Hamburg. Mehr Autos, aber weniger Fläche zum Parken – und mehr Knöllchenschreiber. Opposition: „Üble Senatsstrategie“.
Wer zentral wohnt, kennt das Problem: das endlose Herumgegurke mit dem Auto auf der Suche nach einem freien Parkplatz. Das kostet Sprit, Zeit und Nerven. Die angespannte Situation wird sich nach Einschätzung der CDU- und der FDP-Bürgerschaftsfraktion aber noch weiter verschärfen. CDU-Verkehrsexperte Dennis Thering spricht von einer groß angelegten, nicht enden wollenden „Parkplatzvernichtung“ in Hamburg.
1900 Parkplätze weniger in fünf Jahren
Fakt ist: Die Zahl der angemeldeten Pkw in Hamburg stieg von 726.000 im Jahr 2011 auf mehr als 766.000 im Jahr 2016. Wie viele Parkplätze es an den mehr als 8000 Straßen in Hamburg gibt, ist nicht bekannt, wird aber aktuell vom Landesbetrieb Verkehr (LBV) ermittelt. Seit 2011 fragt die CDU-Fraktion allerdings mittels Kleiner Anfragen an den Senat ab, wie viele Parkplätze in Hamburg wegfallen. Nach fünf Jahren kommt sie unter dem Strich auf ein Minus von 1900 Parkplätzen, darunter auch 560 Park & Ride-Parkplätze, die wegen einer Flüchtlingsunterkunft verschwunden sind.
Allein 2016 fielen laut Senat 120 Parkplätze der Busbeschleunigung und Straßenumbauarbeiten zum Opfer. Weitere 120 Parkplätze wurden zu Carsharing-Ladestationen für Elektrofahrzeuge umfunktioniert und stehen somit nicht mehr zur Verfügung. Im gleichen Zeitraum seien 300 Stellplätze geschaffen worden, so der Senat – hierbei handelt es sich allerdings um Kunden-Parkplätze eines Autohauses.
Den Vorwurf, in Hamburg würden systematisch Parkplätze „vernichtet“, kann LBV-Sprecher Uwe Thillmann dennoch nicht nachvollziehen. „Sicher fallen an bestimmten Stellen Parkplätze weg, aber es entstehen auch wieder an anderen Stellen Parkflächen, beispielsweise in der Hafencity oder der neue Mitte Altona.“ Zudem werde bei Baumaßnahmen in der Regel darauf geachtet, dass Parkflächen erhalten bleiben. Fakt sei aber, dass es aufgrund der Bebauung in bestimmten Quartieren nur begrenzte Parkflächen gebe.
Aus Sicht der CDU ist Parkraum in Hamburg ein immer knapperes Gut – das werde sich auch nicht ändern, sagt Thering. Durch den Wegfall der Stellplatzverordnung vor drei Jahren seien die Bauherrn bei Neubauvorhaben nicht mehr an den alten Schlüssel gebunden, bis zu 0,8 Stellplätze pro Wohnung zu schaffen oder eine Stellplatzabgabe zu zahlen. „Das verschärft das Problem massiv“, sagt Thering, ähnlich kritisch äußerte sich in der Vergangenheit dazu auch der ADAC Hansa. Thering fordert: „Die Stellplatzabgabe muss wieder eingeführt werden.“ Erkenntnisse darüber, wie sich die abgeschaffte Stellplatzverordnung auf den Parkraum bisher ausgewirkt hat, liegen laut LBV nicht vor.
Härteres Vorgehen gegen Falschparker
Parkraum-Verknappung, erhöhte Parkgebühren, mehr Knöllchenschreiber, mehr Abschleppvorgänge – auch für den FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Wieland Schinnenburg ist das nicht hinnehmbar: „Es ist eine üble Strategie des Senats: Erst werden in großem Umfang Parkplätze vernichtet, obwohl die Zahl der Autos in Hamburg steigt, und dann erfolgt eine Großoffensive gegen Autofahrer, die mangels legaler Parkplätze illegal parken.“
Tatsächlich läuft diese Offensive bereits seit 2013, Rot-Grün hatte zudem im Koalitionsvertrag ein härteres Vorgehen gegen Falschparker vereinbart. Wer illegal parkt, wird mit einiger Wahrscheinlichkeit erwischt und muss zwischen zehn und 35 Euro zahlen. Im Vorjahr hat die Stadt durch Buß- und Verwarngelder die Rekordsumme von 20,3 Millionen Euro eingenommen und gleichzeitig zum ersten Mal mehr als eine Million Anzeigen im Bereich ruhender Verkehr geschrieben. Bei rund der Hälfte dürfte es sich um Parkzeitverstöße an den 13.000 gebührenpflichtigen Stellplätzen handeln.
80 Knöllchenschreiber in der Stadt
Gleichzeitig schickt die Stadt immer mehr Knöllchenschreiber auf die Straße. Innerhalb eines Jahres ist die Abteilung Parkraummanagement beim Landesbetrieb Verkehr von 49 auf mehr als 80 Mitarbeiter aufgestockt worden. Abzocke? Den Vorwurf lässt LBV-Sprecher Thillmann nicht gelten. Die Parkraumüberwachung diene nun mal „der Einhaltung der Regeln und der Herstellung von Parkgerechtigkeit“, so Thillmann. „Außerdem führt die Überwachung dazu, dass Parkflächen, beispielsweise vor Geschäften, die bisher durch Dauerparker besetzt waren, nun wieder für kurzfristige Einkäufer frei werden.“
Ob legal oder illegal – Parken scheint ein lukrativer Posten für die Stadt zu sein. Für das Parken müssen Autofahrer immer tiefer in die Tasche greifen: Seit Juli 2014 müssen sie für die Nutzung der meisten Park & Ride-Anlagen an den S- und U-Bahn-Stationen zwei Euro für eine Tageskarte zahlen. Saftig erhöht hat die Stadt auch die Parkgebühren – seit Anfang 2017 werden pro Stunde statt 2,50 drei Euro in der City fällig. Aktuell ist der LBV dabei, das Gros der öffentlichen Stellplätze in Hamburg zu erfassen. Mit einem Abschluss der Katalogisierung rechnet die Behörde Ende 2017. Mit diesen Daten soll dann „intelligentes Parken“ möglich sein: Autofahrer sollen in nicht allzu ferner Zukunft vorab prüfen können, ob am Zielort überhaupt die Chance zum Parken besteht. Bei einem Anteil von rund 40 Prozent des Parksuchverkehrs am innerstädtischen Autoverkehr ein Hoffnungsschimmer.