Hamburg. Neu gegründete Stiftung zur Erinnerung an den Bundeskanzler zieht an Speersort – inklusive öffentlicher Schau mit wechselnden Themen.
Neben dem Haus Helmut Schmidts in Langenhorn wird es bald eine weitere Erinnerungsstätte geben, die das Leben des verstorbenen Staatsmannes würdigt. Geplant ist eine Ausstellung, die von jedermann besucht werden kann. Standort soll das Verlagsgebäude am Speersort sein, das heutige Helmut-Schmidt-Haus.
Fertigstellung in etwa einem Jahr
Dort, im Herzen Hamburgs, will die Stiftung mehr als 400 Quadratmeter umfassende Büroräume anmieten. Die geplante Ausstellung soll im Erdgeschoss untergebracht werden – möglichst ähnlich groß, entweder am Speersort oder in der kleinen Seitenstraße Kattrepel. Vorgesehen sind wechselnde Themen. Die Türen sollen Hamburgern und ihren Gästen offen stehen. Bis zur Fertigstellung wird jedoch noch mindestens ein Jahr vergehen.
Mittelpunkt soll am Speersort sein
Das von Bundespräsident Joachim Gauck just ernannte Kuratorium der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung sieht in der Hauptstadt nur ein kleines Büro vor, eine Filiale quasi. Zwar sind die Mietverträge noch nicht unterschrieben, doch soll der Speersort Mittelpunkt des Schaffens sein – also dort, wo Helmut Schmidt als Herausgeber der „Zeit“ wirkte. Noch bis kurz vor seinem Tod im November 2015 ließ sich der Altkanzler regelmäßig zum Verlagsgebäude in der Altstadt chauffieren. Details sollen bei einer Kuratoriumssitzung am 27. März ab 16 Uhr besprochen werden.
Beim konstituierenden Treffen des Gremiums am Mittwoch vorvergangener Woche in der Hamburgischen Landesvertretung in Berlin wurden erste personelle und inhaltliche Weichen gestellt. Vorsitzender des sechsköpfigen Kuratoriums ist der frühere Kanzlerkandidat und SPD-Politiker Peer Steinbrück. Als Stellvertreterin fungiert die promovierte Volkswirtin, Moderatorin und Autorin Susanne Schmidt, die in Südengland lebende Tochter von Loki und Helmut.
Sandra Maischberger im Kuratorium
In einer feierlichen Zeremonie am 16. Januar im Schloss Bellevue in Berlin hatte Bundespräsident Gauck die Ernennungsurkunden übergeben. In diesem Kuratorium der sechsten Politikergedenkstiftung der Bundesrepublik sitzen außerdem die Fernsehmoderatorin Sandra Maischberger, „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo sowie die Bundestagsabgeordneten Dirk Fischer (CDU) und Johannes Kahrs (SPD). Der Schmidt-Stiftung stehen 2,3 Millionen Euro aus dem Kulturetat des Bundes zu – pro Jahr und dauerhaft.
„Im Sinne Helmut Schmidts soll sich die Stiftung keinesfalls in einer bloßen Denkmalbeweihräucherung erschöpfen“, sagte Peer Steinbrück dem Abendblatt. Während die private Loki und Helmut Schmidt-Stiftung mit Sitz am früheren Wohnort am Neubergerweg in Langenhorn vornehmlich dem Andenken des verstorbenen Ehepaares diene, soll sich die Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung auch „mit den politischen Impulsen von Helmut Schmidt in ihrer Relevanz für heutige Herausforderungen“ beschäftigen.
„Wir wollen die Tradition der Bergedorfer Gespräche aufgreifen“, ergänzte Johannes Kahrs, Sprecher der SPD im Haushaltsausschuss des Bundestags. In diesem vom gleichfalls verstorbenen Unternehmer Kurt A. Körber initiierten, legendären Kreis diskutieren internationale Politiker und Experten Grundfragen deutscher und europäischer Außen- und Sicherheitspolitik. Statt einer reinen Erinnerungskultur werde sich die Stiftung um zukunftsgerichtete Schwerpunkte wie Europa oder die Sicherheit der Finanzmärkte kümmern.
Tradition der Bergerdorfer Gespräche bleibt
„Wir wollen inhaltliche Debatten vorantreiben, die Helmut Schmidt interessiert hätten“, sagte der Sozialdemokrat Kahrs. Er wurde von der Friedrich-Ebert-Stiftung für das Schmidt-Kuratorium vorgeschlagen. Sein christdemokratischer Mitstreiter Dirk Fischer wurde auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt. „Wir wollen das politische Erbe Helmut Schmidts in seinem Sinne und Geiste gestalten“, sagte der Bundestagsabgeordnete. Angedacht sind weiterhin eine digitale Plattform und eine internationale, großgeistige Ausrichtung der künftigen Stiftungsarbeit.
Peer Steinbrück kündigte gegenüber dem Abendblatt für die Kuratoriumssitzung am 27. März in der Hamburgischen Landesvertretung in der Hauptstadt „erste Weichenstellungen“ zum Wirtschaftsplan, zur Personalausstattung und Raumplanung sowie die Konzentration auf inhaltliche Schwerpunkte an.
Es soll ein großer Wurf sein
„Es muss alles stimmen“, heißt es intern. Und es soll ein „großer Wurf“ sein. „Über das Leben von Willy Brandt informiert die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung durch eine beeindruckende Ausstellung hier in Berlin in den Räumen Unter den Linden“, hatte Bundespräsident Joachim Gauck während der Zeremonie gesagt. Nach Otto von Bismarck, Friedrich Ebert, Konrad Adenauer, Theodor Heuss und eben Brandt ist Helmut Schmidt der sechste Politiker, für den eine Gedenkstiftung eingerichtet wurde.
Im Stiftungsbüro am Speersort sollen rund ein Dutzend Mitarbeiter wirken. Als ehrenamtliche Vorstandsmitglieder sollen der ehemalige Staatsrat Stefan Herms sowie der Jurist Knut Nevermann aktiv werden. Letzterer ist Ex-Staatssekretär und Sohn des früheren Bürgermeisters Paul Nevermann.