Hamburg. Die Veranstalter geben das Fest in Hamburg nach 30 Jahren auf. Grund war der Streit um eine höhere Miete für Rathausmarkt.
Es ist das Ende einer gut 30 Jahre dauernden Freundschaft zwischen zwei deutschen Metropolen – und es bedeutet das Aus für eines der beliebtesten Feste in der Innenstadt, das Stuttgarter Weindorf.
Nach Abendblatt-Informationen haben die Weindorf-Veranstalter Pro Stuttgart e. V. dem Bezirk Hamburg-Mitte und Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) schriftlich mitgeteilt, dass sie ihre Bewerbung für das Stuttgarter Weindorf für 2017 auf dem Rathausmarkt zurückziehen und sich auch künftig nicht mehr um die Fläche bewerben werden. Das bestätigte Pro-Stuttgart-Geschäftsführer Axel Grau dem Abendblatt: „Wir sehen keine wirkliche Chance mehr, für ein wirtschaftlich sinnvoll zu betreibendes Weindorf.“
Im Februar 2016 begann das Zerwürfnis
Seit 1986 waren die Stuttgarter Jahr für Jahr mit lokalen Spezialitäten und Weinen aus der Region im Herzen der Hansestadt vertreten und hatten bis zu einer halben Million Besucher.
Doch im Februar 2016 begann das Zerwürfnis. Es ging um Geld: Der Verein Pro Stuttgart sagte das für Mai geplante Weindorf ab, weil das zuständige Bezirksamt Hamburg-Mitte die Platzmiete extrem erhöht habe. Schon damals erhob Axel Grau schwere Vorwürfe: „Wir fühlen uns erpresst. Offenbar wollte man uns loswerden.“
Zwischenruf: Dann eben keine Schoppen mehr
Der Hintergrund: 2015 zahlte Pro Stuttgart noch 46.000 Euro Gebühren für den Rathausmarkt, 2016 sollte die Platzmiete auf 125.000 Euro steigen. Diese hatte sich bis dahin aus der Verrechnung von zwei Veranstaltungen ergeben: dem Stuttgarter Weindorf in Hamburg und dem „Hamburger Fischmarkt“ in Stuttgart, den die Hansestadt einmal im Jahr in der baden-württembergischen Landeshauptstadt ausrichtet.
Beide Veranstaltungen durften jeweils elf Tage lang geöffnet bleiben. Da das Weindorf aber sechs bis sieben Tage länger dauert, wurde für diesen Zeitraum die normale Platzmiete fällig. Für 2016 verlangte der Bezirk Hamburg-Mitte aber eine Sondernutzungsgebühr für den gesamten Zeitraum.
Der Grund: „Schon vor Jahren wurde vom Hamburger Rechnungshof die Sonderregelung für das Stuttgarter Weindorf angemahnt“, sagte im Februar eine Sprecherin des Bezirksamtes Mitte. Die Veranstaltung habe sich in den vergangenen Jahren schließlich etabliert. „Für uns ist es deshalb nicht mehr leistbar, weiterhin einen Gebührenerlass zu gewähren“, so die Sprecherin. Doch dann gab es einen Hoffnungsschimmer. Alle Beteiligten bemühten sich, das Stuttgarter Weindorf weiterhin an Hamburg zu binden.
Im Sommer kam eine Delegation aus Stuttgart mit Bezirkschef Falko Droßmann (SPD) zusammen. Von einem guten Auftaktgespräch war damals die Rede. Weitere Treffen mit dem Bezirk Hamburg-Mitte folgten.
Doch am Ende kam es zu keiner Einigung: „Es gab zwar ein gewisses Entgegenkommen der Stadt, aber trotzdem ist das finanzielle Risiko zu hoch, diese Veranstaltung weiter in Hamburg auf einem gleichbleibend hohen Niveau auszurichten“, sagte Grau dem Abendblatt.
"Armutszeugnis für die Tourismusmetropole"
Senatssprecher Jörg Schmoll: „Trotz der intensiven Gespräche und der Bemühungen des Bezirks konnte keine Einigung erzielt werden. Das ist bedauerlich.“ Unterdessen erhebt die Opposition schwere Vorwürfe gegen die Stadt: „Die geringe Bereitschaft der Hamburger Sozialdemokraten auf Landes- und Bezirksebene zur Erarbeitung einer Lösung hat das Aus dieser Veranstaltung besiegelt.
Dass es dem Bezirk Hamburg-Mitte über fast ein Jahr nicht gelingt, eine attraktive Fläche für eine sehr beliebte gastronomische Veranstaltung zur Verfügung zu stellen, ist ein Armutszeugnis für die Tourismusmetropole Hamburg“, sagte Michael Kruse, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bürgerschaftsfraktion. Es sei unverantwortlich vom SPD Senat, eine so traditionelle Veranstaltung wie das Weindorf über die Klinge springen zu lassen, sagte CDU-Tourismusexperte David Erkalp.
Das endgültige Aus für das Stuttgarter Weindorf hat für die Stadt noch weitreichendere Konsequenzen: Die Stuttgarter hatten sich 20 Jahre lang um die Traubenernte am Stintfang, dem einzigen Hamburger Weinberg gekümmert. Die inzwischen 100 Reben sind ein Geschenk der Winzer. In Zukunft muss die Hansestadt selbstständig die Ernte einfahren. Die Stuttgarter wollen das nicht mehr machen.