Berlin/Hamburg. Sie sorgte bei der Wahl des Bundespräsidenten für Farbe im Saal. Was Olivia Jones und Bundeskanzlerin Angela Merkel besprachen.
Sie war der bunte Farbtupfer im Meer der schwarz-grauen Anzüge: Olivia Jones sorgte mit ihrem Auftritt bei der Bundesversammlung am Sonntag in Berlin für Farbe im Plenarsaal des Reichstagsgebäude. Mit ihrer orangefarbenen Haarpracht und dem türkisfarbenen Outfit war die Hamburger Travestiekünstlerin kaum zu übersehen. Selbst ihre Krücken waren mit glitzernden Steinchen bedeckt. Jones hatte sich vor einigen Wochen ihre Beine um sechs Zentimeter verkürzen lassen – „extra für dich“, sagte sie zur ehemaligen Grünen-Chefin Claudia Roth, die sie allerdings immer noch um einen Kopf überragte.
Die Dragqueen war ursprünglich auf Initiative der Grünen-Fraktion im niedersächsischen Landtag für das Wahlgremium nominiert worden und entsprechend aufgeregt. Das sei wie "Abenteuerurlaub", sagte Jones dem Sender Phoenix. Die Atmosphäre im Reichstag beschrieb sie jedoch als "sehr herzlich und sehr locker".
Berührungsängste mit der Politprominenz zeigte die Hamburgerin keine. Sie freute sich sichtlich, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu treffen und legte ihr prompt die Hand auf die Schulter – wovon sich Merkel nur kurz irritieren ließ. Was Olivia Jones der Kanzlerin zu sagen hatte, wurde zunächst nicht bekannt. Die Dragqueen habe die Kanzlerin jedoch auf einen Kaffee im Juli am Rande des G20-Gipfels in Hamburg eingeladen, bestätigte ihr Management am Montag. Die Kanzlerin reagierte schlagfertig und will stattdessen offenbar US-Präsident Donald Trump nach St. Pauli schicken.
Zu besprechen hätten die beiden sicherlich eine ganze Menge, schließlich versteht sich Olivia Jones als Botschafterin der Vielfalt, die sich seit Jahren gegen Diskriminierung und für Toleranz starkmacht, insbesondere wenn es um die Rechte von Homosexuellen geht. Unvergessen ist vielen auch ihr Auftritt vom vergangenen November, als sich Olivia Jones am Rande einer Lesung in Magdeburg mit dem AfD-Politiker André Poggenburg traf. Vorausgegangen war dem Treffen ein umstrittener Post der AfD auf Facebook. Daraufhin hatte die Dragqueen Anzeige wegen Volksverhetzung gegen den AfD-Landesvorsitzenden André Poggenburg erstattet.
Auch ihren Auftritt bei der Bundesversammlung wertete die Hamburgerin am Sonntag als "Statement vor allen Dingen für Vielfalt". Man dürfe "auf keinen Fall mit Hass und Ausgrenzung Wahlkampf machen", sagte sie in dem Phoenix-Interview in Richtung der AfD. Lob äußerte sie stattdessen für den frisch gewählten Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier: "Er ist für mich ein bisschen so ein Anti-Trump. (...) In der heutigen Zeit können wir viel mehr Steinmeiers gebrauchen.“
Ihr Auftritt sorgte jedoch nicht nur in der Bundesversammlung, sondern auch im Netz für Aufsehen. Die Bilder von dem "schrillen Paradiesvogel" verbreiteten sich am Sonntag in den sozialen Netzwerken. Über den Twitter-Account des offiziellen Hamburger Stadtportals (@hamburg_de) berichtete die Dragqueen zudem über ihre Eindrücke bei der Wahl.