Die “Knöllchen-Offensive“ der Stadt ist keine Abzocke, sondern konsequente Verwaltung
Auf den ersten Blick klingt es, als sollte man sich empören, als müsse das Wort von der "Abzocke" benutzt werden: Kostenlose Parkplätze in der Hamburger Innenstadt werden gestrichen, Parkgebühren bis 20 Uhr verlangt, in Gegenden mit vielen Kneipen gar bis Mitternacht. Und damit Autofahrer auch zahlen, werden zusätzliche Kontrolleure losgeschickt. Die Aufgabe: 35 Millionen Euro zusätzlich sollen sie eintreiben. Und wer ist schuld? Die SPD. Sie hat die alleinige Mehrheit und bringt das Projekt auf den Weg.
Doch so einfach ist es nicht. In der Hamburger Innenstadt gibt es ein Sammelsurium von Parkvorschriften. Mal mit Parkscheibe, mal mit Parkuhr. Mal Höchstzeit zwei Stunden, mal drei. Mal zahlt der Autofahrer pro angefangene halbe Stunde, mal pro Stunde. Mal ist es gar kostenfrei. Dieser Regelwirrwarr wird jetzt abgeschafft. Stattdessen gibt es klare und einheitliche Bestimmungen.
Doch die allein reichen noch nicht aus. Bislang zahlt nur etwa jeder fünfte Autofahrer in der Innenstadt ordnungsgemäß seinen Preis. Das heißt, die ganz große Mehrheit schummelt, um es nett zu umschreiben. Da wird wahlweise gar nicht gezahlt oder viel zu kurz. Unrechtsbewusstsein? Fehlanzeige.
Solange die Chance groß ist, nicht erwischt zu werden, wird es keine Einsicht geben. Einzig das Wissen, dass täglich und nahezu rund um die Uhr kontrolliert wird, wird die Masse der Autofahrer zum korrekten Zahlen bewegen. Und das auch nur, wenn es teurer wird, das Bußgeld zu bezahlen statt des Parktickets. Noch ist es anders. Diese Ungerechtigkeit wird jetzt beseitigt, der bundesweit geltende Bußgeldkatalog geändert. Also ist es folgerichtig, wenn Hamburg dann zusätzliche Kontrolleure losschickt, um das Geld einzutreiben, das der Stadt zusteht.
Wer mit dem Wagen ins Zentrum kommt und ihn hier abstellt, soll dafür zahlen. Selbst viele Unternehmen mit Sitz in der Innenstadt, die ihren Mitarbeitern Parkplätze in firmeneigenen Tiefgaragen anbieten, verlangen inzwischen Miete. Wer mit der Bahn ins Zentrum kommt, zahlt. Wer den Wagen im Parkhaus abstellt, ebenso. Warum also soll am Straßenrand kostenlos geparkt werden dürfen? Wenn die sogenannte Knöllchen-Offensive funktioniert, wird sie auch zu einer Gebührengerechtigkeit beitragen.
Zwei Euro kostet es, den Wagen eine Stunde in der Innenstadt abzustellen, eine Latte macchiato im Café oder eine Cola im Kino sind teurer. Zwei Euro sind günstig, andere Metropolen verlangen da deutlich mehr. Diese zwei Euro konsequent einzutreiben oder alternativ ein trotz Anstiegs immer noch moderates Bußgeld - das ist keine Abzocke, sondern konsequentes Verwaltungshandeln.
Abzocke ist vielmehr das, was die Firma Aktiv Transport macht, wenn sie auf Parkplätzen von Supermärkten regelrecht fahndet nach Autos, die da etwas zu lange stehen, um sie umgehend abzuschleppen und sich das dann teuer bezahlen zu lassen.
Wenn es unter Autofahrern die Runde macht, dass man in der Hamburger Innenstadt nicht mehr ohne Konsequenzen kostenfrei parken kann, dann dürfte das nebenbei dazu führen, dass Besucher den Wagen gleich stehen lassen und stattdessen mit Bus oder Bahn in die Innenstadt kommen. Das ist zwar nicht die von Umweltverbänden geforderte City-Maut - einen Effekt dürfte die Maßnahme aber schon haben auf Verkehrslärm, Staus und Abgase.
Wer von Besuchern eine höhere Gebühr in Leihbüchereien verlangt oder von Familien in Bädern - der muss auch konsequent sein im Umgang mit Autofahrern. Es gibt kein Recht auf einen kostenlosen Parkplatz in der Innenstadt.