Hamburg. Mit dem Carsharing-Pilotprojekt “Firstmover“ stößt die Stadt auf große Ablehnung. Darum wird das Vorhaben trotzdem weiter verfolgt.

Nach fast 600 Interviews für das Carsharing-Pilotprojekt „Firstmover“ in den Test-Quartieren Eimsbüttel und Ottensen steht fest: Teilen ist nicht unbedingt das neue Haben. Zumindest nicht, wenn es um das eigene Auto geht. Denn die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass die Nachfrage für feste Carsharing-Stellplätze eher gering ist. Vielen Bewohnern ist das eigene Auto nach wie vor wichtiger als ein Leihwagen in der Nähe.

Demnach können sich in beiden Testquartieren nur 15 von 272 „Auto-Haushalten“ vorstellen, den eigenen Pkw zugunsten neuer Leihwagenstellplätze abzuschaffen. 237 Haushalte besitzen schon jetzt keinen Pkw. Wie berichtet, will der Senat mit dem Modellversuch „Firstmover“, bei dem feste Carsharing-Stellplätze etwa zehn herkömmliche Parkplätze ersetzen sollen, Autofahrer dazu bringen, auf das eigene Fahrzeug zu verzichten.

"Wir hoffen auf Nachahmungseffekte in anderen Vierteln"

Trotz der nun attestierten geringen Bereitschaft der Anwohner, auf das eigene Auto zu verzichten, zeigte sich Thiemo Schalk, Leiter für Urbane Mobilität beim Projektpartner BMW, „zufrieden“ mit den Ergebnissen. Mit Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) und Vertretern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) präsentierte er am Montag die Studie.

„Grundsätzlich war uns vorher klar, dass wir mit diesem Projekt nicht die Verkehrsprobleme der Stadt lösen“, sagte Staatsrat Rieckhof. „Aber wir hoffen auf Nachahmungseffekte in anderen Vierteln der Stadt.“ Deshalb werde das Projekt in Eimsbüttel und Ottensen auch weiterverfolgt. Anfang April sollen Anwohner in Workshops bei der Standortsuche und der Ausgestaltung der Stationen einbezogen werden.

Theoretisch könnten 120 Personen auf ihr Auto verzichten

Laut Bastian Chlond, Projektleiter beim Karlsruher Institut für Technologie, sei die Zielgruppe ohnehin größer. 33 Prozent aller befragten Pkw-Besitzer in beiden Vierteln seien „autounabhängige Pragmatiker“. Heißt: Die betreffenden 120 Personen könnten theoretisch auf ihr Auto verzichten. Praktisch zeigten sich aber nur 15 dazu bereit. Demgegenüber gebe es in den Testgebieten aber auch 30 Prozent „überzeugte Autonutzer“ und 16 Prozent, für die das eigene Auto unverzichtbar sei.

Hintergrund der Befragung ist die Annahme, dass feste Stellflächen für Leihautos die Parkplatzprobleme in dicht besiedelten Vierteln mindern und die Lebensqualität steigern könnten. Deshalb initiierte die Verkehrsbehörde das Pilotprojekt. Schon heute ist die Zahl der Leihwagennutzer in den Untersuchungsgebieten mit ihren 16.000 Einwohnern (Eimsbüttel) und 18.000 (Ottensen) hoch. Allein mehr als 3200 Kunden des Carsharing-Dienstes DriveNow leben in Eimsbüttel, in Ottensen knapp 2000.

Nach den Bürger-Workshops soll nun die Hochbahntochter „switchh“ die Standorte bis zum Ende des Jahres verwirklichen. Vom anfänglichen Prinzip, ausschließlich E-Autos zu verwenden, sei man inzwischen abgerückt. Aber sowohl Ottensen, wo laut Befragung neun Haushalte auf das Auto verzichten wollen, als auch Eimsbüttel, wo sechs Haushalte den Verzicht erklärt haben, sollen eine Firstmover-Station erhalten.