Hamburg. Weil er sich 2011 vertippte, beschenkte Stephan Hering-Hagenbeck Neujahrs-Geburtstagskind Benedikt mit einer Führung.
Nach einer halben Stunde öffnen sich die schweren Tore. Benedikt, sechs Jahre alt, geht lieber mal zu Papa auf den Arm. Sicher ist sicher. Denn da biegt schon der erste Rüssel um die Ecke, die ersten Ohren und dann der ganze mächtige Elefant. Gemächlich trottet die hochschwangere Indra etwa zwei Meter entfernt von Benedikt in die Freilaufhalle des Tierparks Hagenbeck. „Warst du schon mal so dicht dran?“, wird der zoologische Direktor Stephan Hering-Hagenbeck den Jungen später fragen. „Nee“, flüstert der fast ehrfürchtig. Ist eben was ganz Besonderes, diese Exklusivführung am Neujahrstag hinter den Kulissen des Elefantenhauses. Für Benedikt – und für Stephan Hering Hagenbeck.
Neujahrswette vor sechs Jahren
Vor sechs Jahren hatte der damalige Geschäftsführer in der Abendblatt-Silvesterausgabe mit anderen Prominenten eine Neujahrswette abgeschlossen. Seinerzeit ließ er sich zu der Aussage hinreißen, das erste Baby, das 2011 in Hamburg geboren wird, werde ein Mädchen. Tja, und diese Wette ging schneller verloren, als man Elefantenhaus buchstabieren kann. Denn acht Minuten nach Mitternacht kam Benedikt in Barmbek als erstes Hamburger Neujahrsbaby auf die Welt. Zweifelsfrei: ein Junge. Pech für Hering-Hagenbeck, Glück für den kleinen Neuhamburger. Denn der Wetteinsatz war eine Führung durch das Elefantenhaus.
Henry ist das Hamburger Neujahrsbaby 2017
Dass das Einlösen der Wettschuld nun bis zum Jahr 2017 dauerte, lag an der weitsichtig gewählten Formulierung von Stephan Hering-Hagenbeck, der sich 2010 wie folgt einließ: „Wenn es ein Junge wird, lade ich ihn und seine Familie zu seinem sechsten Geburtstag zu uns in den Tierpark ein und werde mit ihnen einen Blick hinter die Kulissen des Elefantenhauses werfen.“ Hering-Hagenbecks verlorene Wette, Benedikts sechster Geburtstag, der Start ins neue Jahr – es kam also einiges zusammen.
Für Zuschauer sonst gesperrt
Benedikt wusste schon seit – O-Ton – „mehreren Jahren“, dass ihm ein großer Tag bevorsteht. Punkt 14 Uhr ist er verabredet, und Punkt 14 Uhr steckt das Geburtstagskind mittendrin in der Einführungsvorlesung „Asiatische Elefanten bei Hagenbeck“. Kriegt man ja auch nicht alle Tage: Ein Hagenbeck erklärt Hagenbeck. Die Dickhäuter seien zwar seine favorisierten Forschungsobjekte, sagt Stephan Hering-Hagenbeck. In den Genuss einer persönlichen Tour mit ihm kämen aber nur wenige. Fundiert referiert der zoologische Direktor und studierte Biologe deshalb auch vor einem andächtig lauschenden Kind über Schlaf-, Fress- und allgemeine Lebensgewohnheiten der Tiere. Danach beginnt der richtig spannende Teil. Es geht in den sonst für Besucher gesperrten Bereich. Nächster Halt: Schauvitrine mit echten Stoß- und Backenzähnen. Übernächster Halt: der Sand der Freilufthalle.
Dort, wo sonst nur Pfleger und Tiere ihre Füße in den weichen Untergrund setzen dürfen, steht nun Benedikt im Kreis seiner Familie und wirkt ein wenig übermannt: „Hier hat mal ein Elefant einen anderen fast ins Wasser geschoben“, fällt ihm ein. Ja, das stimmt, es gebe auch mal Streit in der Herde, bestätigt Hering-Hagenbeck. Deshalb seien auch überall kleine Hindernisse aufgebaut. Dadurch könnten sich die Tiere aus dem Weg gehen und vor ihren Artgenossen flüchten. Das fällt aus der sonstigen Besucherperspektive gar nicht auf.
Äpfel und Leckerlis ins Elefantenmaul
Als wenig später die komplette Elefantenherde mit Mutter- und Jungtieren Rüssel an Schwanz an Benedikt vorbei in die Halle zieht, ist das schon sehr besonders für den Sechsjährigen. Aus nächster Nähe wirken die Tiere gewaltig. So dicht dran sind sonst nur die sieben Elefantenpfleger bei Hagenbeck. Kein Wunder, dass man da mal kurz auf Papas Arm will. Stichwort: Vorsichtsmaßnahme. Und: bessere Sicht.
Zum Glanzpunkt der Führung, dem Füttern von Hand, wird dann aber doch Benedikts ganzer Typ verlangt. Runter vom Arm, rein ins Abenteuer. Wagemutig steckt das Geburtstagskind dem überaus geschickten Elefanten zunächst kleine Leckerlis, später ganze Äpfel in den Rüssel. Das sei schon etwas anderes, als die Tiere nur aus der Entfernung zu sehen, räumt er ein: „Film ist Film, echt ist echt.“ Ob dieses Erlebnis auch Auswirkungen auf seine spätere Berufswahl haben könnte, will Stephan Hering-Hagenbeck vom Geburtstagskind wissen. „Ich weiß noch nicht, was ich werden will“, sagt Benedikt. Mit Gewissheit könne er dagegen beantworten, wie er seine Geburtstagstour fand: „Sehr gut.“