Hamburg. Firmenchefs im neuen Plenum der Handelskammer beschäftigen 6000 Mitarbeiter. Allein 5000 davon sind bei der Haspa.

Am Donnerstag hieß es Abschied nehmen. Zum letzten Mal traf sich am Nachmittag das Plenum der Handelskammer in seiner alten Zusammensetzung. Seit der Kammerwahl steht nämlich fest: Etwa drei Viertel der bisherigen Mitglieder des Kammerparlaments müssen ihren Platz räumen. 55 der 58 Plenarsitze werden künftig von Anhängern der Gruppe „Die Kammer sind wir!“ eingenommen.

Statt Managern aus vielen großen und namhaften Unternehmen in der Stadt werden künftig viele Unternehmer, die kleinere Firmen führen, die Geschicke der Kammer wesentlich mitbestimmen. Wie intensiv nach dem Sieg der Kammerrebellen der Personalwechsel im Plenum ist, war schon bekannt. Nun gibt es auch Zahlen darüber, wie viele Mitarbeiter die Unternehmen beschäftigen, die einen Vertreter im Kammerplenum haben.

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Das Abendblatt hat das von der Kammer ermitteln lassen, das Ergebnis ist überraschend: Es sind gerade einmal 6000 Beschäftigte. Gemessen an der Gesamtzahl von gut 850.000 Arbeitsplätzen in Hamburger Unternehmen, für die die Handelskammer nach eigenen Angaben zuständig ist, sind das etwa 0,7 Prozent. Und: Gut 5000 dieser 6000 Arbeitsplätze sind in nur einem Unternehmen angesiedelt – der Hamburger Sparkasse. Deren Vorstandssprecher Harald Vogelsang hatte als einer von drei Nicht-Anhängern der Kammerrebellen den Sprung ins Parlament geschafft.

Auch die Zahl der Auszubildenden in den im Plenum künftig vertreten Firmen ist deutlich geringer als zuvor: Diese Zahl sinkt von 970 auf 340. Allerdings: Die im alten Plenum vertretenen Firmen repräsentierten ebenfalls bei Weitem nicht die Mehrheit der Hamburger Arbeitsplätze. Mit 23.000 Mitarbeitern standen sie aber für annähernd viermal so viele Beschäftigte wie das künftige Plenum.

„Sportliche Herausforderung für das Plenum“

„Das ist eine sportliche Herausforderung für das Plenum, eine Repräsentanz und Legitimation zu erhalten“, sagte Globetrotter-Chef Andreas Bartmann, der noch amtierende Vizepräses der Handelskammer. Nicht mehr Siemens, die Hamburger Volksbank oder Budnikowsky sind künftig in der Wirtschaftsrepräsentanz vertreten, sondern Firmen wie die MTex Goetz + ­Goetz Warenhandelsgesellschaft mbH, die IT Service U. Montzka oder beispielsweise die TTH – Techno Trade Hamburg GmbH. Um eine Stellungnahme des Rebellen-Sprechers und voraussichtlich neuen Kammer-Präses Tobias Bergmann zu den Zahlen bemühte das Abendblatt sich am Donnerstag vergeblich.

Dass der Wandel Folgen haben wird, ist abzusehen. Denn das Plenum ist das höchste Entscheidungsgremium der Handelskammer. Es bestimmt die Richtlinien ihrer Arbeit und verwaltet ihre Finanzen. Und die Rebellen haben schon angekündigt, was sie umsetzen wollen: Pflichtbeiträge sollen abgeschafft und die Leistungen des Hauses zusammengestrichen werden.

„Wir fühlen uns durch dieses Plenum nicht mehr repräsentiert“, sagt Pieter Wasmuth, Generalbevollmächtigter von Vattenfall (3000 Mitarbeiter in Hamburg), der selbst vergeblich um einen Sitz in der Kammer gekämpft hatte. Stefan Wulff, Geschäftsführer des traditionsreichen Hamburger Bauunternehmens Otto Wulff und Chef von mehr als 400 Mitarbeitern, sieht es etwas anders: „Die Anzahl an Arbeitsplätzen, die das Plenum künftig repräsentiert, ist wirklich erschreckend gering. Ich werde mich aber weiter in der Kammer engagieren und will wie bisher im Ausschuss für Stadt- und Regionalentwicklung mitarbeiten.“ Viele weitere Unternehmer denken ähnlich.

So auch Globetrotter-Chef Bartmann und Willem van der Schalk, Chef der Spedition a.hartrodt (2000 Mitarbeiter). „Wir respektieren das Ergebnis der Wahl, und wir müssen abwarten, welche Rolle das Plenum einnehmen wird“, sagt er. „Ich hoffe aber, dass die Kontinuität der Kammer durch die Arbeit in den Ausschüssen gewährleistet wird.“

Rentenansprüche sollen gekürzt werden

Nicht nur in den ehrenamtlichen Gremien der Kammer ändert sich vieles. Tobias Bergmann hat bereits kurz nach der Wahl angekündigt, dass zahlreiche der 226 Vollzeit- und 66 Teilzeitstellen in der Kammer abgebaut und Rentenansprüche von Mitarbeitern gekürzt werden sollen. Der Personalrat hatte im Abendblatt bereits seinen Widerstand dagegen angekündigt.

Bei einer Personalversammlung am Donnerstag im Albert-Schäfer-Saal der Kammer trafen beide Seiten auf­einander Über Inhalte und Ergebnisse des Gesprächs wurde von den Beteiligten Vertraulichkeit vereinbart. Aus den Reihen der Beschäftigten hieß es nach dem Treffen aber: „Keine unserer Fragen konnte ausreichend beantwortet werden.“