Hamburg. Zwischenbilanz für Hamburg. Handwerkskammer bereitet Zuwanderer auf Arbeit in Umweltbranche vor.
Immer mehr Flüchtlinge absolvieren in Hamburg eine Berufsausbildung. Das ergab eine Umfrage des Abendblatts bei Handwerks- und Handelskammer. Insgesamt sind bei den beiden Kammern aktuell rund 350 Ausbildungsverhältnisse eingetragen. Erfasst wurden dabei die wichtigsten Fluchtländer Afghanistan, Eritrea, Irak und Syrien. Die meisten Auszubildenden kommen aus Afghanistan (272), gefolgt von Syrien (51). Hamburg gilt als ein Zentrum der afghanischen Community in Deutschland.
Mit Beginn im Februar und August 2017 werden weitere Flüchtlinge eine Ausbildung in einem Betrieb beginnen,. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Integration in den Arbeitsmarkt. Nach einer Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) haben 70 Prozent der Flüchtlinge keine abgeschlossene Berufsausbildung. Das liegt vor allem daran, dass es in deren Heimat kein duales Ausbildungssystem wie in Deutschland gibt.
Bisher einmaliges Modellprojekt
Hassan Dakka allerdings gehört nicht zu dieser Gruppe. Er kommt aus Syrien, ist Brandschutzingenieur, arbeitete zuletzt bei der Feuerwehr in seiner Heimatstadt Aleppo und hat in Russland studiert. „Ich habe in meiner Heimat Menschen ausgebildet, die in Betrieben als Brandschutzhelfer arbeiten“, sagt Dakka.
Jetzt ist er zusammen mit 21 anderen Flüchtlingen Teilnehmer an einem bundesweit bisher einmaligen Modellprojekt. Flüchtlinge sollen als Umwelthandwerker qualifiziert werden. Ein einwöchiger Lehrgang dient als Vorbereitung für eine danach beginnende fünfmonatige Qualifizierung. Das Ziel ist, als Umwelthandwerker arbeiten zu können.
Mehrstufige Weiterbildung
Die mehrstufige Weiterbildung von geflüchteten Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten wurde speziell für den Bereich der Umwelttechnik weiterentwickelt. Finanziert wird das Projekt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt mit knapp 280.000 Euro. Umgesetzt wird es vom Zentrum für Energie-, Wasser- und Umwelttechnik (ZEWU) der Handwerkskammer.
„Auf verschiedenen Wegen haben wir Flüchtlinge ausgewählt, die Kenntnisse und Fähigkeiten in der Umwelttechnik haben“, sagt Kai Hünemörder, Leiter des ZEWU. Unter den Teilnehmern sind Bauingenieure aus der syrischen Universitätsstadt Latakia und Menschen mit handwerklicher Begabung aus dem Iran. 60 Prozent der Teilnehmer haben einen Universitätsabschluss. Die anderen praktische Erfahrungen etwa bei der Montage von Klimaanlagen oder von Elektrotechnik.
Navid Barbat kommt aus dem Iran. Er wechselt gerade ein Teil im Brenner eines Heizölkessels aus, hantiert mit einem Schraubenschlüssel. Er hat aus seiner Heimat einen Studienabschluss in der Landwirtschaft und dort im Gemüseanbau gearbeitet. „In Deutschland möchte ich einen neuen Beruf lernen. Ich interessiere mich für Windräder“, sagt der 28-Jährige.
Sein Kollege Hassan Dakka muss dagegen mit kleinerem Werkzeug hantieren. Auf einer kleinen Plattform soll er einen winzigen Elektromotor montieren. Besondere Herausforderung in beiden Fällen: Die Arbeitsanleitungen sind auf Deutsch. Sprachkenntnisse und handwerkliches Geschick sind gefragt. 18 der 22 Flüchtlinge können nach einer Woche des Kennenlernens und der Kompetenzfeststellung in die weitergehende Qualifizierung. „Keiner scheidet aber ganz aus, es wird noch einen Kurs in diesem Jahr geben“, sagt Hünemörder.
Fachliche Sprachkompetenz ist wichtig
In dem fünfmonatigen Kurs „Technik – Umwelt – Deutsch“ wird es auch viel um fachliche Sprachkompetenz gehen. Die Flüchtlinge sollen danach den Sprachlevel B2 haben, um eine weitere professionelle Qualifizierung beginnen zu können. 70 Prozent der Zeit werden in das fachliche Sprachtraining investiert. Neben technischen Inhalten wird es viele Exkursionen zu Unternehmen wie Solarparks, Wasserwerke und Handwerksbetrieben geben, denn dort werden Fachkräfte gesucht. So soll der Kontakt zu möglichen Arbeitgebern geknüpft werden.
„Gleichzeitig bemühen wir uns aber auch um eine Anerkennung der Abschlüsse aus den Heimatländern der Geflüchteten“, sagt Hünemörder. So hat Abbas Agah aus Afghanistan in seiner Heimat einen Studiengang in Automechanik absolviert und einen Abschluss als Bachelor.
Integration bleibt eine Herausforderung
Das Projektteam hilft während des Kurses bei der Suche nach einer passenden technischen Folgequalifizierung oder nach Betriebspraktika. Im Idealfall gelingt der Einstieg in eine höherwertige Beschäftigung. Denn das Ziel ist die Integration in den Arbeitsmarkt. „Sobald unser Modell zur Qualifizierung von Flüchtlingen für Umweltberufe funktioniert, verbreiten wir es in der gesamten Republik“, sagt Josef Katzer, Präsident der Handwerkskammer.
Die Integration der Flüchtlinge in den Hamburger Arbeitsmarkt bleibt eine Herausforderung. Nach den neuesten Zahlen der Arbeitsagentur Hamburg haben erst 1500 der insgesamt 20.000 arbeitsuchenden Flüchtlinge in der Hansestadt einen Arbeitsplatz gefunden. Vorwiegend in Helferberufen und dem Reinigungsgewerbe. Hassan Dakka und seine Kollegen hoffen auf besser bezahlte Arbeitsplätze.