Hamburg. Hochwasser und umgestürzte Bäume. In Hamburg und Umgebung enden die Feiertage ungemütlich. Sibirische Kaltfront erwartet.

Sturmflut, Orkan und umgestürzte Bäume: Wenig festlich endete die Weihnachtszeit in Hamburg und Umgebung. Das Unwetter hat in der Hansestadt insgesamt 81 Einsätze der Feuerwehr ausgelöst, in Schleswig-Holstein rund 200. In der Nacht zum Dienstag gab es besonders an der Nord- und Ostseeküste heftige Böen und an einigen Stellen vereiste Straßen. Hochwasser bedrohte die Deiche. Mancherorts wurden gar Orkanwinde der höchsten Stufe 12 gemessen. Bei wetterbedingten Unfällen gab es Verletzte und mindestens eine Tote. Blitze trafen zwei Flugzeuge auf dem Weg nach Kopenhagen; die Insassen einer Maschine mussten nach einer Sicherheitslandung auf Bornholm übernachten.

Bei Kiel kam am Abend eine 34 Jahre alte Autofahrerin ums Leben, als ein wegen des Sturms umstürzender Baum auf ihren fahrenden Wagen krachte. Ihr 24 Jahre alter Freund wurde bei dem Unfall in Westensee lebensgefährlich verletzt. Erst nach einer Stunde gelang es Rettungskräften, ihn mit schwerem Gerät aus dem Wrack zu befreien.

Fischmarkt überflutet

In Hamburg setzte eine Sturmflut verschiedene Hafenbereiche an der Elbe unter Wasser. Der Polizei zufolge lag der Scheitelpunkt des Hochwassers in der Nacht 2,62 Meter höher als das mittlere Hochwasser. Straßen im Hafengebiet und unter anderem auch der Fischmarkt wurden dadurch überflutet. In der Hafencity lief eine Tiefgarage voll. Sie stand bis zu einer Höhe von etwa 70 Zentimetern unter Wasser, wie die Feuerwehr mitteilte.
500.000 Liter Wasser seien eingedrungen. Rund 20 Feuerwehrkräfte waren am Dienstagmorgen im Einsatz, um die Garage wieder leer zu pumpen. Verletzte gab es nach ersten Erkenntnissen nicht. Am Dienstagmorgen waren die Überschwemmungen weitgehend wieder abgelaufen, hieß es weiter.

In Hamburg-Langenhorn drohte ein Baugerüst umzustürzen und andere Häuser zu beschädigen. Den Angaben der Polizei zufolge lösten sich am Montagabend Teile des Gerüstes und flogen herum. Demnach mussten 15 Bewohner vorsorglich ihre Häuser verlassen.

Einen weiteren Einsatz gab es an den Hamburger Messehallen. Wegen des starken Windes waren dort am Montagnachmittag etwa 40 Zentimeter große Betonteile von Stützpfeilern des Messegebäudes abgebrochen und auf den Gehweg gefallen, wie der Sprecher sagte. Der Bereich wurde mit einem Bauzaun abgesichert.

Sperrung der S3

Bei Buxtehude kollidierte am Abend eine S-Bahn mit einem umgestürzten Baum. Die 25 Fahrgäste der Bahn kamen mit dem Schrecken davon, sie wurden per Bus weiter transportiert. Verletzt wurde dabei niemand, die Strecke wurde aber gesperrt. Gegen 6.40 Uhr wurde die Sperrung der S3 zwischen Stade und Neugraben wieder aufgehoben, der S-Bahn-Verkehr ist aber weiter stark beeinträchtigt.

Allein im Kreis Pinneberg rückten die Einsatzkräfte 25 mal aus. In Pinneberg löste sich Teile eines Hochhausdaches und stürzten auf mehrere Pkw.

Unwetterwarnung per Katwarn

Das vom Fraunhofer Institut betriebene Katastrophenfrühwarnsystem Katwarn hatte am Montagabend um 20.47 Uhr eine amtliche Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes für Hamburg und das Umland auf alle registrierten Smartphones verschickt. Betroffene des Unwetters wurden gebeten, Fenster und Türen geschlossen zu halten sowie Gegenstände im Freien zu sichern. Nach etwa einer halben Stunde wurde die Unwetterwarnung aufgehoben. Um 0.26 Uhr schickte Katwarn dann die Warnung einer schweren Sturmflut entlang der Elbe an alle registrierten Handys. Die stärkste Sturmböe sei gestern mit 104 km/h in Fuhlsbüttel am Flughafen gemessen worden, sagte Alexander Hübener vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation (IWK). "Es handelte sich dabei um eine orkanartige Böe der Windstärke 11", erklärte der Wetterexperte dem Abendblatt. Einige Flugzeuge sollen sogar bei der Landung beziehungsweise dem Start geschwankt haben.

Pegelstände über zwei Metern

Laut dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) gab es auch an der Nordseeküste Pegelstände von teilweise über zwei Metern. Dem Seewetterdienst zufolge kam es dort mancherorts – etwa auf der Insel Sylt – zu nächtlichen Windböen der Stärke 11, an der Ostseeküste vereinzelt sogar zu Böen der höchsten Stufe 12 mit bis zu 120 Stundenkilometern.

In Mecklenburg-Vorpommern gab es zahlreiche Autounfälle wegen des Wetters. Herunterfallende Äste beschädigten Fahrzeuge, umgefallene Bäume blockierten Straßen. Ein fahrender Wagen wurde auf der Autobahn 20 von einer Böe gegen die Leitplanke gedrückt. Auf der Autobahn 14 bei Schwerin sorgte ein Hagelschauer für eine vereiste Strecke, auf der mehrere Autos ins Schleudern gerieten und gegeneinander krachten. Zwei Verletzte mussten ins Krankenhaus.

Sylt Shuttle stellt Betrieb ein

Vorsicht, denn dieser Spaß ist nicht ungefährlich. Der heftige Sturm verhalf diesem Surfer in Weihnachtsmannverkleidung zu meterhohen Sprüngen
Vorsicht, denn dieser Spaß ist nicht ungefährlich. Der heftige Sturm verhalf diesem Surfer in Weihnachtsmannverkleidung zu meterhohen Sprüngen © dpa | Markus Scholz

Wegen des Sturms war am Montag auf Sylt auch das „32. Weihnachtsbaden“ abgesagt worden. Nachdem der Sylt Shuttle zunächst nur noch eingeschränkt fahren konnte, stellte der Autozug den Betrieb am frühen Abend ganz ein. Der Hindenburgdamm sei nicht mehr befahrbar gewesen, teilte die Deutsche Bahn auf Anfrage mit. "Es herrscht dort Windstärke 12. Weil die Fahrzeuge auf dem Sylt Shuttle teilweise sehr windanfällig sind, mussten wir zu dieser nicht ungewöhnlichen Maßnahme greifen", sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn. Der Betrieb könne erst am Dienstagmorgen wieder aufgenommen werden.

Wetter: Warum 2016 das Jahr der Extreme war

Hoch bringt kühleres Wetter

Ab dem heutigen Dienstag macht sich dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge das Hoch „Yörn“ über Deutschland breit und bringt etwas ruhigeres, aber auch kühleres Wetter. Dazu gehören vor allem abwechselnd Nebel und Sonne, nachts leichter Frost. „Eine durchgreifende Änderung ist erst am Montag, dem 2. Januar 2017, zu erwarten“, sagte Christoph Hartmann von der Wettervorhersagezentrale des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Dann soll eine Kaltfront aus Sibirien über Deutschland hinwegziehen.