Hamburg . In Bahrenfeld befindet sich eine der kleinsten Ruhestätten der Stadt. Die Preise für Begräbnisse liegen weit unter dem Durchschnitt.

Er ist schon eine absolute Rarität. Am Bahrenfelder Holstenkamp 80 bis 82, hinter großen Gittertoren, liegt Hamburgs ungewöhnlichster Friedhof verborgen. Mit 6932 Quadratmetern zählt er zu den kleinsten der Stadt. Eine Kapelle suchen Besucher vergeblich. Eine Friedhofsverwaltung oder Maschinen gibt es nicht. Hier wird tatsächlich per Hand gegraben. Das schlägt sich wiederum auf die Preise nieder. Die liegen weit unter dem Hamburger Durchschnitt.

„Der Mennonitenfriedhof ist der Friedhof in Hamburg mit den moderatesten Preisen. Das ist amtlich“, sagt Heike Höpner. Sie ist für die Pressearbeit der Mennonitengemeinde, einer evangelischen Freikirche, verantwortlich. Vor drei Jahren entschied der Kirchenrat, drei Fünftel des günstigsten Preises anderer Gemeinden für eine Sargbestattung aufzurufen. Das sind 1640 Euro, Komplettpreis. Gemeindemitglieder zahlen weniger.

Urnenbestattung kostet 298 Euro

Für eine anonyme Urnenbestattung werden 298 Euro verlangt. Zum Vergleich: Auf Hamburgs größten städtischem Friedhof in Ohlsdorf kostet die anonyme Urnenbeisetzung 1000 Euro, hinzu kommen weitere Gebühren für die Einäscherung. Eine Sargbesetzung schlägt mit mindestens 2000 Euro zu Buche.

Eine weitere Besonderheit der Bahrenfelder Ruhestätte: Trotz seiner überschaubaren Größe und obwohl es sich um einen christlichen Kirchenfriedhof handelt, ist hier für alle Platz. Denn die Konfession des Toten ist bei den Mennoniten unwichtig, genauso wie die Todesumstände. „Wir machen keine Unterschiede. Auch bei den Eheschließungen spielt die Konfession oder das Geschlecht keine Rolle“, sagt Höpner.

Heike Höpner vom Mennoniten Friedhof
Heike Höpner vom Mennoniten Friedhof © HA / Klaus Bodig

Vor einem halben Jahrtausend flohen die verfolgten Mennoniten aus den Niederlanden in die damals von Hamburg unabhängige Stadt Altona. Der dänische König Friedrich III. gewährte den Bewohnern die Glaubensfreiheit, und so bauten die Mennoniten ihre Kirche auf der Großen Freiheit. Heute steht der Nachfolgebau in Altona an der Mennonitenstraße. Der Friedhof zog 1936 an seinen heutigen Standort an den Holstenkamp in Bahrenfeld um.

Große Freiwilligenaktion

Eins hat sich seither nicht geändert: Auf dem Friedhof packen die Gemeindemitglieder selber an. „Wir haben keine fest angestellten Mitarbeiter und keinen Fuhrpark“, sagt Höpner. Dafür sei der Friedhof zu klein. Vielmehr pflegten alle die Anlage. Zweimal im Jahr gibt es eine große Freiwilligenaktion. Allein ein Gärtner unterstützt auf Stundenbasis. Er übernimmt vor allem die Begräbnisse. Ohne Maschinen bedeutet das, er muss tatsächlich noch zur Schaufel greifen. Für eine Erdbestattung benötigt er so sieben Stunden, um die Grabstelle zu öffnen, und neun Stunden, um sie wieder zu schließen.

Rund 1000 Gräber umfasst der Friedhof. Platz ist vorhanden. Zahlen zum genauen Leerstand gibt es nicht. Denn die Mennoniten machen sich im Vergleich zu anderen Kirchengemeinden keine Sorgen darum. „Für uns ist das kein Wirtschaftsfaktor. Wir verlieren nichts, wenn es leere Grabstellen gibt“, sagt Höpner.

Einige große Namen

So schlicht die Preise sein mögen und so klein der Friedhof ist, trotzdem finden sich einige große Namen unter den Verstorbenen. Unter anderem liegen der Mäzen und Hamburger Ehrenbürger Helmut Greve sowie „Dinner for One“-Regisseur Heinz Dunkhase hier begraben. Zahlreicher Persönlichkeiten, die einst Altona geprägt haben, wird auf dem historischen Teil des Mennonitenfriedhofs gedacht. Für diesen unter Denkmalschutz stehenden Teil gibt es seit Kurzem eine aufwendig recherchierte Datensammlung.

Unter www.historischer-mennonitenfriedhof.de lassen sich die bis zu 340 Jahre alten Familiengeschichten samt Ahnentafeln und Familienwappen nachlesen. In das ehrenamtliche Projekt haben Höpner und Helfer Tausende Stunden investiert. Warum sie das tat? Höpner erinnert an Bertolt Brecht und zitiert: „Die Verstorbenen sind erst wirklich tot, wenn sich niemand mehr ihrer erinnert.“ Wenn das stimmt, dann hat sie so viele Altonaer Familien unsterblich gemacht.