Hamburg. Noten korrigiert: Mehr als 40 Prozent aller Schüler hätten in Abi-Probearbeit eine Fünf oder Sechs geschrieben. Hier die Liste.

Es ist noch schlimmer als zunächst angenommen: Das Ergebnis der Probeklausur für das Abitur im Fach Mathematik ist im Grunde ein Desaster. Nach Auswertung sämtlicher Arbeiten der 3201 Schüler, die die fünfstündige Klausur auf erhöhtem Anforderungsniveau geschrieben haben, liegt die Durchschnittsnote bei 4,1.

Schon auf Basis erster Meldungen von rund zehn Schulen hatte die Schulbehörde in der vergangenen Woche einen Mittelwert von 3,9 angegeben. Daraufhin hatte Schulsenator Ties Rabe (SPD) angeordnet, alle Zensuren um eine ganze Note heraufzusetzen. Dies geschah, damit die Schüler mit Blick auf das erste bundesweite Zentralabitur 2017 keine Nachteile erleiden, zumal nicht sicher war und ist, welche Gründe für das schlechte Ergebnis ausschlaggebend sind.

Die Behörde spricht nun auch von einer „außerordentlich schweren“ Klausur. Die Zahlen belegen das: Vor der nachträglichen Heraufsetzung der Zensuren hätten 1363 Schüler (42,6 Prozent) eine Fünf oder Sechs bekommen. Noch einmal 10,6 Prozent hätten nur eine Vier minus erreicht. „Die Mathematik-Klausur war diesmal schwerer als in der Vergangenheit, weil wir Hamburgs Abiturienten frühzeitig auf die künftigen bundeseinheitlichen Mathe-Abituraufgaben vorbereiten müssen“, sagte Rabe.

Welche Herausforderung die Klausur für die Schüler darstellte, zeigt auch ein Blick auf die Schulen mit den besten Ergebnissen: Der höchste Durchschnittswert aller Gymnasien und Stadtteilschulen lag bei lediglich 3,2, und den erreichten nur drei Schulen: Gymnasium Altona, Gymnasium Oberalster (Sasel) sowie das Hansa-Gymnasium (Bergedorf). Die Vorabiturienten des Gymnasiums Buckhorn (Volksdorf) kamen auf einen Mittelwert von 3,3.

Suche nach den Ursachen

An sechs Gymnasien – jedem zehnten – schnitten die Schüler mit der Durchschnittsnote 4,5 oder schlechter ab. Noch schlechter sind die Resultate der Stadtteilschulen. An 20 Standorten dieser Schulform – jedem zweiten – schrieben die Schüler im Mittel eine Fünf oder schlechter. Am besten schnitten die Stadtteilschule Alter Teichweg (Barmbek) mit 4,0 und die Max-Brauer-Schule (Bahrenfeld) mit 4,1 ab.

Längst hat die Suche nach den Ursachen für den Einbruch der Leistungen begonnen. Die Schulbehörde weist darauf hin, dass bei dieser Klausur am Ende des dritten Semesters der Oberstufe (geschrieben wurde Mitte Dezember) erstmals drei statt zwei Mathematikbereiche geprüft wurden: Analysis, analytische Geometrie und Stochastik.

Zudem waren die Aufgaben deutlich komplexer und umfangreicher als in früheren Jahren. „Eine erste Auswertung deutet darauf hin, dass den Schülern vor allem der Umfang der Arbeit zu schaffen machte“, heißt es in einer Behördenmitteilung. Auch Eltern und Lehrer hatten auf diesen Aspekt schon zuvor hingewiesen.

Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Mathematik-Leistungen Hamburger Schüler aller Altersstufen seit Jahren insgesamt schlechter sind als die Werte der meisten Gleichaltrigen anderer Bundesländer. Jüngste Auswertungen des Instituts für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfBQ) zeigen außerdem, dass die Mathe-Leistungen der Abiturienten von 2012 bis 2014 abgesackt sind – also unabhängig von der Vorbereitung auf das Zentralabitur.

Zusammenhang mit Sozialindex

Im Jahr 2012 betrug die Durchschnittsnote der Mathe-Abiklausur auf erhöhtem Anforderungsniveau 9,5 Punkte auf der 15er-Notenskala. Im Jahr darauf kamen die Schüler auf 9,1 und 2014 auf 8,1. Parallel dazu stieg die Zahl der Abiturienten, die die Klausur schrieben, von 1875 auf 2481. Deutlich unterschiedlich sind die Ergebnisse nach Schulform: Die Gymnasien kamen 2014 auf 8,9, die Stadtteilschulen nur auf 6,2 Punkte.

Bei der Klausur auf grundlegendem Anforderungsniveau fiel der Mittelwert insgesamt von 8,5 (2012) auf 8,3 (2014) leicht. „Im Fach Mathematik zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Klausurergebnis und Sozialindex der Schule“, heißt es in der IfBQ-Studie. Soll heißen: Schüler, die Schulen in einem sozial stabilen Umfeld besuchen, schneiden besser ab.

Gezielte Nachhilfe

Rabe will mit der Mathematik-Offensive, mit mehr Unterricht und ausschließlich eingesetzten Fachlehrern langfristig die chronischen Defizite der Schüler in diesem Fach abbauen. Den jungen Menschen, die jetzt ins Abitur gehen, hilft das nicht.

Deswegen hat die Schulbehörde alle Schulen aufgefordert, zwölf zusätzliche Übungs- und Vorbereitungsstunden für die Abiturienten zu organisieren. Darüber hinaus können die Schulen auch in den Frühjahrsferien gezielte Nachhilfe anbieten und dafür zusätzliche Übungsaufgaben nutzen. „Wir müssen uns der Herausforderung stellen, denn wir wollen kein Abi light, sondern ein Abitur auf Bundesniveau“, sagte Rabe.