Hamburg. Flaches Abheben erzeugt weniger CO2, sorgt aber für höhere Lärmbelastung. Senat und Flughafen wollen Verfahren beschränken.

Der Hamburger Senat und der Flughafen wollen die Zahl der sogenannten Flachstarts einschränken. Sie gelten unter den Lärmschützernals besonders belastend. Der Senat erklärte, er werde sich gegenüber den Airlines für den Verzicht auf das Flachstartverfahren einsetzen und zeitnah eine entsprechende Veröffentlichung im „Luftfahrthandbuch“ vornehmen lassen. Dieses gibt den Piloten allgemeine Regeln für die Nutzung deutscher Flughäfen vor.

Flachstarts sind umweltfreundlicher

Das Flachstartverfahren wird seit 2012 praktiziert und spart nach Angaben der Lufthansa jährlich 3000 Tonnen Kerosin und 10.000 Tonnen CO2. Zugleich aber lässt es den Lärmpegel in Flughafennähe um bis zu zwei Dezibel ansteigen. Laut Lärmschutzinitiativen entspricht das rechnerisch einer um 58 Prozent gesteigerten Lärmbelastung. Beim Flachstart wird mit weniger Schub weniger steil gestartet, sodass die Flieger länger in Bodennähe und somit hörbarer bleiben als beim konventionellen Start.

Ulrike Sparr, umweltpolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Die Zahl der Passagiere, die über Hamburg starten und landen, ist im vergangenen Jahr um vier Prozent gestiegen, die der Flugbewegungen immerhin um mehr als ein Prozent. Das ist problematisch für das Klima, setzt aber gerade auch die Anwohnerinnen und Anwohner zusätzlichem Lärm aus. Deshalb ist es absolut richtig und überfällig, dass Senat und Flughafen jetzt reagieren und eine Initiative gegen die lauten Flachstartverfahren starten. Damit setzen wir auch einen Punkt des 16-Punkte-Plans um.“

Einhaltung der Nachtruhe gefordert

Der 16-Punkte-Plan zur Verbesserung des Fluglärmschutzes war kurz vor der Wahl Anfang 2015 beschlossen worden. Die Bürgerinitiativen gegen den Fluglärmschutz hatten seitdem immer wieder dessen schleppende bis ausbleibende Umsetzung beklagt. Sie fordern unter anderem die Einhaltung der gesetzliche Nachtruhe zwischen 22 und 6 Uhr. In Fuhlsbüttel ist sie aufgrund der Betriebsgenehmigung des Flughafens eine Stunde kürzer und schrumpft zusätzlich durch die hohe Zahl verspäteter Flugbewegungen nach 23 Uhr.

„Ich begrüße die gemeinsame Initiative des Hamburger Flughafens und des Senats, das Flachstartverfahren einzuschränken“, sagte Monika Schaal, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion. „Das ist ein konkretes Zeichen dafür, dass wir den Fluglärmschutz sehr ernst nehmen. Wir wollen mehr und besseren Lärmschutz, ohne die notwendige Entwicklung unseres Flughafens einzuschränken.“ Auch sie lobte den „engen Austausch mit Anwohnern und Bürgerinitiativen“ sowie die Fortschritte bei der Umsetzung des 16-Punkte-Plans.

Flachstarts sind gegen das Luftverkehrsgesetz

Die BIG, die Dachorganisation der Hamburger Bürgerinitiativen zum Fluglärmschutz, sprach von einem „kleinen Schritt zur Begrenzung der fortschreitenden Verschlechterung des Flughafens“. Ohne weitere Maßnahmen werde seine Stadtverträglichkeit jedoch auch weiterhin abnehmen, sagte BIG-Vize Gebhard Kraft. Im Übrigen zwinge das Luftverkehrsgesetz die Stadt ohnehin zum Verzicht auf Flachstarts. Paragraf 29b erlege Flughafenbetreibern auf, „die Ausbreitung vermeidbarer Geräusche am Boden und in der Luft zu verhindern“ und „unvermeidbare Geräusche auf ein Mindestmaß zu beschränken.“

Martin Mosel, Sprecher der BAW Bürgerinitiative für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein, sprach von einer „skrupellosen Placebopolitik“. Die Flachstartoffensive des Senats greife nur eine alte Debatte der Fuhlsbütteler Fluglärmschutzkommission aus dem vergangenen Jahr auf. Auch empfehlen Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) der Vereinten Nationen, die international verbindliche Standards für den Luftverkehr festlegt, den Verzicht auf Flachstarts in dicht besiedelten Gebieten. „Der Flughafen setzt vor allem auf werbewirksame Selbstdarstellung. In der Sache aber werden nur anderswo längst übliche Standards nachgezogen“, sagte Mosel.

Eintrag soll empfehlenden Charakter haben

Der Flughafen will die Wirtschaftsbehörde „in den nächsten Tagen“ bitten, die entsprechende Änderung im Luftfahrthandbuch bei der Deutschen Flugsicherung GmbH zu beantragen, so Sprecherin Janet Niemeyer. Der vom Senat angestrebte Eintrag im Handbuch soll empfehlenden Charakter haben, er schreibt kein Startverfahren vor. Laut Niemeyer würden die Empfehlungen aber in der Regel eingehalten.

Für Januar meldete der Flughafen 13,2 Prozent mehr Passagiere und 8,8 Pozent mehr Flugbewegungen (wir berichteten). Auch die Zahl der verspäteten Flüge zwischen 23 und 24 Uhr stieg von 40 im Januar 2016 auf 51 im Januar dieses Jahres.