Berne. Behörde bleibt dabei: Die Ausweisung der Berner Siedlung als Ausdehnungsfläche für Hochwasser beeinflusse die Grundstückswerte nicht.
In und um das neue Überschwemmungsgebiet (ÜSG) Berner Au herum werden jetzt die Folgen der veränderten baurechtlichen Ausweisung deutlich: Anwohner haben die Rechnungen ihrer Gebäudeversicherer bekommen und müssen zum Teil eine Verzehnfachung der Prämien hinnehmen. Ihre Grundstücke sind in deutlich höhere Risikoklassen eingestuft worden. Neubauten würden nach heutigem Stand gar nicht mehr versichert. Damit sind die Anwohner des Flüsschens Berner Au den Opfern von Oder- und Elbeflut von 1997 und 2010 gleichgestellt worden.
Die Umweltbehörde äußerte sich verhalten zu den Hiobsbotschaften aus dem ÜSG. Es gebe wegen der gestiegenen Risiken bei den Gebäudeversicherern einen „allgemeinen Trend zu höheren Beiträgen“, hieß es. Die Erhöhungen in Berne müssten „im Einzelfall betrachtet“ werden. Die Bürgerinitiative forderte die Stadt auf, einen effektiven Hochwasserschutz zu gewährleisten und dafür das nötige Geld in die Hand zu nehmen. „An der Elbe werden auch Millionen dafür ausgegeben“, sagte Thomas Müller von der Bürgerinitiative „Kein Überschwemmungsgebiet Berner Au“.
Der CDU-Fraktionsvize Dennis Thering schlug sich auf die Seite der Anwohner und nannte die ÜSG-Ausweisung in Berne „unsinnig“.
Die Quelle der Berner Au ist versiegt
Schwierig für manchen Eigenheimer und seine Anschlussfinanzierung ist es, dass die Banken ohne Gebäudeversicherung keine Kredit gewähren. Noch schwieriger für die Berner ist es, die Hochwassergefahr zu akzeptieren. Die Berner Au ist ein Zufluss zur Wandse, die wiederum in die Alster mündet. Basis für die Ausweisung der ÜSG ist eine theoretische Berechnung der Hochwasserstände. Die Quelle der Berner Au ist allerdings seit Jahren versiegt.
Aber die Stadt nutzt das Flussbett als Regenwassersiel. Der Klimawandel mit den vermehrten Starkregenfällen, aber auch die Nachverdichtung und fehlende Unterhaltung bzw. Vergrößerungen der städtischen Rückhaltebecken und Retentionsflächen haben die Gefahr eines sogenannten „Binnenhochwassers“ zwar durchaus steigen lassen. „Aber das Risiko ist vor allem von der Stadt verursacht, nicht vom Klimawandel“, sagte BI-Sprecher Müller.
Die Behörden reagierten aber nicht mit dem Ausbau der Rückhaltebecken oder der Vergrößerung unbesiedelter städtischer Ausdehnungsflächen für das Wasser. Sie wiesen unter Berufung auf EU-Recht ÜSG auch auf privaten Grundstücken in der Nähe von Binnengewässern aus, die jetzt im Falle von Hochwasser als Überflutungsgebiet gelten. Zu den bestehenden sechs ÜSG kamen 2014 weitere elf dazu.
Die Anwohner in Berne und anderen bewohnten, neuen ÜSG laufen seitdem Sturm dagegen, konnten aber bisher nur eine Verkleinerung der Gebiete erreichen. Aber die Berner wollen grundsätzlich gar kein Regenwasser der Volksdorfer Siedler aufnehmen.
Wäre die Berner Au ein Siel, müsste die Stadt ihr Wasser behalten
Würde die Berner Au auch offiziell als „Sielanlage“ eingestuft, müsste die Stadt selber für den geordneten Abfluss des Oberflächenwassers sorgen. Die Behörde aber stuft die Berner Au nach wie vor als natürliches Gewässer ein, und damit wird die Ausweisung von ÜSG und damit die Abwälzung der Regenwasserproblematik rechtlich zulässig.
CDU-Mann Thering mahnte einen „verhältnismäßigen Umgang mit dem Hochwasserschutz“ an. SPD und Grüne müssten sich endlich bewegen. Die Ausweisung der Berner Siedlung als ÜSG und der damit verursachte Wertverlust der Immobilien sei „eine Zumutung“.
Die Stadt hat auch jetzt auf Nachfrage wieder erklärt, die Immobilien hätten mit der Ausweisung als ÜSG nicht an Wert verloren. Sie trat damit Schadenersatzansprüchen entgegen. Makler, die von Wertverlusten oder gar von Unverkäuflichkeit gesprochen hatten, würden damit geschäftliche Interessen verfolgen, hieß es von Seiten der Stadt. Im ÜSG muss für jede bauliche Veränderung eine „wasserrechtliche Genehmigung“ eingeholt werden. Da das ÜSG im Hochwasserfall als Überflutungsfläche dienen soll, dürfen bauliche Maßnahmen nicht die Verdrängung von Wasser zur Folge haben.
Die Berner Au ist nach Angaben der Anwohner, die auf 95 Jahre Siedlungsgeschichte zurückblicken, noch nie über ihre Ufer getreten. Das von der Behörde ermittelte und immer wieder ins Feld geführte „Hochwasser“, bei dem die Straße vor Jahren einmal feucht geworden war, ist nach Angaben der Anwohner auf einen verstopften Regenwasserzufluss zur Berner Au zurückzuführen. Rechtliche Voraussetzung für die Ausweisung von ÜSG ist ein nicht nur errechnetes, sondern ein faktisch beobachtetes Hochwasser.