Hamburg. Immobilienfachmann Peter Maßmann warnt vor Überangebot an Flächen und sagt dem Internet den Kampf an.

Projektentwickler lieben Hamburg. Wer durch die Innenstadt geht, kann beobachten, an wie vielen Standorten gebaut wird. Der Alte Wall gehört dazu, ebenso die Stadthöfe an der Stadthausbrücke. Allein an diesen beiden Standorten entstehen mehr als 16.000 Quadratmeter Einzelhandelsflächen. Das sind aber nur zwei Beispiele. Diese Entwicklung betrachtet Branchenexperte Peter Maßmann mit Sorge: „Nach meinen Kentnissen wurde bislang noch keine der Einzelhandelsflächen in den beiden Objekten vermietet. Wenn das so weitergeht, dann werden wir in ein paar Jahren in den Eins-b-Lagen der Innenstadt sichtbare Leerstände haben, außerdem werden die Mieten aufgrund des Überangebots purzeln.“ Es dürfe nicht immer weiter am Bedarf vorbei gebaut werden, so Maßmann. Denn in der Innenstadt sei die Grenze bereits erreicht.

Sonntagsöffnung für Geschäfte

Der 53-Jährige hat 15 Jahre lang als Direktor Vermietung Nord für den Shoppingcenter-Betreiber ECE gearbeitet und sich vor vier Jahren mit seiner Maßmann & Co. Handelsimmobilien GmbH selbstständig gemacht. „Es gibt schon jetzt in Spitzenlagen wie der Mönckeberg- oder der Spitalerstraße mehrere Großmieter, die ihre Flächen loswerden wollen“, sagt er. Schuld daran sei auch das Internet. Denn viele Kunden kauften gar nicht mehr im stationären Einzelhandel ein, sondern bequem von zu Hause aus per Computer. Große Internetportale würden bis zu 25 Prozent ihrer Umsätze allein am Sonntag tätigen, so Maßmann. Die einzige Lösung dieses Dilemmas aus seiner Sicht: Onlineshops müssten am Sonntag geschlossen werden oder aber die Geschäfte müssten auch jeden Sonntag öffnen dürfen.

Essen können die Kunden im Internet nicht

Maßmann sitzt am Besprechungstisch seines Büro an der Großen Bäckerstraße. Hier skizziert er, wie das Einkaufen in der Zukunft funktionieren wird – denn eins ist für ihn klar: „Es werden auch die klassischen Shoppingcenter nicht mehr in der jetzigen Form funktionieren.“ Deshalb müsse man mehr die Nischen bedienen.

Nischen – darauf hat sich Maßmann spezialisiert. Sein Unternehmen hat die Rindermarkthalle auf St. Pauli entwickelt, vermietet und mit der vor zwei Jahren gegründeten MMC das Centermanagement übernommen. Für das Konzept gab es den Europäischen Innovationspreis in der Kategorie „Stadt“. „Die Rindermarkthalle ist kein herkömmliches Shoppingcenter. Hier werden Lebensmittel in einer tollen Vielfalt angeboten und in einer individuellen Atmosphäre. So etwas gibt es in Deutschland in dieser Form kein zweites Mal“, sagt Maßmann.

Auch für die neue Perle Hamburg an der Spitalerstraße ist Maßmann verantwortlich. Das ist die ehemalige HSH-Nordbankpassage, die für rund 15 Millionen Euro revitalisiert wurde. „Wir setzen hier vor allem auf Gastronomie. Denn essen können die Kunden nicht im Internet. Die Vermietung liegt bei 100 Prozent“, sagt Maßmann lächelnd.

Frischzellenkur für das Nedderfeld Center

Die Selbstständigkeit hat der gelernte Bankkaufmann nicht bereut: „Ich hatte damals eine Midlife-Crisis, wie das eben bei Männern um die 50 so ist. Ich habe für mich entschieden, dass kann nicht alles gewesen sein.“ Nach reiflicher Überlegung folgte die Firmengründung. Auch der erfolgreiche Hamburger Unternehmer Manfred Baumann hat an ihn geglaubt und ist als stiller Teilhaber eingestiegen.

Die Geschäfte von Maßmann laufen gut. Ein Projekt jagt das nächste. Momentan steht die Revitalisierung eines Geschäftshauses in Minden auf dem Programm. Weitere Vorhaben in Berlin und anderen deutschen Großstädten werden geprüft.

Im kommenden Jahr bekommt das nächste in die Jahre gekommene Einkaufszentrum eine Frischzellenkur: Maßmann hat den Auftrag bekommen, das Nedderfeld Center in Eppendorf zu optimieren, und dafür auch das Management übernommen. Um sich gegen die große Konkurrenz in Hamburg durchzusetzen, sind sowohl innen als auch außen Veränderungen geplant: „Die Aufgabe des Architekten ist es, dem Center eine moderne und zeitgemäße Außendarstellung mithilfe eines neuen Farbkonzepts zu verleihen, damit es besser wahrgenommen wird.“ Im Inneren soll es ein neues Lichtkonzept geben. Ein freundlicheres Ambiente werde durch eine neue Möblierung, Grünpflanzen und einen neuen Bodenbelag geschaffen.

Auf den Branchenmix kommt es an

Das Ziel ist klar: „Die Kunden sollen sich wohlfühlen und länger verweilen, das wirkt sich auch positiv auf die Umsätze aus“, so Maßmann. Damit die bestehenden Shoppingcenter auf lange Sicht ihre Flächen vermieten können, müssen laut Maßmann „die Aufteilung der Flächen optimiert und der Branchenmix dem Bedarf der Kunden angepasst werden. Es müssen Konzepte sein, die innovativ sind und die Kunden anziehen.“

Dass Maßmann so offen seine Meinung sagt, wenn es um drohenden Leerstand in der Innenstadt geht, ist in seinem Berufszweig keine Selbstverständlichkeit: „Die Immobilienbranche feiert sich am liebsten selbst“, sagt Maßmann. „Dabei wird die Realität gerne verdrängt.“