Hamburg . Polizei verzweifelt bei der Suche nach Timo Kraus. Familie des HSV-Managers könnte zunächst keine Entschädigung erhalten.

Es ist noch nicht vorbei, sagen sie. Die Akte Timo Kraus wird nicht geschlossen. Aber die Hoffnung auf eine Lösung des mysteriösen Falls verblasst auch bei der Polizei. Alle Ansätze und Spuren auf der Suche nach dem 44-Jährigen sind derzeit ausgeschöpft. Auf jeden neuen Hinweis, ganz gleich wie vage, stürzen sich die Beamten. Doch für die Familie von Timo Kraus hat das spurlose Verschwinden möglicherweise weitere negative Folgen – und viele Fragen könnten dauerhaft ungeklärt bleiben.

Da ist der Taxifahrer, der sich weiterhin nicht zu erkennen gegeben hat. Er soll Timo Kraus am 7. Januar gegen 23.30 Uhr mitgenommen haben, etwa eine Stunde vor dem Verschwinden. „Wir gehen davon aus, dass der Betroffene durch die große öffentliche Aufmerksamkeit definitiv von der Suche erfahren hat. Möglicherweise haben wir auch mit dem Richtigen schon gesprochen“, sagte ein Sprecher der zuständigen Polizeiinspektion Harburg.

Timo Kraus: Suche in der Elbe

Neue Suche nach Timo Kraus in der Elbe

Taucher gehen an der Elbe an den Landungsbrücken in Hamburg über eine Brücke, im Hintergrund ist das Museumsschiff Rickmer Rickmers zu sehen. Die Taucher suchen den vermissten HSV-Manager Timo Kraus
Taucher gehen an der Elbe an den Landungsbrücken in Hamburg über eine Brücke, im Hintergrund ist das Museumsschiff Rickmer Rickmers zu sehen. Die Taucher suchen den vermissten HSV-Manager Timo Kraus © Bodo Marks | Bodo Marks
Suche nach Timo Kraus an den  Landungsbrücken in Hamburg
Suche nach Timo Kraus an den Landungsbrücken in Hamburg © Bodo Marks | Bodo Marks
Taucher vor der neuerlichen Suche nach dem HSV-Merchandising-Chef Timo Kraus
Taucher vor der neuerlichen Suche nach dem HSV-Merchandising-Chef Timo Kraus © Bodo Marks | Bodo Marks
Einsatzkräfte suchten am Sonnabendmittag die Elbe ab
Einsatzkräfte suchten am Sonnabendmittag die Elbe ab © Michael Arning | Michael Arning
Grund für die Aktion: Barkassen-Führer hatten vor Neumühlen eine auffällige Beobachtung gemacht
Grund für die Aktion: Barkassen-Führer hatten vor Neumühlen eine auffällige Beobachtung gemacht © HA | Michael Arning
Auch die Feuerwehr war vor Ort
Auch die Feuerwehr war vor Ort © HA | Michael Arning
Einsatzort: Museumshafen Oevelgönne
Einsatzort: Museumshafen Oevelgönne © HA | Michael Arning
Zwei Wasserschutzboote der Polizei beteiligten sich an der Suche
Zwei Wasserschutzboote der Polizei beteiligten sich an der Suche © HA | Michael Arning
Am Nachmittag mussten Polizei und Feuerwehr die Suche nach Timo Kraus ergebnislos abbrechen
Am Nachmittag mussten Polizei und Feuerwehr die Suche nach Timo Kraus ergebnislos abbrechen © HA | Michael Arning
Der Fall des vermissten HSV-Managers bleibt weiterhin rätselhaft
Der Fall des vermissten HSV-Managers bleibt weiterhin rätselhaft © HA | Michael Arning
Seit fast einer Woche wird Timo Kraus nun vermisst
Seit fast einer Woche wird Timo Kraus nun vermisst © HA | Michael Arning
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Die Beamten kontaktierten systematisch alle Taxiunternehmen und alle eingetragenen Halter einer B-Klasse. Ergebnislos. In Polizeikreisen wird davon ausgegangen, dass der dunkelhäutige Fahrer keine Lizenz oder Aufenthaltserlaubnis hat und sich deshalb nicht bei der Polizei melden will. Auch in den WhatsApp-Gruppen der Taxifahrer zirkulierten beide veröffentlichten Bilder des Vermissten – ohne jede Rückmeldung. Bei Eisglätte warteten am Abend des 7. Januar offenbar keine weiteren Taxis vor der Gaststätte Block Bräu, in dem Timo Kraus noch mit Kollegen des HSV gefeiert hatte.

Timo Kraus wird seit Anfang Januar vermisst
Timo Kraus wird seit Anfang Januar vermisst © privat | privat

Alle übrigen Hinweise der Polizei sind nicht eindeutig genug, um daraus weitere Suchgebiete herleiten zu können. Der Ponton vor der „Rickmer Rickmers“ wurde bereits in der Woche nach dem Verschwinden durchsucht. Dort war das Handy von Timo Kraus zuletzt geortet worden. Ein Zeuge sah ihn kurz nach Mitternacht ohne Jacke in der Nähe der Landungsbrücken – ein Indiz, dass die Taxifahrt schon nach etwa einem Kilometer in Richtung Hauptbahnhof zu Ende gewesen sein könnte.

Ermittler gehen davon aus, dass Timo Kraus ertrank

Die Ermittler denken auch weiter an die Sichtung einer Wasserleiche durch drei Barkassenführer bei Övelgönne, knapp eine Woche nach dem Verschwinden. Die Ermittler gingen früh davon aus, dass Timo Kraus an den Landungsbrücken in die Elbe fiel und nicht mehr lebt. Dass der Familienvater aus anderen Gründen verschwunden ist, gilt als ex­trem unwahrscheinlich.

Aber warum ergab auch die Suche im Wasser letztlich nichts? In der Regel tauchen Wasserleichen nach etwa einer Woche wieder auf. Die Polizei in Buchholz kontaktierte auch mehrere Experten für die Strömungsverhältnisse in der Elbe. Sollte Timo Kraus ertrunken sein, könnte sein Körper nur wenige Hundert Meter weit, aber auch bis in die Nordsee getrieben sein. Mit steigenden Temperaturen könnte auch ein Körper wieder eher zu Tage treten.

Ein Hellseher und ein anonymes Fax

Nach den Suchaktionen griffen die Beamten zuletzt schon nach jedem Strohhalm. Ein Hellseher meldete sich mit der Eingebung, die Leiche von Timo Kraus befinde sich in einem eingrenzbaren Bereich in kurzer Entfernung vor den Landungsbrücken – die Theorie wurde mit den Strömungsexperten intensiv geprüft, aber dann ausgeschlossen. In dieser Woche traf ein anonymes Fax bei der Polizei ein, daraufhin wurde ein Container am Kleinen Grasbrook von 30 Beamten durchsucht.

Die Familie des Vermissten wird laufend informiert. Sollte der HSV-Manager verstorben sein und wird seine Leiche nicht gefunden, dauert es zehn Jahre, bevor er für tot erklärt werden kann. Das ist auch die Voraussetzung dafür, dass ein Totenschein ausgestellt werden kann. Dieser ist beispielsweise wichtig, um eine Lebensversicherung ausbezahlt zu bekommen. „Ohne Totenschein keine Auszahlung“, sagt ein Experte zu dem Verfahren.

Wird jemand für tot erklärt, ohne dass seine Leiche gefunden wurde, setzen Versicherungen demnach auch oft Detektive ein, die noch einmal eigene Nachforschungen anstellen und andere Gründe für ein Verschwinden ausschließen sollen. Das passiert vor allem, wenn in einem solchen Fall Lebensversicherungen ausgezahlt werden müssen, bei denen es regelmäßig um sehr hohe Beträge geht. Ausnahmen gibt es dagegen beispielsweise bei Flugzeugabstürzen. Kommt es zu einem Unglück und stand ein Vermisster auf der Passagierliste, gehen Behörden deutlich schneller davon aus, dass die Person tatsächlich tot ist. Dieser Schritt wäre auch im Fall Timo Kraus der Polizei überlassen.

HSV-Mitarbeiter vom Schicksal des Managers bewegt

In der Geschäftsstelle des HSV ist das Verschwinden von Timo Kraus weiterhin sehr präsent, der HSV hat 2000 Euro auf Hinweise ausgelobt. Der 44-Jährige leitete bis zuletzt die Marketingabteilung. HSV-Vorstandschef Heribert Bruchhagen hoffte zu Beginn noch, dass es sich lediglich um ein Missverständnis handele. Der Fall hänge wie ein „bleierner Schatten“ über dem gesamten Verein, so Bruchhagen. „Dass man Fußballspiele in Folge verliert, das kennt man. Aber mit dieser Situation umzugehen ist für alle neu.“

Die Polizei bittet weiter unter der Telefonnummer 04181-28 50 um Hinweise.