Hamburg. Andrena nigriceps galt in Norddeutschland als fast ausgestorben. Wildtierstiftung lässt Rote Liste erstellen
Das hätte Loki Schmidt gefreut: Wissenschaftler haben auf dem Gelände des Airports Helmut Schmidt in Fuhlsbüttel eine in Norddeutschland fast ausgestorbene Wildbienenart gefunden. Die Sandbiene „Andrena nigriceps“ wurde letztmalig 1938 in Hamburg gesichtet.
„Damit war nicht zu rechnen“, sagt Christian Schmid-Egger. Er ist der europaweit führende Wildbienen- und Wespenspezialist und hatte im Frühjahr im Auftrag der Deutschen Wildtierstiftung damit begonnen, Hamburgs Wildbienen zu zählen und erstmals mit Kollegen eine Rote Liste zu erstellen. Nun liegen erste Ergebnisse dieses Monitorings vor.
„Unter den 127 Wildbienenarten, die wir zwischen April und August in Hamburg gesammelt haben, ist Andrena nigriceps ein echtes Highlight“, sagt Schmid-Egger. Er war mit fünf weiteren Bienensammlern unterwegs, um mit Keschern und Netzen Bienen aufzustöbern und zu fangen. Zur genauen Bestimmung der Art – es gibt knapp 600 Arten, von denen die Hälfte gefährdet ist – haben die Insektenkundler die Tiere mit Essigäther getötet und unter dem Mikroskop genau bestimmt. Sie haben rund 40 Biotope in der Stadt durchstreift, unter anderem auch im Loki-Schmidt-Garten Klein Flottbek.
Und sie sind mit ihrer Arbeit noch lange nicht fertig: In den kommenden zwei Jahren sammeln die Wissenschaftler weiter und erfassen ihre Funde. 2020 dann werden die Daten ausführlich ausgewertet und die Rote Liste veröffentlicht. Bei der Inventur wertet Schmid-Egger auch bereits vorhandene Altdaten vom Zoologischen Museum der Universität Hamburg aus. „So ein Monitoring ist eine wichtige Grundlage, um Lebensräume für Wildbienen zu verbessern“, sagt er. „Gerade eine Stadt wie Hamburg mit kleinräumigen Strukturierungen wie Park- und Kleingartenanlagen, Gärten und weiträumigen Grünflächen bietet gute Voraussetzungen für Wildbienen.“
Wildbienen sind zum Teil hoch bedroht, weil sie als Nahrungs- und Nestbauspezialisten hohe Ansprüche an ihre Umwelt stellen. Die einen nisten in lockeren Sandböden, die anderen nur in Stängeln und Totholz, oder sie suchen sich leere Schneckenhäuser als Nestanlage. Neben dem Nistverhalten unterscheiden sich die Arten auch im Essverhalten voneinander. „175 deutsche Wildbienenarten sind an eine bestimmte Pflanzenart gebunden“, so Schmid-Egger. Verschwinden aber mit zunehmender Bebauung Pflanzen und Blüten, folgen oftmals auch die Wildbienen. Ziel der jetzigen Bestandsaufnahme in Zusammenarbeit mit Umweltbehörde und Zoologischem Museum ist es, die Lebensräume für die Insekten zu verbessern.