Hamburg. Bericht über die Branche für Hamburg vorgelegt. Die Zahl der Arbeitsplätze und der Umsatz sind gestiegen.

Es gab eine Zeit, da sah es nicht besonders gut aus für SinnerSchrader. Als Anfang der 2000er-Jahre die Internet-Blase platzte, und nur noch wenige glaubten, dass der Onlinehandel eine große Zukunft haben werde, stürzte auch die 1996 gegründete Hamburger Agentur, die damals digitale Plattformen für Handelsunternehmen entwickelte, in die Verlustzone und musste sich verkleinern. Letztlich war sie einer der wenigen Überlebenden des Crashs.

Eineinhalb Jahrzehnte später hat SinnerSchrader statt gut 100 mehr als 500 Mitarbeiter, vermeldete für das Geschäftsjahr 2015/16 einen Rekordumsatz (51,1 Millionen Euro) und ein Rekordkonzernergebnis (3,4 Millionen Euro). 2016/17 soll beides deutlich wachsen. Die Digitalagentur hat mit Audi einen weiteren großen Kunden gewonnen, der Aktienkurs legte binnen eines Jahres um 40 Prozent zu. „Wir suchen derzeit Mitarbeiter für etwa 50 offene Stellen, den Großteil davon in Hamburg“, sagt Mitgründer, Miteigentümer und Vorstandschef Matthias Schrader.

Zunehmend wichtige Branche

SinnerSchrader ist einer der Leuchttürme in der Hamburger Kreativwirtschaft. Und die ist eine für die Hansestadt zunehmend wichtige Branche. Das belegt der zweite Bericht über die Kreativwirtschaft, den die Kulturbehörde und die Hamburg Kreativ Gesellschaft am Mittwoch vorgestellt haben.

Der Blick in die Welt der Werber und Computerspielentwickler, der Journalisten, Musiker, Schauspieler, Designer, Architekten, der Filmer und Produzenten, Schriftsteller und Verleger, Künstler und Galeristen zeigt: Die Zahl der Erwerbstätigen in der Kreativwirtschaft steigt stärker als in der gesamten Hamburger Wirtschaft. 87.500 Angestellte und Unternehmer – etwa jeder 14. Erwerbstätige in der Stadt – ist ein Kreativer. Innerhalb von vier Jahren ist die Zahl um gut zehn Prozent gewachsen, in der Gesamtwirtschaft dagegen um knapp acht Prozent.

Umsätze wachsen

Die Umsätze der Branche wachsen jährlich um durchschnittlich 4,1 Prozent. Mit einem Gesamtumsatz in Höhe von elf Milliarden Euro erbringt die Branche etwa 2,6 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung in der Stadt. „Die Kreativwirtschaft ist ein sehr gefestigtes Segment und von erheblicher Bedeutung für die Stadt“, sagte Kulturstaatsrat Carsten Brosda bei der Vorstellung des Berichts, dessen jüngste Daten allerdings aus dem Jahr 2013 stammen.

Damals gehörte bereits etwa jedes fünfte Unternehmen in der Hansestadt zur Kreativwirtschaft. Der Anteil der Selbstständigen in der Branche ist traditionell hoch, der Verdienst dagegen – auch das zeigt der Bericht – oft spärlich. Etwa die Hälfte der gut 30.000 selbstständigen Kreativen in Hamburg erzielt weniger als 17.500 Euro Umsatz im Jahr.

Kleinunternehmer und Gründer fördern

Solche Kleinunternehmer und Gründer in der Branche zu fördern ist eine der Aufgaben der Gesellschaft Hamburg Kreativ. Sie bemüht sich unter anderem, Kreativunternehmen preisgünstige Büros und Arbeitsräume bereitzustellen. So wurde im Sommer der für 650.000 Euro aus dem Etat der Kulturbehörde sanierte ehemalige Betriebshof der Wasserwerke in Hammerbrook übergeben. Dort entstehen Tonstudios, Ateliers, Werkstätten und ein Schallplattenpresswerk.

Unterstützung kann die Branche gebrauchen, denn der Bericht zeigt auch: Hamburg ist nach Berlin zwar Deutschlands zweitwichtigste Kreativstadt, doch München oder Köln holen auf und sind in einigen Teilmärkten an der Hansestadt vorbeigezogen.

Für Digitalagentur-Chef Schrader, dessen Unternehmen Filialen unter anderem in Berlin und München hat und Kunden wie Allianz Telefonica und TUI betreut, ist Hamburg dagegen der Standort mit dem höchsten Umsatz­zuwachs – und guten Aussichten, kreative Mitarbeiter zu rekrutieren. „Hamburg hat eine hohe Attraktivität und Magnetkraft für Talente“, sagt Schrader. Einen von ihm ins Leben gerufenen Branchenkongress hat er 2015 von Berlin wieder nach Hamburg verlegt.