Hamburg. Schulsenator Rabe (SPD) steht nach schlechter Probeklausur für das Zentralabitur unter Druck. CDU fordert einen „Ruck“ im Unterricht.

Nach Bekanntwerden des katastrophalen Ergebnisses der Probeklausur für das Abitur im Fach Mathematik rückt nun Schulsenator Ties Rabe (SPD) ins Zentrum der Kritik. „Der Schulsenator hat die Schüler ins Messer laufen lassen und viel zu spät gehandelt. Er sollte hieraus politische Konsequenzen ziehen“, sagte die CDU-Schulpolitikerin Karin Prien. Von einem „Gipfel an Verantwortungslosigkeit“ spricht Anna von Treuenfels-Frowin (FDP), weil Rabe nachträglich „willkürlich bessere Noten verteilt“ habe, damit den Schülern mit Blick auf das bevorstehende erste bundesweite Zen­tralabitur keine Nachteile entstünden.

Die Auswertung aller 3201 Probeklausuren in Mathematik auf erhöhtem Anforderungsniveau an den staatlichen Gymnasien und Stadtteilschulen hat einen Notenschnitt von 4,1 ergeben. Mehr als 42 Prozent der Schüler hätten danach eine Fünf oder Sechs bekommen. Rabe hatte auf der Basis erster Rückmeldungen und einem daraus errechneten Mittelwert von 3,9 bereits vor einer Woche angeordnet, alle Zensuren um eine Note anzuheben. Bestandteil der Probeklausur waren Aufgaben, die in Umfang und Komplexität den Übungsaufgaben für das Zentralabitur nachempfunden waren. Das Abendblatt veröffentlicht einen Teil der Aufgaben zum Nachrechnen (siehe Grafik auf dieser Seite).

CDU-Politikerin Prien verweist auf eine Studie des Instituts für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfBQ), die bereits einen Leistungsabfall für die Mathe-Abiturklausuren der Jahre 2012 bis 2014 nachweist. Im Jahr 2012 hatte die Durchschnittsnote im Mathe-Abitur auf erhöhtem Niveau noch 9,5 Punkte auf der 15er-Skala betragen. Im Jahr darauf sank der Wert auf 9,1 und 2014 auf 8,1. Deutlich sind die Unterschiede zwischen den Schulformen: Die Gymnasiasten kamen 2014 im Durchschnitt auf 8,9 Punkte, die Stadtteilschüler nur auf 6,2 Punkte.

Gravierende Leistungsunterschiede

„Dieser Bericht liegt schon seit Februar 2015 vor und benennt nicht nur die gravierenden Leistungsunterschiede zwischen Gymnasien und Stadtteilschulen, sondern auch die Abhängigkeit der Leistungen vom Sozialindex und die Diskrepanzen zwischen Vorbenotung und Abi-Prüfungsergebnissen“, sagte Prien.

In einem Brief an Rabe fordert die Vize-Chefin der CDU-Fraktion nun Konsequenzen. „Als Schulsenator sind Sie dafür zuständig, dass endlich ein Ruck durch den Mathematikunterricht in Hamburg geht, in den Schulen, in der Behörde und in der Lehrerfortbildung, denn die Lage ist dramatisch“, schreibt Prien. „Die Notmaßnahme zur Herabsetzung der Bewertung ist rechtlich und politisch hochproblematisch, wenn auch sicher getragen von der guten Absicht, den betroffenen Schülerjahrgang zu entlasten.“

Die Schwächen in Mathematik seien jedoch „seit vielen Jahren bekannt, auch von Ihnen als Oppositionspolitiker bereits beanstandet und zuletzt wieder durch die Kermit-Ergebnisse bestätigt worden“, so Prien. Sie fordert eine „mittel- und langfristige Strategie, die klarer verbindliche Lernziele vorgibt und die Erfüllung besser sicherstellt – selbst wenn dies dem Wunsch der Eltern nach Individualisierung zuwiderläuft“. Und Prien wird konkret: Die schlechten Mathe-Ergebnisse stellten auch „die Praxis der selbstverantworteten Schule infrage, wie auch die der fachunspezifischen Schulinspektionen, die die fachbezogenen Lernergebnisse nicht hinreichend im Blick haben“.

„Strukturelles Defizit im Mathematiklernen“

„Selbst das Heraufsetzen der Noten um drei Punkte ändert nichts daran, dass diese Klausur auf der ganzen Linie ein Desaster ist. Die Arbeiten dürfen nicht gewertet werden“, sagte Sabine Boeddinghaus (Linke), die ebenfalls eine Neuausrichtung des Mathe-Unterrichts, eine verbindliche Fortbildung und eine stärkere behördliche Steuerung fordert.

Für Alexander Wolf (AfD) steht hinter den schlechten Ergebnissen ein „strukturelles Defizit im Mathematiklernen“. Außerdem stelle die heutige Pädagogik „zu einseitig auf Lob und Bestärkung ab, anstatt auch Disziplin, Fleiß und Leistungsbereitschaft von den Schülern einzufordern“.