Hamburg. Mit Yared Dibaba in der Marathon-Staffel laufen! Die Haspa verlost im Abendblatt Karten. Der Moderator weist auf Not in Äthiopien hin.
Der Countdown läuft. Am 23. April, startet in Hamburg der Haspa Marathon. Yared Dibada (47) ist der Öffentlichkeit bisher vor allem als Moderator, Musiker und Schauspieler bekannt. Nun wird er mit dem Laufen neues Terrain betreten. Aber nicht nur aus Spaß, sondern um auf Ursachen von Flüchtlingsströmen – gerade aus Afrika – aufmerksam zu machen.
Herr Dibaba, dass Sie Fußball spielen können, weiß man. Aber auch die Teilnahme an einem Marathon war einmal geplant. Wie sieht’s aus?
Yared Dibaba: Ich bin dabei! Zwar nur als Mitglied einer Staffel, aber immerhin. Für mehr Training fehlt mir die Zeit. Ich habe auch noch ein Familienleben. Vor zwei oder drei Jahren wollte ich tatsächlich die ganze Strecke laufen, aber dann wurde ich krank.
Dann ist der Grund für Ihre Teilnahme an einem von Hamburgs größten Sportevents also eher Selbstvermarktung denn die Befriedigung von sportlichem Ehrgeiz?
Yared Dibaba: Aber nein! Meine potenziellen Mitläufer können sich auf mich verlassen. Ich bringe meine Leistung. Ich bin vielleicht nicht der ehrgeizigste Jogger, aber auch ich laufe zwei- bis dreimal pro Woche fast zehn Kilometer.
Wann, wo, wie?
Yared Dibaba: Morgens zwischen sechs und sieben Uhr an der Elbe entlang, bis ich total ausgepumpt zum letzten Sprint bergauf nach Hause ansetze. Da lasse ich noch mal die Sau raus.
Eigentlich soll man sich beim Laufen unterhalten können ...
Yared Dibaba: Bloß nicht. Ich bin froh, diese eine Stunde für mich allein zu haben. Das ist meine schöne Insel für den Tag. Da will ich nicht reden, nur ein paar Dinge im Kopf durchgehen und danach alles loslassen.
Und dann gibt es zur Belohnung ein üppiges Frühstück? Oder sind Sie eher der Essen verweigernde Morgenmuffel?
Yared Dibaba: Ich brauche auf jeden Fall ein gutes Frühstück. Manchmal esse ich auch Müsli, aber eigentlich mag ich es ungesund. Das heißt Brötchen, Aufschnitt und mal ein Spiegelei. Lecker!
Sie sind nicht nur Moderator, Schauspieler, touren als Musiker mit der Band Schlickrutscher durchs Land, sondern sind auch Spezialist für Niederdeutsch. Was heißt „Dibaba läuft“ auf Platt?
Yared Dibaba: „Dibaba löppt“.
Das ist einfach. Aber müssen Hamburger Schüler wirklich Abitur in Niederdeutsch machen, wie kürzlich beschlossen? In einer globalisierten Welt zurück zum regionalen Anfang?
Yared Dibaba: Man muss zurück zu den Wurzeln. Sprache ist ein wichtiger Teil der Geschichte. Nur wenn ich meine Wurzeln kenne, weiß ich, wer ich bin. Und respektiere die anderen.
Ein frommer Wunsch. Die Flüchtlingsfrage spaltet gerade die Gesellschaft ...
Yared Dibaba: Umso wichtiger ist es aufzuklären. Zu erzählen, was sich für Gräueltaten und Ungerechtigkeiten in der Welt abspielen. Warum Menschen ihr Leben hinter sich lassen und zu uns nach Europa in die Sicherheit flüchten. Ich weiß, wovon ich spreche. Auch meine Eltern flüchteten einst mit ihren Kindern aus Äthiopien. Dort herrscht Bürgerkrieg. Noch immer. Aber es ist nicht nur der Krieg, der die Menschen in die Not treibt. Es sind auch wirtschaftliche Entscheidungen.
Was meinen Sie?
Yared Dibaba: Ein Beispiel: Rund um Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba werden seit Jahren Landwirte von ihren Grundstücken vertrieben und enteignet, weil man mehr Rosenfelder anlegen will. Millionen von roten Rosen werden jedes Jahr aus Äthiopien eingeflogen. Rosen, damit Blumenfans im Winter ihre Wohnungen schmücken können.
Die sogenannten Blutrosen ...
Yared Dibaba: Man muss wissen: Mit diesem Konsum bezahlen wir Landraub und die Vertreibung der Menschen in die Stadt. Dort rutschen sie in die Armut ab, weil sie keine Perspektive haben.
Was ist zu tun?
Yared Dibaba: Mit diesen Ländern darf man nicht ohne Weiteres und unkritisch kooperieren. Wenn wir das Flüchtlingsproblem lösen wollen, müssen wir an die Ursachen gehen. Das bedeutet, bei Konsumgütern aus Ländern wie Äthiopien sehr genau hinzusehen und zu prüfen, unter welchen Umständen sie entstanden sind. Und dann auch, wenn es nötig ist, Nein zu sagen. Die Industrienationen dürfen dort nicht länger billig einkaufen. Sie sind mitschuldig am Elend dieser Welt.
Was tun Sie konkret dagegen?
Yared Dibaba: Am 29. April moderiere ich im Esche Jugendkunsthaus eine Veranstaltung in Kooperation mit der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ zum Thema „Äthiopien – Oromia im Ausnahmezustand“. Die Oromo sind eines der größten Völker in Äthiopien, werden aber diskriminiert und leiden unter Landraub und Gebietsreformen. Friedliche Proteste werden gewaltsam von Sicherheitskräften beendet – zuletzt mit bis zu 678 Toten. Viele Oromo fliehen und kommen auch nach Deutschland.
Dennoch scheint die Stimmung gegen die Flüchtlinge zu kippen?
Yared Dibaba: Das erlebe ich so nicht. Mein Eindruck ist, dass Hilfsorganisationen und Privatengagement nachhaltig sind. Noch ein Beispiel: Über die Haspa-Stiftung engagiere ich mich für das Projekt Akonda „Eine-Welt-Café“. Wir helfen unter anderem Kindern aus Migrantenfamilien beim Spracherwerb, geben Nachhilfe, um sie fit zu machen für das Leben in der neuen Gesellschaft. Gute Sprachkenntnisse verhelfen zu sozialer Kompetenz. Wir bieten natürlich auch Sport an, denn Sport ist integrativ. Für Akonda laufe ich auch den Marathon mit. Dibaba löppt.
Es gibt eine berühmte 1500-Meter-Weltmeisterin mit Ihrem Nachnamen. Sind Sie verwandt mit Genzebe Dibaba?
IYared Dibaba: ch behaupte manchmal, sie ist meine Schwester, um Gegnern Angst vor mir zu machen ... Nein, im Ernst. Dibaba ist ein verbreiteter Name in Äthiopien. Ich kenne sie nicht.
Yared Dibaba und die Schlickrutscher, Tour 2017: 7.4. Flensburg, 8.4. Aurich 20.4. Bremen, 17.10. in Hamburg in der Markthalle.