Hamburg. Eliteschule in Dulsberg feiert am heutigen Montag ihr zehnjähriges Bestehen. Jacob Heidtmann ist bisher der einzige Olympiateilnehmer.
Wenn entgegen des üblichen Protokolls mit Ties Rabe (Schule) und Andy Grote (Inneres und Sport) sich gleich zwei Senatoren die Ehre geben,Beachvolleyball-Olympiasiegerin Laura Ludwig sich diesen Termin frei hält und TV-Allzweckwaffe Johannes B. Kerner die Moderation übernimmt, muss Besonderes auf dem Programm stehen.
Zehn Jahre Eliteschule des Sports
Die Eliteschule des Sports am Alten Teichweg im Multi-Kulti-Stadtteil Dulsberg feiert am heutigen Montagabend mit einer zweistündigen Gala ihr zehnjähriges Bestehen. „Dass der Sport in unserer Gesellschaft gefördert wird, ist angesichts ganz anderer Probleme in dieser Welt keine Selbstverständlichkeit, sondern eine Errungenschaft“, sagt Schulleiter Björn Lengwenus (44).
Am 13. April 2007 wurde der Stadtteilschule Alter Teichweg vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) das Gütesiegel verliehen, als einzige Schule in Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen. 43 dieser Einrichtungen, 22 im Westen, 18 im Osten, 3 in Berlin, gibt es heute in Deutschland, für etwa 11.500 Talente wird der Unterricht auf ihre Bedürfnisse, Regeneration und den Trainingsplan zugeschnitten.
„Unsere Aufgabe ist es, unseren Sportschülern die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen, damit für sie die Belastungen durch Schule erträglich sind, ohne das Niveau herunterzuschrauben“, sagt Direktor Lengwenus. Dafür gebe es keine allgemeinen, nur individuelle Lösungen.
Nachhilfe, mehr Lehrer, kleinere Klassen
Mehr Lehrer stehen bereit, die Sportklassen sind in der Regel kleiner, werden nicht aufgefüllt. Klassenarbeiten können auf Wettkampfreisen oder in Trainingslagern geschrieben oder nachgeholt werden. Auch wird Nachhilfe angeboten, selbst in den Ferien, falls gewünscht. Christian Andresen (38), seit 2008 Sportkoordinator am Alten Teichweg, stellt jedoch klar: „Bei uns wird niemandem etwas geschenkt. Die Abituraufgaben sind für alle gleich.“
Der Alte Teichweg startete 1998 die Zusammenarbeit mit dem benachbarten Olympiastützpunkt (OSP) Hamburg/Schleswig-Holstein mit dem Aufbau einer ersten Sportklasse für Schwimmer und Fußballer. Heute empfehlen zwölf Fachverbände den Besuch der Schule, für Hamburgs Schwimmtalente ist es die einzige Möglichkeit der kontinuierlichen Förderung. Dank jetzt 14 Sportklassen der Jahrgänge 5 bis 13 wuchs die Zahl der Sportschüler auf aktuell 246, von 1120 Schülern am Alten Teichweg.
Vier Sportstunden für alle Schüler
Auf dem Grundstück entstanden 2006 die Landesleistungszentren (LLZ) für Badminton und Volleyball, das LLZ Basketball wurde um- und ausgebaut. Der OSP bietet nebenan Schwimmern und Beachvolleyballern weltweit einzigartige Standards. Eine Halle für Handball und Judo ist seit zehn Jahren geplant, 2018 soll sie gebaut werden. Zwei Einfeldhallen und ein Rasenplatz mit Laufbahn (Linne-Kampfbahn) stehen zudem zur Verfügung. „Unsere räumlichen Kapazitäten sind dennoch ausgeschöpft“, sagt Andresen. Auch weil der Alte Teichweg eine Eliteschule des Breitensports wird. Lengwenus hat vor einem Jahr die vierte Sportstunde für alle eingeführt, einmalig in Hamburg.
In den vergangenen zehn Jahren hat die Sportschule vor allem eins gewonnen: Akzeptanz, im Innern wie nach außen. Eltern von Hockeytalenten schicken ihre Kinder aus Flottbek und Winterhude nach Dulsberg, im Lehrerkollegium mäkelt kaum noch jemand an der Ausrichtung, die rund 50 Trainer sind integriert, das Leistungsniveau der Sportklassen ist überdurchschnittlich, auch Sportler mit Gymnasialempfehlung fühlen sich bis auf wenige Ausnahmen gefordert. Andresen: „Die Zahl der Anmeldungen nimmt zu, speziell die der Quereinsteiger von Klasse zehn an.“
60-Stunden-Woche und wenig Freizeit
Maxine Wolters (17), deutsche Schwimmmeisterin über 200 Meter Lagen, wechselte 2013 zur zehnten Klasse vom Gymnasium Wentorf zum Alten Teichweg, bezog 2015 einen der 25 Internatsplätze. Statt fünf- bis sechsmal in der Woche konnte sie fortan bis zu zwölfmal trainieren. „Das Konzept ist stimmig“, sagt sie, manchmal empfinde sie aber den Unterricht „als zu anspruchslos“. Und anfangs hätten einige Mitschüler an den Privilegien der Sportler Anstoß genommen, „heute wissen sie, was wir leisten“. Sportschüler haben eine 60-Stunden-Woche und selten ein freies Wochenende. Lengwenus hält die Schule für ein Erfolgsmodell, „weil zwei Welten aufeinanderstoßen, die Sport- und die reale. Bei uns trifft der Weltmeister den Flüchtling – das erdet ihn.“
Olympiastützpunktleitern Ingrid Unkelbach (57) hat für die nächsten Jahre vor allem einen Wunsch: „Wir brauchen nach der Schließung des Aqua-Sport-Hotels durch Bäderland dringend ein Haus der Athleten auf dem Gelände für weitere Internatsplätze, für die Unterbringung von Spitzenathleten, die immer öfter bei uns Trainingslager abhalten – und als Treffpunkt.“ Lengwenus stimmt dem zu: „Das wäre der nächste Schritt, um quantitativ und qualitativ weiter wachsen zu können.“
Ein Absolvent schaffte es bis Olympia
Der erfolgreichste Absolvent ist bislang der Schwimmer Jacob Heidtmann (22). Als erster Abiturient des Alten Teichwegs schaffte er es 2016 zu Olympia. Sein Vorbild soll Schule machen.