Hamburg. Jeder der 16 Azubis aus Syrien und Afghanistan bekommt Mitarbeiter als Paten an die Seite. 200 freie Busfahrer-Jobs im Unternehmen.

Auf den ersten Metern sieht es noch etwas holprig aus. Mohammad Mohammad schaut konzen­triert – besonders, als er den zwölf Meter langen Bus um die Kurve lenken soll. Aber spätestens in der zweiten Runde, die er auf dem Gelände des Hochbahn-Betriebshofs in Langenfelde dreht, sehen seine Gesichtszüge schon deutlich entspannter aus. Und als er den Bus dann wieder zum Stehen bringt, gibt es einen Schulterklopfer und Lob vom Fahrtrainer, der die ersten Versuche am Lenkrad begleitet hat: „Das hast du super gemacht.“ Mohammad strahlt. Bis der 38-Jährige eigenverantwortlich auf Hamburgs Straßen unterwegs sein kann, werden zwar noch ein paar Monate vergehen. Aber einmal ist eben immer das erste Mal.

Sie müssen Deutsch sprechen

Mohammad ist einer von 16 Flüchtlingen, die Anfang Februar eine Ausbildung zum Busfahrer bei der Hamburger Hochbahn begonnen haben. Sie kommen aus Afghanistan, Irak, Iran, Eritrea, Kamerun und – wie Mohammad – aus Syrien. 125 Flüchtlinge hatten sich um die Teilnahme an dem Ausbildungsprojekt beworben, doch viele scheiterten an den Zugangsvoraussetzungen. „Die Bewerber mussten entweder eine Asylberechtigung nachweisen oder einen Asylantrag mit guter Bleibeperspektive gestellt haben. Außerdem mussten sie bereits einen Integrationskurs absolviert haben und über grundlegende Deutschkenntnisse etwa auf B1-Niveau verfügen“, berichtet Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum. Dass zu den 16 Flüchtlingen, die es geschafft haben, keine Frau gehört, bedaure man. „Wir hätten gerne auch Frauen dabeigehabt, aber bei den wenigen, die sich beworben haben, waren die Deutschkenntnisse nicht ausreichend“, so Kreienbaum.

Zwölf Monate Ausbildung

Die Ausbildung der Flüchtlinge erfolgt in Kooperation mit der Prüfgesellschaft Dekra und dauert zwölf Monate. Seit Februar sind die Tage der zukünftigen Busfahrer straff organisiert: vormittags Fahrschule und Vorbereitung auf die Prüfung zum Pkw-Führerschein und nachmittags Intensivkurse in Deutsch. Anfang Mai starten die Bewerber dann in die sechsmonatige Ausbildung zum Erwerb des Busführerscheins – ebenfalls begleitet von zusätzlichen Deutschkursen. Im Anschluss daran folgt ein dreimonatiges Praktikum und eine innerbetriebliche Ausbildung bei der Hochbahn. Wenn die Abschlussprüfung und das Praktikum erfolgreich beendet sind, sollen sie einen Arbeitsvertrag bei der Hochbahn bekommen. „Unser Ziel ist es, alle 16 Auszubildenden zu übernehmen“, so Kreienbaum. Das Gesamtprojekt wird übrigens finanziell von der Arbeitsagentur und vom Jobcenter unterstützt.

Paten sollen Tipps geben

Bereits im vergangenen Sommer hatten die Vorbereitungen für das Ausbildungsprojekt begonnen. Um die Flüchtlinge anzuwerben, sei man direkt auf die Flüchtlingsinitiativen der Stadt zugegangenen. Ein wichtiger Punkt des Konzepts ist der Gedanke der betriebsinternen Patenschaften. „Jeder Flüchtling bekommt einen Paten zur Seite gestellt, der ihn unterstützt und ihm praktische Tipps gibt.“ Alle Paten hatten sich nach einem internen Aufruf freiwillig gemeldet.

Für Mohammad ist der Busfahrer Farhad Aryanejad zuständig. Für den 36-Jährigen war es selbstverständlich, dass er sich als Pate gemeldet hat – zumal er vor 15 Jahren selbst als Flüchtling aus Iran nach Deutschland gekommen ist. „Es gibt vieles, was ich Mohammad mit auf den Weg geben möchte“, sagt er. „Mit der Entscheidung, Busfahrer zu werden, hat er aber schon mal sehr vieles richtig gemacht. In dem Beruf lernt man die Stadt kennen, und man kommt in Kontakt zu vielen Menschen und verbessert so schnell seine Deutschkenntnisse.“ Darauf setzt auch Mohammad, der in seiner Heimat eigentlich als Fotograf tätig war. „Hier als Busfahrer arbeiten zu können ist für mich eine große Chance, um in der Stadt Fuß zu fassen. Der Job ist auch wichtig, damit ich für meine Familie da sein kann.“

Projekt erst der Anfang

Für die Hamburger Hochbahn soll das Projekt erst der Anfang sein. „Wenn es sich bewährt, sollen weitere Ausbildungen folgen“, so Vorstandsvorsitzender Henrik Falk. Das Unternehmen ist derzeit dringend auf der Suche nach neuem Personal. „Allein in diesem Jahr suchen wir über 200 Busfahrerinnen und Busfahrer. Mit diesem Projekt haben wir die Möglichkeit, motivierte und qualifizierte Busfahrer zu gewinnen. Gleichzeitig leisten wir einen spürbaren Beitrag für die Integration geflüchteter Menschen“, so Falk weiter.

Wer sich unabhängig von dem laufenden Ausbildungsprojekt als Busfahrer bewerben möchte, sollte mindestens 21 Jahre alt sein, bereits über eine abgeschlossene Berufsausbildung und zudem über gute Deutschkenntnisse verfügen. Zudem muss ein Pkw-Führerschein vorliegen. Die Ausbildung in der hochbahneigenen Busfahrerschule dauert drei Monate. Weitere Informationen zur Bewerbung finden Sie auf www.hochbahn.de