsfragen, wenn nun mit durchsichtigen Manövern unter Vorspiegelung falscher Tatsachen auf den Bund verwiesen wird, um die eigene Untätigkeit zu rechtfertigen.“

De Maiziere sieht Verbot kritisch:

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De Maiziere sieht Verbot der Vollverschleierung kritisch

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