Hamburg. Das viel gescholtene Hamburger Schulsystem ist besser geworden. Gleichwohl kritisieren die Verfasser die relativ hohe Förderquote.

Hamburgs Schulsystem hat laut einer Bildungsstudie in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Sei es bei der Inklusion, bei den Ganztagsschulen, bei den Abitur- oder Abbrecherquoten – in allen Bereichen habe sich die Hansestadt deutlich positiv entwickelt, heißt es in dem am Mittwoch vorgestellten „Chancenspiegel 2017“ der Bertelsmann-Stiftung. Probleme gebe es allerdings bei der Kompetenzförderung und beim relativ starken Anstieg der Förderquote.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte die Zunahme von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Vergangenheit auch mit dem Perspektivwechsel bei der Inklusion erklärt: „Kinder, deren auffälliges Lernverhalten früher toleriert wurde, gelten heute als sonderpädagogisch förderbedürftig.“

Hamburg mit höchster Ganztagsschüler-Quote

Für den „Chancenspiegel 2017“ hat die Bertelsmann-Stiftung nach eigenen Angaben zusammen mit der Technischen Universität Dortmund und der Friedrich-Schiller-Universität Jena schulstatistische Daten aus allen Bundesländern von 2002 bis 2014 ausgewertet.

Und danach wies Hamburg im zuletzt untersuchten Schuljahr etwa mit 88 Prozent die bundesweit höchste Ganztagsschüler-Quote auf. In Bayern waren es den Angaben zufolge dagegen im Schuljahr 2014/15 nur 15 Prozent. Und auch bei der Abiturquote lag die Hansestadt 2014 mit 62,5 Prozent bundesweit auf Platz eins, während in Sachsen-Anhalt nur 38,1 Prozent der Schüler die Hochschulreife erlangten.

Bei der Förderquote verorten die Studienverfasser Hamburg im Ländervergleich nur in der mittleren, im Schuljahr 2013/14 mit 8,8 Prozent sogar in der unteren Gruppe. So sei die Quote von 2002 bis 2014 um 2,6 Punkte und damit deutlich stärker als der Ländermittelwert von 1,3 Punkten gestiegen. Im laufenden Schuljahr 2016/17 liegt der sonderpädagogischen Förderbedarf nach Angaben der Schulbehörde bei 6,9 Prozent aller Schüler. Beim überwiegenden Teil von ihnen handele es sich um Schüler mit Schwierigkeiten in den Bereichen Lernen, Sprache und emotionale Entwicklung (LSE).

Positive Entwicklung bei Inklusion

Positiv hat sich Hamburg den Angaben zufolge beim Thema Inklusion entwickelt. So sei die Quote jener förderbedürftigen Schüler, die mit nicht behinderten Kindern und Jugendlichen gemeinsam unterrichtet werden, von 2002 bis 2014 um 45,1 Punkte auf 59,6 Prozent gestiegen - 20,7 Prozentpunkte mehr als im Ländermittelwert.

Im laufenden Schuljahr besuchen laut Schulbehörde sogar schon 64 Prozent der förderbedürftigen Schüler eine allgemeinbildende Schule. Entsprechend rückläufig ist nach Angaben der Wissenschaftler die Exklusionsquote, also der Anteil jener Schüler, die weiter auf eine spezielle Förderschule gehen. Sie sank im Laufe der Jahre um 1,5 Punkte auf 3,4 Prozent im Schuljahr 2014/15.

Nicht zufrieden sind die Forscher jedoch mit dem Ausschöpfen der Schülerpotenziale. Die Aufbereitung der Daten aus den Schulleistungsuntersuchungen hätten für Hamburg über alle Schulstufen und Kompetenzbereiche hinweg ein eindeutiges Ergebnis ergeben: „Die erzielten Leistungen der getesteten Schülergruppe führen (...) überwiegend zu Zuordnungen zur Ländergruppe mit vergleichsweise geringen Kompetenzständen“, heißt es in der Untersuchung.