Hamburg/Kiel. Verkauf des Geldinstituts der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein startet. Bis zum 27. Februar müssen sich Interessenten melden.

Der Schlussverkauf hat begonnen: Mit der am Montag veröffentlichten Anzeige wird das letzte Kapitel der von Krisen geschüttelten HSH Nordbank aufgeschlagen. Am Ende dieses Kapitels dürfte die Wahrheit stehen.

Die Wahrheit über den tatsächlichen Wert des Unternehmens, aber auch die Wahrheit über die Verluste, die die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein mit ihrer Bank gemacht haben. Bis Februar 2018 soll sie nach dem Willen der EU-Kommission verkauft sein.

Findet sich kein Käufer, muss sie abgewickelt werden. So oder so wird es mit dem Geldinstitut HSH Nordbank zu Ende gehen. Denn es ist kaum vorstellbar, dass die Bank nach einem Verkauf weiterhin das Kürzel für Hamburg und Schleswig-Holstein (HSH) im Namen tragen wird.

HSH mindestens seit 2008 ein Sorgenkind

Die beiden Länder dürften froh sein, aus dieser Nummer endlich raus zu sein. Mindestens seit 2008 ist die Bank, deren Dividenden in früheren Zeiten zur Freude der Politiker in Hamburg und Schleswig-Holstein die Staatskassen gefüllt hatten, ein Sorgenkind. Zwei Untersuchungsausschüsse befassten sich mit den Vorfällen rund um den Schiffsfinanzierer. Viele Millionen Euro an Beraterhonoraren haben die Länder ausgegeben, um einigermaßen den Überblick über das zu behalten, was ihnen die Bank beschert hatte. Und das war eine Menge.

Weil die Länder die Kredite mit einer Gewährträgerhaftung absicherten, konnte sich das Unternehmen bis zum Juli 2005 zu sehr günstigen Konditionen Geld am Markt leihen. Dann untersagte die EU dieses Geschäftsmodell. Zuvor griff die Bank noch einmal in großem Stil zu und sog sich mit Geld voll.

Investitionen in sogenannte Giftpapiere

Anschließend erwies es sich dann offenbar als schwierig, das viele Geld gut anzulegen. Die HSH Nordbank investierte deshalb auch in sogenannte Giftpapiere, die mit der Pleite der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 nichts mehr wert waren. 2009 halfen die beiden Länder ihrem Tochterunternehmen deshalb mit einer Kapitalspritze von drei Milliarden Euro.

Zusätzlich gewährten sie der Bank eine Garantie von zehn Milliarden Euro. Verbunden war dies mit der öffentlich geäußerten Hoffnung, dass diese Garantie nie in Anspruch genommen werde und sich gewissermaßen von selbst finanziere, weil die Bank ja eine Gebühr dafür zahlen müsse.

Das Schutzkonstrukt hielt die Bank zwar am Leben, belastete sie aber. 2011 wurde sie auf Wunsch des Unternehmens, das die Gebührenzahlungen verringern wollte, auf sieben Milliarden Euro reduziert. Ein schwerer Fehler. Denn die Kredite, für die die Garantie galt, entwickelten sich immer negativer.

EU genehmigte die staatliche Hilfe

Wegen der andauerenden Schifffahrtskrise konnten Reeder und Fonds immer häufiger die Zinsen nicht mehr zahlen. Damit galten die Kredite als ausfallgefährdet und verschlechterten die Bilanz der Bank. 2013 folgte die Rolle rückwärts. Der Bank war nur mit einer Wiederaufstockung der Garantie auf zehn Milliarden Euro zu helfen, anderenfalls hätte sie wohl den europäischen Stresstest im Jahr 2014 nicht bestanden. Die EU genehmigte die staatliche Hilfe, verknüpfte damit aber unter anderem die Forderung, dass das Unternehmen verkauft werden müsse – spätestens 2018.

Deshalb nun die Verkaufsanzeige, die mögliche Käufer dazu bewegen soll, bis zum 27. Februar ihr Interesse zu bekunden. „Die HSH Nordbank ist eines der führenden deutschen Kreditinstitute in der gewerblichen Immobilienfinanzierung und genießt eine herausragende Stellung als langjährige, etablierte Finanzierungsspezialistin für die weltweite maritime Wirtschaft“, heißt es in der Anzeige.

Schaden von über 17 Milliarden Euro?

Solche Sätze müssen wohl sein, schließlich ist es Werbung. Medial läuft derzeit allerdings eine ganz andere Debatte: Wie teuer wird das HSH-Nordbank-Desaster? Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hat diese Debatte unlängst in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt entfacht. 16 Milliarden Euro könnte es „schlimmstenfalls“ für beide Länder zusammen kosten, hat er gesagt. Albig weiter: Trete das ein, sei der finanzielle Schaden so groß, dass der Bund und die EU den Ländern helfen müssten. Der renommierte Ökonom Martin Hellwig geht sogar von einem Schaden von deutlich über 17 Milliarden Euro aus.

Selbst nach einem Verkauf werden die beiden Länder noch lange mit der Bank verbunden sein. Immer noch gibt es dort Kredite, für die die Gewährträgerhaftung greift. Es waren mal 165 Milliarden Euro, eine unvorstellbare Summe. Jetzt sind es nur noch 2,4 Milliarden Euro. Immer noch viel Geld - drei Elbphilharmonien. Sollte die Bank diese Kredite nicht zurückzahlen können, müssten es die Länder tun. Jahr für Jahr laufen einige dieser Geldgeschäfte aus. Aber 2028 haften die Länder immer noch für 1,4 Milliarden Euro. Der letzte dieser Kredite wird erst 2041 auslaufen, in 24 Jahren: 92 Millionen Euro sind es.

Die HSH Nordbank hat damit das Potenzial, eine alte Spruchweisheit zu widerlegen: Es könnte ein Ende mit Schrecken geben – und zugleich ein Schrecken ohne Ende werden.