Hamburg. Für fünf Milliarden Euro wechseln Gewerbeimmobilien 2016 in Hamburg den Besitzer – ein deutlicher Anstieg.
Von Gerüsten, Staub und Bauplanen lassen sich die Käufer nicht abschrecken. Hamburgs Gewerbeimmobilien sind so gefragt, dass Investoren gerne schon zugreifen, bevor die Gebäude fertiggestellt und bezogen sind. Bevor die Mitarbeiter der Telekom in Hamburg ihr neues Miet-Quartier in der City Nord im November 2016 bezogen, wurde das Objekt verkauft. Ebenso wechselte der noch im Bau befindliche Alte Wall, ein Einkaufs- und Büroquartier, im vergangenen Jahr den Besitzer.
Hamburgs Gewerbeimmobilien sind bei Großinvestoren wie Immobilienfonds, Versicherungen und Pensionskassen, aber auch bei vermögenden Privatpersonen gefragt. Für 4,82 Milliarden Euro wechselten im vergangenen Jahr in der Hansestadt Gewerbeimmobilien wie Büros, Hotels und Fachmärkte den Besitzer. Gegenüber dem Vorjahr ein Zuwachs von 14 Prozent. Innerhalb von drei Jahren beträgt die Steigerungsrate des Transaktionsvolumens sogar 63 Prozent.
Perspektiven für Hamburg sind gut
Seit dem Jahr 2007 wechselten in keinem Jahr mehr Gewerbeimmobilien den Besitzer. Innerhalb der sieben bedeutendsten Immobilienstandorte in Deutschland liegt Hamburg mit dem Ergebnis von 2016 im Mittelfeld, fast gleichauf mit Berlin. „Vor allem das Wachstum spricht für Hamburg“, sagt Sarah Cervinka, Leiterin des Investmentbereichs beim internationalen Makler Jones Lang LaSalle (JLL) in Hamburg. „Der Hamburger Markt hat nach einem bereits starken Vorjahr einen neuen zyklischen Höchstwert erzielt“, sagt Michael Mikulicz, Chef der Investmentsparte des internationalen Maklers CBRE in Hamburg. Nur Frankfurt verzeichnete eine noch höhere Steigerungsrate von 20 Prozent.
Die Perspektiven für Hamburg sind weiter gut. Für das laufende Jahr erwartet Cervinka mindestens ein Transaktionsvolumen von 4,5 Milliarden Euro. Die Investoren schätzen in Hamburg die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit einem breiten Branchenmix – etwa im Vergleich zum Bankenstandort Frankfurt –, die Nachhaltigkeit und das Wertsteigerungspotenzial. „Die Investoren honorieren auch Hamburgs großes Potenzial als Arbeitsstandort mit hoher Lebensqualität“, sagt Cervinka.
„Franzosen schätzen Urbanisierungstrend“
Das belegen einige Verkäufe des vergangenen Jahres: Am Alten Wall wird bis 2018 ein Einkaufsboulevard mit Büros hinter einer denkmalgeschützten Fassade errichtet. In dem ehemaligen Gebäude der Vereins- und Westbank entstehen rund 18.000 Quadratmeter Bürofläche und 12.000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche. Der Projektentwickler Art Invest übertrug das Projekt Alter Wall inzwischen an eine Pensionskasse.
Das französische Investmentunternehmen Amundi erwarb von der Hamburger TAS Unternehmensgruppe den Telekom Campus in der City Nord. „Vor allem Franzosen schätzen den Hamburger Urbanisierungstrend“, sagt Cervinka. „Sie ziehen das Umfeld mit in ihre Bewertung ein und setzen auf den Faktor Flair.“ Von den ausländischen Investoren des vergangenen Jahres kamen 18 Prozent aus Frankreich. Branchenkenner schätzen den Kaufpreis auf 125 Millionen Euro. In dem Gebäudekomplex mit einer Fläche von 44.000 Quadratmetern arbeiten inzwischen rund 2000 Mitarbeiter der Telekom, die dort aus verschiedenen Standorten zusammengeführt wurden. Die Telekom hat das Gebäude für 15 Jahre angemietet.
23 Hamburger Immobilien im Paket
Für mehr als 500 Millionen Euro wechselten gleich 23 Hamburger Immobilien im Paket im vergangenen Jahr den Besitzer. Hintergrund dieser Transaktion war die Übernahme der IVG-Tochter Officefirst durch die Blackstone-Gruppe. Für die bundesweit verteilten rund 100 Immobilien zahlte der US-Finanzinvestor rund 3,3 Milliarden Euro. Weitere größere Transaktionen 2016 waren der Verkauf des Saturn-Marktes an der Mönckebergstraße für 115 Millionen Euro an die RFR-Holding GmbH, die ihren Hauptsitz in New York hat. Das Unternehmen hat auch Objekte am Jungfernstieg und dem Neuen Wall gekauft.
Der Sprinkenhof ging für weit über 100 Millionen Euro an die Patrizia. Die Stadt erwarb den Standort des Verlages Gruner + Jahr am Baumwall. Das Medienunternehmen wird in der HafenCity ein neues Quartier beziehen, das noch errichtet wird. Die Stadt gibt den Kaufpreis nicht bekannt. Branchenschätzungen reichen von 80 bis 130 Millionen Euro. Noch fehlt aber Hamburg das internationale Flair bei den Immobiliengeschäften. „Nachdem ausländische Investoren 2015 mit einem Anteil von knapp 60 Prozent am Transaktionsvolumen deutlich stärker vertreten waren als nationale, stellten diese 2016 mit rund zwei Dritteln wieder die Mehrheit“, sagt Axel Steinbrinker, Geschäftsführer des Hamburger Maklers Grossmann & Berger.
Zu wenige großvolumige Immobilien
Das liegt aber nicht an Hamburgs Attraktivität, sondern es gibt zu wenige großvolumige Immobilien, die auf den Markt kommen. Ein Drittel der Transaktionen spielt sich in der Preisklasse zwischen 25 und 50 Millionen Euro ab. „Für internationale Investoren ist das zu klein“, sagt Cervinka. Sie wollen auf einen Schlag mehr Geld investieren. Außerdem laufen die Verkaufsprozesse schnell innerhalb von drei bis vier Monaten ab. Da sei für die Entscheidungszeiträume mancher internationaler Investoren zu kurz, sagt Cervinka. In Hamburg fehlt es an asiatischen Investoren. „Doch das Interesse ausländischer Investoren am Hamburger Markt ist ungebrochen“, so Mikulicz.
Steigende Preise führen auch zu fallenden Renditen, weil die Mieten langsamer zulegen. Hamburger Top-Lagen bringen noch eine Rendite von 3,25 Prozent. In diesem Jahr wird mit einem weiteren Rückgang auf 3,1 Prozent gerechnet. Cervinka: „Weil der Hamburger Markt so attraktiv ist, ist für die Investoren aber damit die Schmerzgrenze noch nicht erreicht.“ Wer eine höhere Rendite erzielen will, muss in Fachmarktzentren oder die Logistik-Industrie investieren. Dort sind bei höherem Risiko mit Blick auf Leerstände fünf Prozent Rendite drin.