Hamburg. Bei Lufthansa Technik ringt man um die Zukunft der 400 Beschäftigten des Bereichs Flugzeugüberholung.
Die Luftfahrtbranche ist extrem schwankungsanfällig. Trotzdem hat es bei Lufthansa Technik in Hamburg bisher noch nie Entlassungen gegeben. Auch wenn sie – so wie etwa Ende 2012 – vom Unternehmen nicht ausgeschlossen wurden, konnte der Stellenabbau dann stets sozial verträglich umgesetzt werden. Doch nun ändert sich der Ton in bemerkenswerter Weise: Der Vorstand droht Mitarbeitern mit „Änderungskündigungen oder betriebsbedingten Beendigungskündigungen“. Das geht aus einem internen Schreiben des Betriebsrats hervor, das dem Abendblatt vorliegt.
Am 13. Dezember hatte Johannes Bußmann, der Chef von Lufthansa Technik, den Beschluss verkündet, die Flugzeugüberholung am Standort Hamburg einzustellen. Ende Mai soll nach derzeitiger Planung Schluss sein. Betroffen davon sind rund 400 Beschäftigte. Merkwürdig ist: Damals hatte das Unternehmen zugesichert, im Zusammenhang mit der Schließung der Flugzeugüberholung würden keine betriebsbedingten Kündigungen vorgenommen. Einzelheiten sollten in Verhandlungen über einen Interessenausgleich für die Mitarbeiter geklärt werden.
Drohung mit Entlassungen baut Druck auf
Aber noch vor dem geplanten Beginn dieser Verhandlungen habe der Vorstand vor einigen Tagen in einem zweiseitigen Schreiben mit Vorschlägen für den Interessenausgleich explizit die Möglichkeit von Entlassungen erwähnt, sagt Torsten Schmidt, der Betriebsratsvorsitzende von Lufthansa Technik: „Das hat uns aufgeschreckt.“ Vom Unternehmen heißt es zu dem Vorgang lediglich, die Gespräche seien noch nicht abgeschlossen.
„Wir gehen davon aus, dass die Zusage des Vorstands aus dem Dezember, wonach Kündigungen ausgeschlossen sind, rechtsgültig ist“, so Schmidt. Ohnehin geht es der Unternehmensspitze jetzt wohl vor allem darum, durch die Drohung mit Entlassungen Druck auf die Arbeitnehmerseite aufzubauen, damit sie im Hinblick auf Versetzungen der betroffenen Beschäftigten und auf den Interessenausgleich keine allzu anspruchsvollen Forderungen stellt.
Denn ein Großteil der Mitarbeiter in der Flugzeugüberholung wird angesichts der dortigen Altersstruktur entweder einem Altersteilzeitangebot zustimmen oder genießt wegen der langen Betriebszugehörigkeit einen tarifvertraglichen Kündigungsschutz.
Sollten sich aber Beschäftigte mehrfach und beharrlich weigern, auf einen anderen Arbeitsplatz innerhalb des Unternehmens zu wechseln, ist eine Kündigung auch nach Angaben der Gewerkschaft Ver.di zulässig. Diese Regelung dürfte jedoch nur in sehr wenigen Fällen zur Anwendung kommen.
Keine Einigung auf einen Interessenausgleich
Im Umfeld der Hamburger Tochter des Lufthansa-Konzerns geht man davon aus, dass der Vorstand das Problem, eine Lösung für alle Mitarbeiter der Sparte Flugzeugüberholung zu finden, schnell vom Tisch haben will – daher der Hinweis auf mögliche Entlassungen.
Allerdings sei die Unternehmensführung selber mit verantwortlich dafür, dass Beschäftigte sich bisher nur zögerlich auf andere Stellen bei Lufthansa Technik bewerben, sagt Schmidt. Er nennt dazu ein Beispiel: „In der Triebwerksüberholung würde man deutlich weniger verdienen. Es ist aber derzeit unklar, ob ein Mitarbeiter, der dort hingeht, diesen Nachteil ausgeglichen bekäme.“ Denn es gebe ja keine Einigung auf einen Interessenausgleich.
Dabei hatte der Vorstand zugestimmt, dass sich andere Bereiche den Beschäftigten der Flugzeugüberholung vorstellen dürfen – während der Arbeitszeit. Hatte aber jemand an den Tagen nach Abschluss dieser Vorstellungsrunde noch Nachfragen, musste er sie in der Freizeit stellen, sagt Schmidt. Schon ein solches Detail zeige die neue, härtere Haltung der Firmenleitung, findet der Betriebsratsvorsitzende.
7000 Beschäftigte bei Lufthansa Technik in Hamburg
Den zunehmenden wirtschaftlichen Druck angesichts des immer intensiveren Wettbewerbs in der Branche hat die Belegschaft eines anderen Bereichs im vorigen Jahr zu spüren bekommen: In der Triebwerksüberholung wurde ein Stellenabbau von 1800 auf 1100 Positionen in Hamburg beschlossen, die verbleibenden Mitarbeiter der Sparte machten Zugeständnisse bei den Konditionen. Insgesamt hat Lufthansa Technik in der Hansestadt noch rund 7000 Beschäftigte.
Nachdem der Vorstand die Vorstellungen des Betriebsrats zum Interessenausgleich für das Personal der Flugzeugüberholung als unannehmbar zurückgewiesen habe, werde dazu nun eine Einigungsstelle beim Arbeitsgericht angerufen, sagt Schmidt und fügt an: „Eine Verhandlung für gescheitert zu erklären, die noch gar nicht stattgefunden hat, ist ungewöhnlich und zeigt ein neues lufthansaspezifisches Verständnis der gelebten ‘Sozialpartnerschaft’“. Zwar geht Schmidt dennoch davon aus, dass auch der Vorstand für jeden betroffenen Mitarbeiter eine gute Lösung erreichen will. „Aber dazu muss man sich an den Verhandlungstisch setzen.“